Fakten zu Corona

Daten, Fakten, Aufklärung

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Österreich: Frühsommerwelle ist angekommen

SARS-CoV2-Positivrate 10%, Rhinoviren weiterhin 16%, n = 93, Quelle: Zentrum der Virologie/ Aberle und Redlberger-Fritz, Stand: 22.06.2024

Die Infektionszahlen steigen weltweit und auch die Anzahl der Krankenhauseinweisungen steigt gleichzeitig in vielen Ländern, was zumindest eines bedeutet: Die neuen Varianten sind nicht harmloser geworden! Gleichzeitig bleibt die hohe Zahl an bereits betroffenen LongCOVID/MECFS-Patienten und die Gefahr von Verschlechterungen durch Reinfektionen weiterhin ein Thema. In Österreich geht bezüglich MECFS-Awareness immerhin etwas weiter. Nach dem Konsensus-Statement im DACH-Raum (Hoffmann et al. 05/2024) gibt es nun auch einen neuen Praxisleitfaden für Betroffene (Hainzl et al. 06/2024). Für die Psychosomatikfetischisten sei zudem nochmal auf die klaren, anerkannten Diagnosekriterien für MECFS nach IOM und Kanada verwiesen. LongCOVID und MECFS sind KEINE Einbildung – siehe dazu die kürzlich erschienene Veröffentlichung zu LongCOVID-Definitionen.

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Die WHO und die Pandemie

In den Niederlanden wird seit Ende März 2020 die Konzentration von SARS-CoV2 im Abwasser gemessen. Damit handelt es sich um eine der längsten, durchgehendenden Zeitreihen der Pandemie, Stand KW 22 (27-31.05.2024)

Weltweit steigen seit Mai und Juni die Abwasserkonzentrationen und – falls verfügbar – auch die Zahl der positiven Tests wieder an. Hawai und San Francisco meldeten sogar Rekordwerte seit Pandemiebeginn. In vielen europäischen Ländern werden zugleich auch Anstiege bei Spitalsaufnahmen verzeichnet. In allen Fällen finden die Wiederanstiege gleichzeitig mit der Dominanz gewinnenden KP.3-Variante statt, welche die Fluchtmutation F456L und die auf Basis von F456L und L455S ACE2-Binding erhöhende Mutation Q493E enthält. F456L war bereits bei EG.5 (XBB.+F456L) enthalten, dann kam BA.2.86 und JN.1 (+L455S) und jetzt ist F456L erneut mit von der Partie.

Für Politik und Gesundheitsbehörden ebenso wie für die Gesellschaft ist die Pandemie dennoch vorbei, obwohl die WHO die Pandemie nie für beendet erklärt hat. Wie passt das zusammen? Läuft die Pandemie noch? Wann wird die WHO das Ende erklären? Kann sie das überhaupt? Selbst wenn wir auf Social Media oder hier auf meinem Blog zum Schluss kommen, dass die Pandemie weiterhin andauert, ändert das leider nichts an der öffentlichen Wahrnehmung und dem Umgang der Staaten mit wiederkehrenden Infektionswellen. Die Frage, ob wir uns weiterhin in einer Pandemie befinden, ist weitaus differenzierter zu eruieren als es mit dem Blick auf das weltweite Infektionsgeschehen beantwortet werden dürfte.

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Die Sinn-Frage

Dunkle Wolken ziehen im Hinblick auf die Nationalratswahlen im Herbst 2024 auf

Nach dem massiven Rechtsruck bei der EU-Wahl in Deutschland und Österreich stellt sich für mich die Frage, wie intensiv ich noch dranbleiben kann an der Aufklärung, an ehrenamtlichen Engagement, an der minimalen Hoffnung auf Besserung in naher und ferner Zukunft. Die beiden Presseaussendungen der Bundes-SPÖ zu Luftreinigern in Schulen wuchsen jeweils auf den Mist von Babler, der aber von der Wien-SPÖ dafür keinen Rückhalt hat und vom rechten Flügel um Doskozil erst recht nicht. Sobald Babler im Herbst nicht Platz 1 mit der SPÖ erreicht oder sogar das Hindernis für eine Große Koalition ist, wird Doskozil seinen Platz einnehmen. Zu den anderen Parteien muss man sowieso kein Wort verlieren.

