Wer die letzten Wochen viel in der Stadt und in den Öffis unterwegs ist, bemerkt: Es wird wieder mehr gehustet und geschnupft. Viele Menschen gehen krank arbeiten oder schicken ihre Kinder mangels unbegrenzter Pflegefreistellungstage und aufgrund des hohen Leistungsdrucks krank in die Schule. Damit werden auch Indoor-Freizeitaktivitäten wieder zum Russisch-Roulette, nachdem sich ja keinerlei Einsicht eingestellt hat, andere nicht krank anzusandeln durch die angeblich massiven Freiheitsbeschränkungen, andere nicht krank anzusandeln,
Bei SARS-CoV2 ist die Trendumkehr geschafft, XEC hat rund 40% und mehr, weitere Varianten sind im Abwasser nachgewiesen worden, doch keine macht XEC (und KP.3*) die Pole Position streitig. Bei LP.8.1 kommt Q493E und R190S hinzu, in Brasilien ist sie nach kurzer Zeit schon dominant geworden. XEC.4 hat die T572l-Mutation und könnte ebenfalls ab Jänner übernehmen.
So oder so geht die Entwicklung natürlich weiter zu neuen Varianten, ein Ende ist nicht Sicht. Nur eine vergleichbar abhebende Variante wie JN.1 ist bei weitem nicht in Sicht derzeit. Ich sträube mich aber ein wenig dagegen, XEC einen Rohrkreprierer zu nennen. Auch an XEC werden Menschen sterben und Überlebende Spätfolgen entwickeln.
Um ehrlich zu sein: Ich weiß es nicht, und ich maße mir nicht an, es zu wissen. Die längste Zeit habe ich es vermieden, mich über das umstrittene Thema Covid und Immunschwäche zu äußern. Viel Wissen rund um die Pandemie konnte ich mir die letzten Jahre anlesen, vieles erschien schlüssig und wurde mehrfach repliziert. Beim Thema Immunologie muss ich ebenso wie bei der Genetik der Virusvarianten aussteigen. Zwar übersetze oder zusammenfasse gelegentlich Aussagen von ExpertInnen, aber damit kratze ich höchstens an der Oberfläche. Das Immunsystem ist wahnsinnig kompliziert, es sind mehrere Prozesse und Barrieren beteiligt, um Infektionen zu verhindern, zu erschweren oder chronifizieren zu lassen. Zum Einfluss von SARS-CoV2 auf das Immunsystem gibt es verschiedene Ansichten von Wissenschaftlern und das ist im Gegensatz zu allgemein gültigen Fakten, wie, dass die Impfung schützt, dass das Virus über die Luft übertragen wird, und dass etwa bei Long Covid mit PEM aktivierende Bewegungstherapie (GET) kontraproduktiv ist, auch legitim, dass man hier verschiedene wissenschaftliche Betrachtungsweisen vorfindet. Es macht Wissenschaftler nicht zu Covidleugnern, wenn sie keinen anhaltenden, bevölkerungsweiten Immunschwäche-Effekt nach Covid finden. Covid verursacht schließlich mannigfaltige Schäden und Veränderungen im Körper, die Immunabwehr ist nur ein Aspekt davon.
