Meine Webseite soll offizielle Anlaufstellen zu Long COVID nicht ersetzen, sondern ergänzende Informationen bieten. Aus Ressourcenmangel schaffe ich es dabei kaum, am aktuellen Stand zu bleiben.
S2k-Leitlinie COVID-19 und (Früh-) Rehabilitation
Es gibt keine universell gültige Therapie von LongCOVID-Patienten. Meist wird versucht, mit off-label Medikamenten das stärkste Symptom zu lindern, und wenn das nicht funktioniert, die anderen Symptome. Manche Nahrungsergänzungsmittel funktionieren alleine oder in Kombination – eine Kassenleistung sind sie nicht, weswegen die Patienten oft armutsgefährdet sind oder werden. Wohlhabende Menschen können sich teure Therapieversuche eher leisten.
Anerkennung als Berufskrankheit/Arbeitsunfall
- Covid-Infektion im Job? Was Betroffene wissen müssen – Arbeiterkammer (07.04.22)
- LongCOVID im Job – Artikel im Kurier von einer Rechtsanwältin (06.04.22)
- „Long Covid“ erstmals vor Gericht anerkannt (17.03.22)
Der Wegfall der Meldepflicht von Covid19 seit 1. Juli 2023 hat es deutlich erschwert, eine Covid19-Infektion am Arbeitsplatz nachzuweisen, weil seitdem auch nicht mehr getestet wird. Sie ist aber nicht notwendige Voraussetzung, um eine Covid19-Infektion als Berufskrankheit anzuerkennen.
„Die Meldung als Berufskrankheit-Verdacht soll auch dann erfolgen, wenn die Erkrankung einen milden Verlauf genommen hat (…). Diese Anerkennung dem Grunde nach ist für eventuell später auftretende Krankheitsfolgen wichtig.“ (Quelle: AUVA)
Die Folgen einer Anerkennung als Arbeitsunfall / Berufskrankheit sind umfangreichere Kassen-Leistungen bei (Langzeit-)Folgen bzw. der Anspruch auf eine Rente, wenn die Erwerbsfähigkeit dauerhaft eingeschränkt würde. Kinder sind beitragsfrei in der AUVA unfallversichert, eine Ansteckung in der Schule oder am Schulweg würde als Arbeitsunfall zählen (wenn man es beweisen könnte).
Bei negativem Bescheid kann man mit Hilfe der Arbeiterkammer beeinspruchen.
Wer in Österreich an den Folgen einer Covid19-Erkrankung leidet und nicht arbeitsfähig ist, von der Krankenkasse aber trotzdem gesund geschrieben wird, kann sich an die Volksanwaltschaft wenden:
post (at) volksanwaltschaft.gv.at
Behandlungsempfehlungen
Brode and Melamed, A practical framework for Long COVID treatment in primary care (14.08.2024)
Vor Beginn einer Behandlung steht eine zielgerichtete Diagnostik, denn ein Patient ohne Belastungsintoleranz kann eine aktivierende Reha empfohlen werden, während bei Patienten mit PEM körperliche Belastung zu einer anhaltenden Verschlechterung von Beschwerden führen kann (siehe diesen Fall).
Es gibt dabei keine Grauzonen – es ist absolut kontraindiziert, bei PEM körperliches (und zum Teil auch kognitives) Training zu verschreiben (van Rhijn-Brouwer et al. 2024, Gloeckl et al. 2024 – mit Empfehlungen). Man empfiehlt es nicht und man zwingt niemanden mit PEM zur Reha. Punkt.
- Covid19-Infotalk: LongCOVID – Kognitive Dysfunktionen in der hausärztlichen Versorgung (Prof Dr. Kathryn Hoffmann)
- LongCOVID bei Sportlern reduzieren (1+2)
- Sichere Physiotherapie: https://youtube.com/watch?v=g1BvYiesDHM&t=339s…
- Pacing 1: https://youtu.be/IRR7zbxT1tM
- Pacing 2: https://youtu.be/0ZCV6qVbQik
- Pacing 3:https://youtu.be/NdeifJ-HM_s
- Atmung: https://youtu.be/OrA_zB7EHuM
- Behandlungsempfehlungen Charité Berlin zu schwerem PostCOVID/MECFS
- Neurologin Dr. M. Strasser: Therapieschemata, Diagnostik, etc.