Die Pandemie wurde gesellschaftlich und politisch Anfang 2023 beendet, mit dem Ende des Internationalen Gesundheitsnotstands durch die WHO Mitte Mai 2023 wurde sie auch medizinisch offiziell beendet. Ob die Pandemie epidemiologisch noch existiert, als endemischer Zustand mit zwei bis drei großen Wellen im Jahr dauerhaft sein Unwesen treiben wird, oder ob wir im fünften Pandemiejahr sind, ist eine akademische Diskussion, die in der Öffentlichkeit nicht geführt wird. Mit Juli 2023 wurden alle COVID-Regeln einschließlich Meldepflicht aufgehoben. Im Dezember 2023 folgte eine „Aufarbeitung“ inmitten der hohen JN.1-Welle mit dem Titel „Nach Corona.“ Der Titel sorgte allenfalls für Belustigung unter den Kommentatoren, aber es war natürlich kein Skandal und hatte auch keine weitreichenden Konsequenzen. Der Alltag, Berufs- und Freizeitleben, Massentourismus und Großveranstaltungen – all das hat sich normalisiert. Im Gesundheitswesen wird Infektionsschutz generell ignoriert und die Situation ist schlechter als vor der Pandemie. Corona spielte als Denkzettelmotiv im EU-Wahlkampf eine Rolle, davon profitierte vor allem die FPÖ und die rechtsextreme Liste DNA, im Herbst wird auch die Liste Petrovic profitieren und den Grünen Stimmen kosten. Die Wienerlinien solidarisieren sich zwar mit der Regenbogenparade und zeigten „Ride with pride“ auf ihren Anzeigetafeln am Bahnsteig an, aber Solidarität mit vulnerablen Fahrgästen ist seit der Aufhebung der Maskenpflicht im März 2023 Fehlanzeige – auf Empfehlungen kann man lange Warten. Subjektiv ist es mindestens so schlimm wie vor der Pandemie, eher schlimmer, bezüglich arbeitende Bevölkerung, die trotz Symptomen in in die Arbeit fährt. Die wiederkehrenden Krankheitswellen, die mit Covid, Influenza und RSV nun von Herbst bis Frühling Probleme machen und im Sommer alleine durch Covid, erzeugen keinerlei Bewusstsein für ein Umdenken. Schulungen finden wie selbstverständlich in fensterlosen Räumen statt oder werden in den November geplant, wenn mehrere Infektionserreger zusammenkommen. Luftreiniger stören oder werden gar als Ursache für Erkältungen ausgemacht. Überhaupt völlig weg von der Bildoberfläche sind die Kinder, mittlerweile zigfach infiziert und dauerhustend. Das gehört zur Entwicklung eben dazu, sagt man. Deswegen bleiben Kinder noch lange nicht zuhause, nur weil sie krank sind. Sie könnten ja wichtigen Unterricht oder Schularbeiten verpassen.

Die Bevölkerung hat mittlerweile weder das Interesse noch den Zugang zu öffentlichen Informationen, die sie über die aktuelle Gefahrenlage aufklären. Derzeitige Abwasserwerte sind so niedrig im Verhältnis zu den letzten Peaks, dass man glauben könnte, dass kaum noch Virus zirkuliert, aber es sind immer mehrere tausend Infektionen pro Tag. Was weltweit passiert und dass es immer wieder zu hohen Wellen kommt, kriegt niemand mit, der nicht auf Twitter oder Bluesky mitliest. Ebenso wenig wird die Bevölkerung über die weitreichenden Auswirkungen von LongCOVID informiert, sowohl volkswirtschaftlich, fürs Gesundheitswesen als auch die Lebensqualität der Betroffenen selbst. Und dass man mit regelmäßigen Auffrischimpfungen dieses Risiko deutlich minimieren könnte, wenn man schon keinen Wert auf Maske oder Lufthygiene legt.

Quo vadis? Ich weiß es nicht. Ohne jeglichen Rückhalt ist es als Einzelkämpfer schwer, für Verbesserungen zu werben.