Ich fühle mich da oft zwischen den Stühlen, denn mir bekannte Ärzte berichten vermehrt von Patienten mit gehäuften Infekten, während ich im Bekanntenkreis- und Arbeitsumfeld nichts dergleichen beobachten kann – bzw. sich die Einflussfaktoren nicht geradlinig auf eine neu auftretende Immunschwäche herunterbrechen lassen. Denn wer jetzt oft krank ist, war es meist vor der Pandemie schon. Manche hatten nur eine Infektion und dann nicht mehr. Andere hatten mehrere Infektionen, aber waren immer nur kurz krank und kraxelten danach wieder auf Berge. Andere haben kleine Kinder und sind dadurch ständig krank. Andere stürzen sich jede Woche auf Festln und Feiern und holen sich so die nächste Infektion, wieder andere machen das Gleiche und bleiben gesund. Es sind sicher auch welche darunter, die eine sekundäre Immunschwäche erworben haben und häufiger krank sind. Aber wie viele sind das? Wenn es einen bevölkerungsweiten Effekt geben würe, müsste nicht die Zahl derer, die immer schwerere und längere Verläufe hätte, zunehmen? Wie aussagekräftig sind Krankenstandstage überhaupt, wenn sich krank zur Arbeit geschleppt wird? Zählt man eine in welcher Form auch immer definierte Immunschwäche zu Long Covid? Oder betrifft diese Immunschwäche vor allem Long Covid-Patienten, deren Leitsymptomatik eine andere ist? Es gibt zu viele Aspekte, die hier eine Rolle spielen. Auf mich selbst heruntergebrochen: Ich hatte meines Wissens nach noch nie eine CoV2-Infektion. Trotzdem hatte ich im Dezember 2022, im April und Oktober 2024 jeweils eine (nicht Covid) Virusinfektion mit rund 10 Tagen Krankenstand und rund 21 Tagen Rekonvaleszenzzeit. Die ersten Atemwegsinfekte seit März 2016. Zwischen 2016 und Pandemiebeginn hatte ich keine respiratorischen Infekte – ohne Lockdown oder Maske tragen, ohne sich einzuschränken. Egal, in welche Richtung man es dreht – es gibt nicht eruierbare Einflussfaktoren, die bestimmen, wie oft und schwer man krank wird, darunter die spezifische Immunität gegenüber bestimmte Erreger. Diese lässt mit der Zeit nach und die Suszeptibilität steigt wieder. Das heißt nicht, dass man diese Infekte dann mitnehmen muss („Immunsystem trainieren“ ist Bullshit), aber wenn man sie bekommt, ist man wieder eine kurze oder längere Zeit lang gegen den spezfischen Typ immun, oder kreuzimmun.
UN: Denke nach, bevor Du etwas teilst: Wer hat es gemacht? Was ist die Quelle? Wo kommt es her? Warum teilst Du das? Wann wurde es veröffentlicht?
Desinformation ist im Jahr 2024 eine Hydra geworden, bei der man sich entscheiden kann, entweder kontinuierlich zu widerlegen, was die wenigsten lesen („the first frame wins“), oder drauf zu scheißen und selbst gut zu informieren. In der öffentlichen Wahrnehmung geschieht Desinformation nur von den Rändern der politischen Landschaft, aber tatsächlich ist sie schon lange gesellschaftsfähig. Im deutschsprachigen Raum spielen Esoterik und nutzlose Medizin seit Jahrzehnten eine gewichtige Rolle. Homöopathie wurde nie hinterfragt, ebenso Osteopathie, orthomolekulare Medizin, Bioresonanz, Eigenblut- oder Stoßwellentherapie und diverse andere pseudomedizinische Therapien mit fragwürdigem Nutzen. Durch den Umgang mit der Pandemie wurden tragischerweise auch viele evidenzbasierte Werkzeuge und Therapien infragegestellt, etwa Impfungen bei Kindern, der Mythos Immunsystem trainieren mit der umstrittenen Hygiene-Hypothese, die Wirksamkeit von Masken gegen luftübertragene Infektionskrankheiten, aber auch die Notwendigkeit von Schutz der Patienten in Spitälern.
Virologe Steininger: „Ein Leben wie vor der Pandemie wird es nicht mehr geben. Wir werden nicht mehr akzeptieren, dass jemand das Grippevirus in ein Krankenhaus trägt.“ (DiePRESSE, 31.05.21)
Schlimmer, jetzt kümmert es niemanden mehr, wenn sich PatientInnen im Krankenhaus mit jedweder Infektionskrankheit anstecken. Die regelmäßigen Personalengpässe durch viele Krankenstände werden als naturgegebenes Schicksal hingenommen. Die Coronacluster auf Krebsstationen gehören jetzt dazu, aber Hauptsache, man darf seinen eigenen Luftreiniger nicht mitnehmen, weil es eine Keimschleuder sein würde (Verwechslung mit Umluft-Klimaanlagen).
ist eine düstere Schlussfolgerung, dass die aktuelle Welle der Desinformation und anti-wissenschaftlichen Parteienzuwächse und Regierungswechsel nicht mehr durch Faktenchecks und seriöse Berichterstattung alleine zu stoppen ist.
„Der ideale Untertan der totalitären Herrschaft ist nicht der überzeugte Nazi oder der engagierte Kommunist, sondern Menschen, für die die Unterscheidung zwischen Fakt und Fiktion, wahr und falsch, nicht mehr existiert.“ (Hanna Arendt)
Ich weiß auch kein Mittel dagegen, außer die Menschen dazu anzuregen, zu hinterfragen, woher ihre Informationen stammen. Es ist aber ein Wettlauf mit der Zeit, denn mit rechten Regierungen und Mediengleichschaltung wird es immer schwieriger, unabhängige Informationen anzubieten.