- Dr. med Ludwig Manfred Jacob – Wirksame Maßnahmen gegen Long COVID: Mastzellaktivierung (MCAS) – im Fokus (nur ebook)
Anlaufstellen in Österreich
Vorab: Viele Ambulanzen wurden 2023 geschlossen, ein Teil hat als Schwerpunkt vor allem gestörte Lungenfunktion nach schweren Akutverläufen (kein klassisches LongCOVID), bei anderen wurden gemischte oder schlechte Erfahrungen gemacht. Bitte seid vorsichtig, sobald aktive Reha-Angebote oder Trainingspläne angeboten werden – nicht bei Belastungsintoleranz annehmen!
68 Anlaufstellen, die der Verein Long COVID Austria gesammelt hat.
Erfahrungen:
- Neuroreha Enns (eher gute Erfahrungen)
- Therme Med Wien (eher gute Erfahrungen)
- NRZ Rosenhügel (eher gute Erfahrungen)
- RK Tobelbad (nur bei Berufskrankheiten)
- Althofen (sehr gemischte Erfahrungen)
- Hochegg (v.a. Lungenerkrankungen)
- AKH Wien Innere Medizin (Aufnahmestopp)
- EKH Wien Neuro (privat, 177 Euro Gebühr)
- Klinig Ottakring Kinder und Jugendheilkunde (bei Kontaktversuch kam E-Mail zurück wegen Overflow)
- LKH Graz West Hörgas-Enzenbach ( PCR-Test nicht mehr erforderlich, frühestens 3 Monate nach Erkrankung, Zuweisung durch Hausarzt/Internist/Lungenfacharzt, pneumologisch-internististischer Symptomschwerpunkt (keine MECFS-Patienten), ca. 2 Monate Wartezeit)
- ÖGK Clearingstelle Gesundheitszentrum Graz (unzureichende Organisation?)
- Keplerklinikum Linz Neuromed Campus (lange Wartezeiten, schlechte bis gemischte Erfahrungen)
- Kompetenzcenter Gesundheit St. Stephan Wels (Wahlärzte)
- Tauernklinikum Zell am See (kein spezielles LongCOVID-Programm, Abklärung auf Abteilung Innere Medizin, Infektionsambulanz bleibt)
- Kardinal Schwarzenberg Klinikum Schwarzach Neuro
- Uniklinik Insbruck Innere Medizin/CFS-Sprechstunde ( Zukunft laut Leiterin ungewiss)
Finger weg:
- Hakoah Sportzentrum (Wien), Rehazentrum Salzburg: richtet sich vor allem an Sportler, aktivierende Reha – bei PEM ist davon abzuraten!
Laufende Studien zu Behandlungsversuchen
- Martina Marx: Erste Studie mit Long-Covid-Medikament startet auch in Österreich (04.08.23, leider Paywall – betrifft BC007-Studie)
- Long-COVID treatments: why the world is still waiting (09.08.22 – derzeit mehr als 25 randomisierte Versuche am Laufen in verschiedenen Stadien)
Forschung zu Therapiemöglichkeiten
- Penn Medicine researchers receive $2.1 million grant to fund long COVID research (23.02.24)
- Geng et al., Nirmatrelvir-Ritonavir and Symptoms in Adults With Postacute Sequelae of SARS-CoV-2 Infection (07.06.24 – Keine signifikante Verbesserung von Symptomen nach Paxlovid)
- Preiss et al., Effect of Paxlovid Treatment on Long COVID Onset: An EHR-Based Target Trial Emulation from N3C (22.01.24 preprint – keine Risikoreduktion von LC durch Paxlovid)
- Choi et al., Effectiveness of Antiviral Therapy on Long COVID: A Systematic Review and Meta-Analysis (28.11.23 – 28% Risikoreduktion durch frühzeitige antivirale Therapie: Remdesivir und Paxlovid )
- Nader et al., A Systematic Review of Trials Currently Investigating Therapeutic Modalities for Post-Acute COVID-19 Syndrome and Registered on World Health Organization International Clinical Trials Platform (12.01.23 – 388 Medikamentenversuche)
Therapie mit Blutwäsche (Apherese)
- Achleitner et al., Clinical improvement of Long-COVID is associated with reduction in autoantibodies, lipids, and inflammation following therapeutic apheresis (02.05.23 – Blutwäsche entfernt Autoantikörper, Entzündungen)
- Steenblock et al., Post COVID and Apheresis – Where are we Standing? (16.09.22)
Therapie von LongCOVID durch (weitere) Impfung
- Grady et al., Impact of COVID-19 vaccination on symptoms and immune phenotypes in vaccine-naïve individuals with Long COVID (12.01.24 preprint – kleines Sample, tendenziell Verbesserung, aber nicht bei allen)