In eigener Sache:

Ich bin nach wie vor auf Ex-Twitter aktiv, auch wenn der Gegenwind von ehemaligen Twitterusern, die jetzt nurmehr auf Bluesky oder Mastodon tätig sind, immer schärfer wird. Man würde den Faschisten Musk damit unterstützen, warum man nicht endlich wechselt. Ich habe dieses Dilemma von Beginn an, als Musk übernommen hat, befürchtet – nämlich, dass die breit auf Twitter vertretene Covid-Community auf verschiedene Plattformen zerstreut wird. Wer seine Stammfollower und Stammfollowende behalten will, muss mehrere Plattformen gleichzeitig bespielen. Nach wie vor ist es so, dass rund 80% der internationalen Wissenschaftler-Community auf Twitter aktiv ist. Über einen Zeitraum von 11 Jahren habe ich mir so Freundschaften und Bekanntschaften aufgebaut, seit Pandemiebeginn zahlreiche wertvolle Inputs von Expertinnen und Experten erarbeitet, auf die ich angewiesen bin, wenn ich weiter seriöse Blogtexte schreiben will. in den ersten drei Pandemiejahren hatte ich aber wesentlich mehr Zeit für Recherchen und Beiträge, weil der Alltag deutlich eingebremst wurde. Jetzt hat sich das Leben wieder normalisiert und damit sind die freien Tage, an denen ich die Muße habe, stundenlang zu recherchieren und Texte zu schreiben, deutlich seltener geworden. Müsste ich meine Recherche jetzt noch von verschiedenen Plattformen holen, würde ich gar nicht mehr dazu kommen, Texte zu verfassen. Ich bleibe daher auf Twitter und unterstütze Musk NICHT durch ein Bezahlabo! Nach wie vor erreichen meine Beiträge eine gewisse Reichweite, die ich mir auf Bluesky erst über Jahre hinweg wieder erarbeiten müsste. Im Gegensatz zu vielen Usern, die es auf Twitter nicht mehr ausgehalten habe, blocke ich offenbar konsequenter Trolle und demokratiefeindliche Antworten weg, und verwende dafür verstärkt Listen, um auch nur das zu lesen, wofür ich mich interessiere.

Frühsommerwelle denkbar, Höhe unklar

Ein leichter Aufwärtstrend ist erkennbar, aber noch weit unter den vergangenen Wellen, Stand 01. Juni 2024

Derzeit bewegt sich die Anzahl der Neuinfektionen pro Tag geschätzt bei rund 8000. Hoppala, das klingt viel. Im April waren es rund 4000. Wie kommen diese Inzidenzen zustande, wo es schon seit letztem Jahr keine repräsentativen PCR-Tests mehr gibt? Sie basieren auf den repräsentativen Kohorten der ONS/UKHSA (Winter CIS) und der Uni Mainz (SentiSurv RLP), die auch für die Schweiz herangezogen werden. Die Abwasserwerte könnten die realen Inzidenzen ein wenig unterschätzen, was an bestimmten Mutationen seit der BA.5-Welle liegen könnte (Endo et al. 2024). Da SARS-CoV2 in Österreich nicht mehr meldepflichtig ist und Krankenhausdaten stark zeitverzögert aufschlagen, fällt der Wiederanstieg womöglich erst nicht auf – außer, dass die Krankheitswellen wieder zunehmen und Genesungsphasen länger dauern als bei anderen zirkulierenden Viren.

Verantwortlich für die möglicherweise beginnende Sommerwelle sind nicht mehr die bis dato gewachsenen JN.1+FLiRT-Varianten mit den beiden kennzeichnenden Spike-Mutationen F456L und R346T, sondern KP.2 (zusätzlich V1104L) und KP.3 (ohne R346T, mit Q493, deutlich erhöhte ACE2-Bindung). Damit ist aber noch das Ende der Mutationsfahnenstange für dieses Jahr erreicht. Einen Wachstumsvorteil gegenüber KP.3/KP.2 weisen nun Varianten wie LB.1 auf, die neben FLiRT durch eine Deletion gekennzeichnet sind (hier: S:∆S31). LB.1 dürfte ab Mitte Juni in den USA dominant werden. Ihr Anteil steigt weltweit sehr schnell. Auch Rekombinanten von LB.1 mit KP.3/KP.2 wurden schon beobachtet.