Aktuelle Sentineldaten aus Österreich von Virologin Judith Aberle: SARS-CoV2 geht deutlich zurück, Rhinoviren dominieren. Weiterhin kaum Influenza.
Nach dem Trump-Schock und dem Massenexodus von Twitter hab ich eine Pause gebraucht. Es hat sich ohnehin wenig getan bei der Virusentwicklung in den letzten Wochen und das ist zweifellos erfreulich:
Aktuelle Abwasserdaten aus Österreich (Stand: 12. November 2024)
Entgegen der Annahme/Behauptung vieler sogenannter Experten, dass die kalte Witterung die Infektionswelle antreiben würde, sinken die Infektionszahlen derzeit deutlich.
Mein Bauchgefühl vom 6. September hat mich also nicht getrogen, damals äußerte ich auf X:
Das ist genau so eingetroffen: Nach XEC kommt vorerst keine neue Variante nach, die sich signifikant von den Vorgängervarianten unterscheidet. XEX wiederum unterschied sich nur durch die Spike-Mutationen F59S und T22N von KP.3.1.1. und anderen S31del-Varianten. Zwar ist mit XEC signifikante Immunflucht und erhöhte Infektiösität verbunden (Liu et al. 2024 preprint, Kaku et al. 2024), aber das sind erstens Pseudovirusdaten, zweitens ist da die Bevölkerungsimmunität nicht berücksichtigt, die sich durch Impfung und Infektion gegen neue Varianten aufgebaut hat. Deswegen hebt XEC nicht wie JN.1 ab, sondern hat die aktuelle Welle allenfalls etwas gestreckt oder verstärkt. Es gibt zwar ein paar Abkömmlinge von XEC oder KP.3.1.1, aber keiner davon schaut derzeit nach einem deutlichen Gewinner aus.
Spekulativ wird sich der Abwärtstrend also fortsetzen und die Influenzaviren, RS-Viren und saisonale Coronaviren das Ruder übernehmen. Rhinoviren sind unverändert zahlreich unterwegs, aber davon gibt es auch über 100 Subtypen und keine Kreuzimmunität. Eine wichtige Einschränkung bleibt aber: SARS-CoV2 ist nicht weg, selbst wenn die Zirkulation gerade deutlich abnimmt. Es stecken sich immer noch viele an, insbesondere wenn die letzte Auffrischimpfung oder die letzte Infektion eine Weile her ist.
Ja keine Ahnung. Ich wollte an dem Tag wandern gehen, wie immer an Tagen, wo große Entscheidungen anstehen, die das Leben oder die Welt verändern können. Wie es jetzt weitergeht? Keine Ahnung. Der renommierte US-Historiker Timothy Snyder hat in seinem Buch von 2018 (!) – Road to Unfreedom, den erfolgreichen Pfad von Putin’s Russland minutiös geschildert. Putin hat gewonnen. Ungarn, Slowakei fielen als erstes an Russland. Die FPÖ wurde in Österreich stärkste Kraft. Die AfD wurde stärkste Kraft in Ostdeutschland und wahrscheinlich zweitstärkste Kraft bei den Neuwahlen in Deutschland im März 2025. LePen wird wahrscheinlich die nächsten Wahlen in Frankreich gewinnen. Bei den Regionalwahlen in Tschechien/Polen sind Rechtsextreme auch schon wieder vorne. Die Haut der Zivilisation ist sehr sehr dünn. Nun also USA an Russland gefallen. Das ist eine Zäsur im Leben. Die Nachkriegsordnung ab 1949 ist wortwörtlich Geschichte. Dieses Mal retten uns die „westlichen Allierten“ nicht vor dem Faschismus. Dieses Mal sind sie der Faschismus. Die Welt wird zwischen den Bösen aufgeteilt und Europa darin zerrieben. Man könnte nun die Schuld alleine der Kandidatin der Demokraten in die Schuhe schieben. Vielleicht hatte eine schwarze Frau keine Chance gegen einen bösen weißen Mann, vielleicht hätte man einen weißen Mann aufstellen sollen, aber vielleicht wurden die Fehler schon Jahre vorher gemacht, vielleicht hat sich Biden zu spät zurückgezogen. Vielleicht hätte man eine viel konsequentere Linie fahren müssen. Nur 10% der versprochenen Waffenlieferungen kamen in der Ukraine an. Damit lässt sich kein Krieg gewinnen, geschweige erfolgreiche Selbstverteidigung. Wenn die Ukraine Russland erfolgreich zurückgedrängt hätte, und dafür waren über zwei Jahre Zeit, hätte das auch Europa gestärkt und letztendlich die Demokraten. So bleibt als Fazit, dass Bösartigkeit durchsetzungsfähig ist. Was bedeutet das für Taiwan? Was für Moldawien? Was für die Ukraine? Europa wird weder von der Menge noch von der Modernität her in der Lage sein, den Ausfall der USA zu kompensieren. Man hat damit das Todesurteil der Ukraine unterschrieben. Das heißt langfristig, Millionen weitere Flüchtlinge, weitere Versuche, rote Linien auszureizen seitens Russland, mit Sabotage und Anschlägen. Man muss sich klar sein – wenn die Ukraine fällt, kann er durch Ungarn (und Slowakei) durchmarschieren. Wer soll ihn aufhalten? Bereits jetzt können Russen ohne Kontrolle nach Ungarn einreisen. Ungarn wird den Bündnisfall nicht ausrufen, wenn Putin mit seinem Militär einmarschiert.