Mein uneducated guess ist mit dem jetzigen Stand, dass die Infektionszahlen weiterhin langsam steigen werden, wobei unklar bleibt, wie groß der Einfluss der vermehrten Reisetätigkeit durch die Fußball-EM Mitte Juni bis Mitte Juli sein wird. Richtung August dürfte sich dann wieder die Reiserückkehrer-Aktivität bemerkbar machen. Wie hoch die Sommerwelle ausfällt, traue ich mir aber nicht zu sagen. Molekularmediziner Emanuel Wyler ist sich da auch nicht sicher.

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Internationaler MECFS-Tag: Hoffnung, aber auch heiße Luft

In so einer lebensbedrohlichen Situation, wo sich alles auf das eigene Überleben verengt, hast du null Verständnis für alles, was außerhalb stattfindet. Trotzdem kann ich die Maßnahmenplanung nicht ausschließlich daran ausrichten, was für die am meisten gefährdete Gruppe gerade notwendig ist. Ich bin schon jemand, der darauf schaut, auch Vorsicht walten zu lassen. Aber Gesundheit in meiner Welt ist nicht nur die Abwesenheit von Covid.”

Gesundheitsminister Rauch im standard, 10. märz 2022

Im Gegensatz zu den letzten Jahren findet nun auch über die österreichische Presseagentur (APA), in den ORF-Journalen, in den ORF-Nachrichten sowie auch in den Regionalzeitungen Berichterstattung zu MECFS und Long COVID in umfangreichen Ausmaß und vor allem regelmäßig statt. Das lässt gewisse Hoffnungsschimmer erkennen, dass es vielleicht in näherer Zukunft einmal zu einem Umdenken kommt. Heute am Internationalen MECFS-Tag gab es eine große Demonstration am Heldenplatz in Wien. Betroffene, Patientenvereine und Spezialisten für diese schwere neuroimmunologische Erkrankung fordern Taten statt nur Gerede.

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FLiRT-Varianten können eine (kleinere) Frühlingswelle verursachen

Wachstumsvorteile der FLiRT-Varianten relativ zu JN.1 (Quelle), Stand: 17.04.24 – KP.3 ist in der Größenordnung von JN.1 verglichen mit EG.5.1 (siehe unten), mehrere Varianten bleiben dicht auf den Fersen

Vorab – dass die mutmaßliche nächste Welle verhältnismäßig kleiner ausfallen dürfte als die JN.1-Welle sieht auch Eric Topol so in seinem letzten Substack-Beitrag.

In der obigen Abbildung sieht man die Wachstumsvorteile relativ zu JN.1 von den zahlreichen Untervarianten, die aus JN.1 entstanden sind. An der Spitze liegen die sogenannten FLiRT-Varianten (F456L– und R346T-Mutationen im Spike-Protein). Von diesen führt derzeit KP.3 (zusätzlich die Mutation Q493E, welche die Rezeptorbindung erhöhen soll), gefolgt von KP.2 (zusätzlich die Mutation V1104L, deutlich weniger ACE2-Bindung als JN.1). Ihr Anteil ist mittlerweile auch im österreichischen Abwassermonitoring nachweisbar, wenn auch auf niedrigem Niveau.

Wie sind wir beim Buchstaben K gelandet für neue Varianten?

Kurze Rekapitulation, was in den letzten Jahren so gewesen ist:

Handskizze über die letzten Pandemiejahre und dominierende Varianten, sehr sehr grobe skizzenhafte Darstellung, gültig für Österreich

Meine einfache Paint-Skizze soll anzeigen, dass jedes Pandemiejahr mit signifikanten Änderungen zum Vorjahr aufwarten kann. Im ersten Jahr dominierte der Wildtyp (an Weihnachten 2020 in UK streng genommen bereits Alpha) und löste zwei Wellen aus. Im zweiten Jahr dominierten Alpha und Delta, durchaus ähnlicher zweigipfliger Höhepunkt. Voreilige Zungen sprachen bereits von einem saisonalen Verlauf. Im dritten Jahr stellten die Omicron-Varianten alles auf den Kopf, in Erinnerung dürfte auch die Sommerwelle mit BA.5 sein. 2023 erinnerte dann wieder mehr den ersten beiden Pandemiejahren, aber XBB.1.5-Welle war früher (ich bin ein lausiger Zeichner), die JN.1-Welle später und dafür deutlich höher. 2024 lohnt noch keine eigene Grafik, weil wir seit dem Rückgang von JN.1 keine neue Welle mehr hatten. Nach J kommt jedenfalls K und daher haben wir jetzt K-Varianten.

Völlig planlos gehen wir jetzt aber nicht in die nächsten Wochen, denn letzte Woche sind gleich zwei Preprints zu den FLiRT-Varianten erschienen (Kaku et al. 2024, Jian et al. 2024), die keine Überraschung zeigen, wenn man sich den Verlauf der Pandemie vor Augen führt:

  • wer sich noch mit XBB-Varianten (2023) oder davor einmal angesteckt hat, und seitdem keinen XBB-Impfstoffbooster mehr erhalten hat, hat den schlechtesten Schutz gegen die neuen Varianten
  • wer nur den XBB-Impfstoff erhalten hat, dürfte einen gewissen Schutz haben, aber wohl nurmehr einen schlechten Schutz vor Ansteckung
  • wer sich in der letzten Winterwelle (JN.1.) infiziert hat, ist zwar gegen erneute JN.1-Infektion etwas besser geschützt, aber nicht unbedingt gegen die neue Varianten

In anderen Ländern, etwa in Frankreich oder in den USA, wird schon längst dazu aufgerufen, dass zumindest Angehörige von Risikogruppen für einen schweren Akutverlauf über eine weitere (halbjährliche) Boosterimpfung mit XBB.1.5 nachdenken sollten, um in einer mutmaßlichen Frühlingswelle besser geschützt zu sein. Im dt.-sprachigen Raum ist das deutlich schwieriger geworden, überhaupt noch an eine Impfung zu kommen. Reinfektionen und LongCOVID/MECFS sind ein weiteres Thema, aber auch das ein Grund mehr, dass wir mehr auf Booster setzen sollten, da mit zunehmender Anzahl an Impfungen das Risiko von Langzeitfolgen abnimmt.

Am wahrscheinlichsten ist in meinen Augen das Szenario, das mit weiter zunehmenden Anteil der FLiRT-Varianten zumindest der Abwärtstrend im Abwasser in Österreich gestoppt wird bzw. leichte Wiederanstiege anhalten. Die FLiRT-Varianten sind von den Mutationen her noch relativ nah an der Muttervariante, unser Immunsystem kennt R346T z.B. von früheren Varianten, auch F456L ist schon aufgetreten. So gesehen alter Wein in neuen Schläuchen und eher eine kleinere Welle als ein riesiger Wellenberg. Stand heute, denn wir wissen nicht, ob einer weiteren Untervariante wieder so Riesenwurf wie JN.1 gelingt, mit einer einzigen Mutation (L455S). Aber auch dann muss diese potentielle Supervariante wieder einige Zeit zirkulieren und sich schlussendlich durchsetzen.

Vom Zeitraum sehe ich daher bis Pfingsten noch keinen Peak. Dann wirds aber interessant, weil die Fußball-EM von Mitte Juni bis Mitte Juli in Deutschland stattfinden wird. Im zweiten Pandemiejahr fungierte die nachgeholte EM 2020 als Verteilerkreis für die Delta-Variante. Problematisch sind hier weniger die vollen Stadien (im Freien) als die gemeinsame An- und Abreise in Bussen und Fahrgemeinschaften, sowie das Vor- und Nachglühen im Gastgewerbe unter Begleitung von zu viel Alkohol. Ich weiß es ehrlich gesagt nicht, ob wir einen nennenswerten Impact durch die EM auf FLiRT- oder neue Varianten erwarten dürfen, aber im Hinterkopf behalten sollte man es einmal. Die meisten Spiele finden noch in der Schulzeit (Österreich) statt, erst die Finalrunde in den Sommerferien.