Diese Kritik richtet sich jetzt ausdrücklich (auch) an „Team Vorsicht“, das keine homogene Gruppe ist, sondern aus Menschen besteht, die aus den unterschiedlichsten Gründen eine (weitere) Infektion vermeiden wollen. Sie haben einen sehr heterogenen Wissensstand, vom Laien bis zur praktizierenden Ärztin oder Forscher. Ich zähle mich da selbst hinzu. Mein Anspruch ist bis heute, wissenschaftlich korrekt zu argumentieren und sich so von „Team Wissenschaftsleugnung“ abzugrenzen, die von wissenschaftlichen Methoden keine Ahnung haben und vor allem nachplappern, was in ihrer Blase gerade en vogue ist. Das kann und sollte auch dazu führen, nicht nur die Überschrift eines Artikels zu lesen, der einem in die eigene Agenda passt, sondern bis zum Schluss zu lesen und sich zu überlegen, ob ein uninformierter Laie den Text so interpretieren wird wie man selbst – oder verwirrt bis desinformiert zurückgelassen wird.
Wir warnen vor Reinfektionen mit SARS-CoV2, aber auch vor Erstinfektionen bei Säuglingen und Kleinkindern, weil das Virus weiterhin gefährlicher als eine Influenzagrippe ist und die Langzeitfolgen vielschichtig und leider vielfach noch unheilbar sind. Der genaue Prozentsatz der Langzeitfolgen-Betroffenen ist Gegenstand intensiver Forschung und hängt von der Definition von LongCovid, aber auch Studienmethodik, Confoundern, etc ab, ist jedenfalls nicht trivial zu bestimmen. Ebenso gibt es längst Konsens, dass SARS-CoV2 das Immunsystem schwächt – unklar ist aber die Dauer und allgemeine Häufigkeit. Ich maße mir als Nichtimmunologe nicht an, die Methodik der Studien und ihre Interpretation zu bewerten – das ist hochkomplex.
„ME/CFS und Long-COVID haben sich als ernstzunehmendes gesundheitliches Problem erwiesen, das nicht nur das Leben der Betroffenen massiv beeinträchtigt, sondern auch das Gesundheitssystem vor neue Herausforderungen stellt.“
Wie bewältige ich nun den Spagat, gleichzeitig meine Wertschätzung über die Unterstützung bei der Erforschung von postakuten Infektionskrankheiten und meine Verachtung für diese späte Erkennntnis auszudrücken? Vielleicht mit einem kurzen Rückblick:
Stand 19. Oktober 24: 20% Positivrate SARS-CoV2, 20% Rhinoviren, 6% Parainfluenza, 0% Influenza/RSV Quelle: Aberle/Redlberger Fritz, Virologie MedUni Wien
Derzeit kursiert so viel Unsinn zu den vielen Infektionen und Krankenständen, dass es wehtut. Was hat das noch mit dem Anspruch eines faktenbasierenden Journalismus zu tun? Gibt es diesen Anspruch überhaupt noch? Zu den Gründen für die wirklich schlechte Berichterstattung gibt es mehrere Erklärungsansätze.