Aktuelle Abwasserinzidenzen, Stand vom 23. April 2024

In den aktuellen Abwasserwerten bewegen sich die Bundesländer-Inzidenzen ziemlich auf Höhe des letzten Sommerminimums. Bisher beobachtete Wiederanstiege sind von der Skala her auf niedrigem Niveau und dürften von der Wahrnehmung her kaum auffallen, bzw. bei den anderen grassierenden Viren untergehen (v.a. Parainfluenza, Rhinoviren, Metapneumoviren).

Letzter Stand: Kalenderwoche 16

In Wien sind die Werte ebenfalls *relativ* niedrig und weit entfernt von der Größenordnung der letzten Wellen. Die übelste Zeit ist die Rush Hour, immerhin sieht man da wenigstens ein paar mehr mit Maske.

Meine Empfehlung ist, die kommenden 7-10 Tage das milde Frühlingswetter zu nutzen. Erstens rechnen die Wettermodelle Anfang Mai womöglich die nächste deutliche Abkühlung von Norden, zweitens könnte die Frühlingswelle dann weiter Fahrt aufgenommen haben. Nutzen heißt hier: Viel draußen unternehmen, aber sich drinnen bewusst sein, dass das Infektionsrisiko momentan sehr gering ist bzgl. SARS-CoV2, wenn auch nicht zwangsläufig bzgl anderer Viren.*

Hätte ich jetzt noch Zeit und Muße, würde ich den Beitrag newsletterartig gestalten, denn Keuchhusten ist weiterhin ein Problem in Österreich, ebenso die Masern, und die News aus den USA bezüglich Vogelgrippevirus sind nicht erfreulich. Virusreste werden großflächig in der Milch gefunden, ist also viel weiter verbreitet in den Rindviechern als bisherige Meldungen Glauben machen wollten. Pasteurisierte Milch tötet jedoch zuverlässig jedes lebende Bakterien- und Virusgschnas ab. Aber Vogelgrippeexperten sind natürlich beunruhigt, und mit ein paar Mutationen in Säugetieren könnte uns die nächste Pandemie bevorstehen.

Aber leider hab ich für einen Newsletter keine Zeit mehr und verweise daher guten Gewissens auf folgende Fachblogs:

* z.B. Rhinoviren, die in der letzten Aprilwoche jede dritte viruspositive Probe im Sentinelsystem ausmachten.

PS: CO2-Werte beeinflussen direkt die Übertragungswahrscheinlichkeit!

CO2-Werte in Innenräumen, die wir z.B. mit dem Aranet4 messen können, dienten schon länger als Proxy für die Luftqualität: Je höher die CO2-Werte, desto mehr und länger haben Menschen ausgeatmet und die Luft wurde nicht ausreichend abgeführt seitdem (z.B. Raumabluftanlage, Fenster und Türen öffnen). CO2-Werte sind aber nicht nur ein Indikator für die Luftqualität, sondern beeinflussen direkt die Übertragung virusbeladener Aerosole!

Erste Untersuchungen haben ergeben, dass 90% der anfänglichen Viruslast in der Luft nach zwanzig Minuten bereits inaktiviert wurde (Oswin et al. 2022). Maßgeblichen Einfluss auf die Stabilität von virusbeladenen Aerosolen hat der Säuregehalt (Haddrell et al. 2023). Jetzt hat man den Einfluss von CO2-Werten in der Umgebung direkt nachweisen können (Haddrell et al. 2024).

Beim Ausatmen verdunstet Bicarbonat im virusbeladenen Aerosol. Die Säure verringert sich, wodurch der pH-Wert innerhalb von Sekunden stark ansteigt. Das Virus ist sehr empfindlich auf pH-Werte über 10 und zerfällt dann schnell. Jede kleinste Änderung in diesem Bereich wirkt sich auf die Stabilität des Virus-Aerosols aus. Erhöhte Kohlendioxid-Konzentrationen in der Umgebung bremsen die Zerfallsrate. Wenn sie länger erhöht bleiben, ist noch viel mehr infektiöses Virus in der Luft enthalten (bis zu zehnfache Menge) als bei niedrigen CO2-Werten.