In meinen Augen gibt es vor allem im deutschsprachigen Raum keine Kultur für ausreichend finanzierte Wissenschaftsredaktionen, die sich studierte Wissenschaftsjournalisten anzüchten. Die Science und Health Literacy, also die Fähigkeit, wissenschaftliche Prozesse zu verstehen und Gesundheitsinformationen zu finden und umzusetzen, ist hierzulande sehr schlecht ausgeprägt, was unter anderem auf die mangelnde Aufarbeitung des Nationalsozialismus zurückzuführen ist (Akademikerfeindlichkeit, Judenfeindlichkeit, Rechtsesoterik, „Schulmedizin“). Journalisten aus der Wirtschaft bis Lifestyle glauben, es sei ausreichend ohne besondere Recherche einen „Expert*In“ zu interviewen und 1:1 unhinterfragt abzudrucken. Eminenz vor Evidenz. Die Auswahl erfolgt häufig nach Sympathiewerten (kann er sich kurz und prägnant ausdrücken? Egal ob es stimmt oder nicht.) oder Verfügbarkeit. Journalisten leiden heutzutage unter einem immensen Zeitdruck und reich wird man vom Schreiben nicht mehr. Alles muss schnell gehen. Die Mehrheit der jetzt noch seriös und fundiert über Corona berichtenden JournalistInnen ist selbst betroffen, als Teil der Risikogruppe, als LongCovid-Betroffene oder durch Angehörige. Wissenschaftsjournalisten wie Lars Fischer oder Kai Kupferschmidt sind die Ausnahme. Hinzu kam im Verlauf der Pandemie, dass sich „die Medien“ mit der Corona-Berichterstattung beim Leser unbeliebt gemacht haben und das Thema nun meiden. Das ist übrigens ein Teufelskreislauf, weil die Politik nicht mehr bereit ist, Maßnahmen zu fordern, die die Infektionswellen wirksam eindämmen könnten. Würde nun verstärkt berichtet, verstärkt das lediglich Ohnmachtsgefühle und in der Regel herrscht das Motto „Blame the messenger!“
Nun ja, mein Blog hat den Anspruch, das anzusprechen, was weh tut, aber nicht zu leugnen ist – daher kommen nachfolgend einige Klarstellungen zur derzeitigen Infektionslage.
Derzeit kursieren in den Medien Berichte über angeblich neue Symptome durch die Virusvariante XEC. Dieses Phänomen gibt es von Beginn an mit jeder neuen Variante. Anfangs waren die Vermutungen teilweise noch begründet, weil vor allem hospitalisierte Patienten auf die Variante untersucht wurden. Die meisten Länder haben dieses Service aber eingestellt und daher sind Mutmaßungen über neue Symptome schlichtweg Spekulation.
So behauptet „Bestlifeonline„, XEC würde „umhauen“ und die Symptome würden der Grippe stärker ähneln als vorher, mit Fieber, Husten, Glieder- und Kopfschmerzen. In der Vergangenheit seien es eher Husten und Erkältungssymptome gewesen. Die Berliner Morgenpost schrieb von dem Onlinemedium ab, ohne die Vertrauenswürdigkeit dieser Angaben zu hinterfragen.
Die Ursache, weswegen XEC weltweit dominant werden wird, ist nicht restlos geklärt, aber ich versuche einen kleinen Überblick zu geben, was es mit der neuen Variante auf sich hat.
Varianten-Entwicklung in Österreich seit Herbst 2021, Stand: 24. September 2024
Das Abwassermonitoring heißt nicht umsonst so – wir dokumentieren für die Nachwelt das Virus schön anonym im Abwasser, ohne es auf einzelne Bezirke oder gar Gemeinden zurückführen zu können. Für regionale Prävention taugt außerdem die mangelhafte Abdeckung wenig. Zumindest wissen wir jetzt, dass die Infektionszahlen seit Mitte September explodieren. Die Steilheit ist vergleichbar mit dem von JN.1 im Vorjahr oder von BA.5 im Sommer 2022. Die Absolutzahlen lassen sich wegen geänderter Methoden nicht wirklich vergleichen, aber der sprunghafte Anstieg von Krankenständen spricht ohnehin Bände. Schlichte Geister werden das exponentielle Wachstum auf das nasskalte Wetter schieben, auf die fünf Regentage im Großteil von Österreich Mitte September. Doch es war auch die zweite Schulwoche und der Großteil der Reiserückkehrer wieder anwesend.
Über 60% des aktuellen Abwassersignals stammt von der Untervariante KP.3 (Stand 24.09.24), der Anteil der Rekombinante XEC (KS.1.1 + KP.3.3) liegt bei 14% und zeigt ein relatives Wachstum (Quelle: Andreas Bergthaler, X).