Ein weiterer Grund, weshalb man primär hohe CO2-Werte aus Räumen entfernen sollte, denn mit Luftreinigern bleibt das Problem mit dem Denkvermögen bestehen. Luftreiniger holen aber das Virus (bzw. alle möglichen Viren, Bakterien, Allergene) aus der Luft, und so kann trotz hohen CO2-Werten das Ansteckungsrisiko gering sein. Am effektivsten ist eine Kombination aus beidem: Regelmäßig lüften und Luftreiniger laufen lassen – so wird auch die zugeführte Frischluft gefiltert.

Eine Hiobsbotschaft bleibt laut den Autoren aber über: Die CO2-Konzentrationen steigen durch die anthropogene Freisetzung weltweit auch im Freien an. Das erhöht die Virusstabilität im Freien und kann langfristig die Übertragung unter verschiedenen Spezies und auf den Menschen (neue Pandemie?) begünstigen.

Faktencheck Leitartikel Kurier, 13.04.24

Die Chefredakteurin vom Kurier, Martina Salomon titelte in ihrem Leitartikel „Ein Phantomschmerz ist geblieben“. Insgesamt strotzt der Artikel nur so von gemischten Botschaften. Scheinbar liest er sich als Kritik an der FPÖ, aber tatsächlich liefert sie eine Aussage nach der anderen, die einfach nicht den wissenschaftlichen Tatsachen entspricht oder bestimmte Ressentiments schürt, ohne Erklärungen zu liefern. Faktenchecks sind seit der Pandemie durch „die einen sagen das, die anderen das“ relativ zahnlos geworden. Ich glaube auch nicht, dass diese Klarstellung hier irgendwen überzeugen wird, dass es anders ist als er denkt, aber es schadet nicht, dem Pandemie-Revisionismus wieder einmal mit Entschlossenheit entgegenzutreten. Folgender Faktencheck ist als Truth Sandwich angelegt:

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Wer zu oft Wolf schreit…

Bis zur XBB.1.5-Welle im März 2023 waren meine Einschätzungen hinsichtlich neuer SARS-CoV2-Infektionswellen recht zuverlässig. Es gab naturgemäß bis zu diesem Zeitpunkt auch viel mehr Daten als heute und zumindest bis zum Winter schrieben auch die meisten ExpertInnen noch auf Twitter und wanderten nicht zu Mastodon oder woanders hin ab. Damit befand ich mich ziemlich im Einklang mit allen führenden Expertinnen und es gab eigentlich keine Überraschungen. Dann lehnte ich mich im März 2023 mit XBB.1.16 etwas zu weit aus dem Fenster – unglücklicherweise wurde ausgerechnet dieser Beitrag von einem reichweitenstarken Follower recht prominent repliziert, sodass nachträgliche Korrekturen nicht mehr sichtbar waren. Die große XBB.1.16-Welle fiel aus – andere Experten, mittlerweile nicht mehr auf Twitter vertreten, hatten frühzeitig abgewunken – zu groß die Kreuzimmunität durch BA.5 im Winter 2022/2023 und der erst eben abgelaufenen XBB.1.5-Welle. Aus Schaden wird man klug und seitdem bin ich deutlich vorsichtiger beim Ausrufen neuer Wellen. Zudem entledigte ich mich einiger Möchtegernexperten auf Twitter, die sich als „Große Klappe, nichts dahinter“ entlarvt hatten oder von seriösen ExpertInnen entlarvt wurden. Hochstapler gibt es leider nicht nur auf Seiten der Verharmloser, sondern auch auf der der „Doomer“. Friendly fire sozusagen, mit dem man sich unglaubwürdig macht.

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Pandemie: Aufarbeitung ohne Gegenwart?

Vier Jahre sind schnell vergangen und während viele Menschen vergessen haben, wie die Pandemie begann, wird sie für die von Spätfolgen der Infektion Betroffenen wahrscheinlich nie enden. Der Großteil der Bevölkerung will von Corona nichts mehr wissen, aber eine Minderheit, die schon früh gegen die Schutzmaßnahmen gestänkert hat, kann nicht loslassen und möchte amtlich verbrieft von ihrer schweren Schuld reingewaschen werden. Worin besteht diese Schuld? Im Kern aus den folgenden Fragen:

  • Wie viele Infektionen hätte ich vermeiden können, wenn ich X anders gemacht hätte oder Y nicht gemacht hätte? Inwiefern sollte ich mir hier selbst Vorwürfe machen?
  • Gibt es nahestehende Menschen, die diese Langzeitfolgen haben, weil ICH sie infiziert habe? Machen sie MIR Vorwürfe? Mache ich MIR Vorwürfe?
  • Werden meine Kinder ein kürzeres Leben haben oder ständig mit großen gesundheitlichen Herausforderungen konfrontiert sein, wegen der Entscheidungen, die wir für sie getroffen haben, als sie dafür noch zu jung waren? Werden sie als Erwachsene mir die Schuld geben für all die Entscheidungen, die ich getroffen habe? Werde ich MIR Vorwürfe machen?

Sich diesen Fragen zu stellen, würde dazu zwingen, sich mit der Realität der Pandemie auseinanderzusetzen, was viele lautstarke Kritiker und Leugner vermeiden wollen. Die Antworten wären nicht ertragbar. (mehr zum Thema Realitätsverleugnung und Trauma). Daher werden lieber die Schutzmaßnahmen selbst in Frage gestellt, um das eigene Fehlverhalten bzw. die widerwillig befolgten Regeln im Nachhinein zu entschuldigen. Durchschaubares Verhalten, sollte man meinen, doch der Umgang der Medien und der Politik mit diesen Ablenkungsmanövern trägt nicht zur Verbesserung der Stimmungslage insgesamt bei, und schon gar nicht zu Lehren aus der Pandemie, es künftig besser zu machen.

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Skandal: Gesundheitsminister Rauch hintergeht Risikopatienten!

Im Frühjahr 2023 hat Gesundheitsminister Rauch noch behauptet, dass das Testen von Menschen mit Symptomen kostenfrei bleiben würde, um eine Behandlung mit COVID-19-Medikamenten abzuklären (betrifft in erster Linie Risikopatienten, weil Paxlovid/Metformin nicht für gesunde Menschen empfohlen werden)

Gesundheit dürfe keine „Frage des Geldes und des Einkommens sein“, hielt Gesundheitsminister Rauch eingangs fest. Es müsse in Österreich Gesundheitsleistungen auf hohem Niveau für alle geben, „dafür brauche ich meine E-Card, nicht meine Kreditkarte“, sagte Rauch.

Derstandard, 28. März 2023

Ende März 2024 zeigt sich dann, wie viel von Rauchs Ankündigungspolitik zu halten ist: NICHTS.

Die geltende Verordnung läuft mit 31. März 2024 aus. Ab April sind Corona-Tests auch bei Krankheitsverdacht (Antigentests, bisher wurde nur jeder fünfte Antigentest mit PCR nachgetestet) kostenpflichtig – mit bis zu 40 Euro pro Test (25 Euro für Durchführung und 15 Euro für das Test-Set) – ein Wucherpreis, wenn man bedenkt, wie viel man für handelsübliche Schnelltests bei jedem Medizinfachgeschäft bekommt. Das wird die Testquote stark nach unten drücken.

Das Problem mit der Kostenübernahme ist schon länger bekannt, weil der Bund für die Bezahlung der Tests einspringt – mit Auslaufen der Regelungen nach dem Epidemiegesetz (SARS-CoV2 ist in Österreich nicht mehr meldepflichtig) ist eigentlich die Sozialversicherung zuständig.

Das Gesundheitsministerium hat noch Mitte Dezember 2024 behauptet, dass die Tests für Patienten kostenlos bleiben würden.

„Heute“ fragte im Gesundheitsministerium nach, ob die Gratis-Tests in Ordinationen tatsächlich mit nächstem Jahr Geschichte sind. Dort ist man um Beruhigung bemüht: „Der Bund wird die Kosten für die Covid-19-Antigentests bis Ende März 2024 weiterhin tragen“, wird versichert. Mitte April würden die Testungen in die Regelstrukturen überführt und von der Sozialversicherung übernommen. Für die einzelnen Patienten ändere sich dadurch aber an der aktuellen Praxis nichts. Das Geld komme eben dann nur aus einem anderen Topf, die Tests blieben kostenlos.

HEUTE, 18. Dezember 2023
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