- Wiedermann et al., Evidence for positive long- and short-term effects of vaccinations against COVID-19 in wearable sensor metrics (25.07.23 – Datenspende)
- Watanabe et al., Protective effect of COVID-19 vaccination against long COVID syndrome: A systematic review and meta-analysis (10.03.23 – ja, aber keine Veränderung bei Symptomen nach Infektion)
- Byambasuren et al., Effect of covid-19 vaccination on long covid: systematic review (28.02.23 – gewisser vorbeugender Effekt vorhanden)
- Tran et al., Efficacy of first dose of covid-19 vaccine versus no vaccination on symptoms of patients with long covid: target trial emulation based on ComPaRe e-cohort (28.02.23)
- Notarte et al., Impact of COVID-19 vaccination on the risk of developing long-COVID and on existing long-COVID symptoms: A systematic review (26.08.22 – n = 11 Studien, 7 zeigten Verbesserung von Long COVID nach Impfung, 4 keine Änderung oder Verschlechterung)
- Ayoubkhani et al, Trajectory of long covid symptoms after covid-19 vaccination: community based cohort study (12.04.22)
sonstige Studien
- Sinopoli et al., The Efficacy of Multivitamin, Vitamin A, Vitamin B, Vitamin C, and Vitamin D Supplements in the Prevention and Management of COVID-19 and Long-COVID: An Updated Systematic Review and Meta-Analysis of Randomized Clinical Trials (29.04.24 – kein Beweis für Wirksamkeit von Vitamin-Therapien zur Vorbeugung und Behandlung von Covid und Long COVID)
- Redel et al., Effect of Lactoferrin treatment on symptoms and physical performance in Long-COVID patients: a randomized, double-blind, placebo controlled trial (16.03.24 – Lactoferrin NICHT wirksam bei LongCOVID)
- Rus et al., Treatment of 95 post-Covid patients with SSRIs (02.11.23 – nur 7,5% hattten psychiatrische Diagnose, trotzdem positiver Effekt)
- Scheppke et al., Pathophysiology and potential treatment of long COVID: A report of signal index cases and call for targeted research (04.10.23 – Behandlung mit monoklonalen Antiköpern führte bei drei LC-Betroffenen zur vollständiger Genesung innerhalb von Tagen)
- Colas et al., Physical Activity in Long COVID: A Comparative Study of Exercise Rehabilitation Benefits in Patients with Long COVID, Coronary Artery Disease and Fibromyalgia (03.08.23 – bei Betroffenen ohne PEM hilft körperliche Aktivität; Unterscheidung wichtig!)
- Gloeckl et al., Rehabilitative interventions in patients with persistent post COVID-19 symptoms—a review of recent advances and future perspectives (16.06.23)
- Finnigan et al, Efficacy and tolerability of an endogenous metabolic modulator (AXA1125) in fatigue-predominant long COVID: a single-centre, double-blind, randomised controlled phase 2a pilot study (14.04.23 – Fatigue-Symptome deutlich verbessert)
- Rachel Fairbank, Long COVID exercise trials proposed by NIH raise alarm (31.03.23)
- Mikulska et al., Triple Combination Therapy With 2 Antivirals and Monoclonal Antibodies for Persistent or Relapsed Severe Acute Respiratory Syndrome Coronavirus 2 Infection in Immunocompromised Patients (28.03.23)
- Shionogi says its drug Xocova may reduce risks of long COVID symptoms (22.02.23 – relatives Risiko um 45% reduziert, 1/3 für neurologische Symptome, antivirales Medikament Ensitrelvir Fumaric Acid)
- Thompson et al., Long-term high-dose immunoglobulin successfully treats Long COVID patients with pulmonary, neurologic, and cardiologic symptoms (02.02.23)
- Bramante et al., Outpatient treatment of Covid-19 with metformin, ivermectin, and fluvoxamine and the development of Long Covid over 10-month follow-up. (24.12.22, preprint – “There was a 42% relative decrease in the incidence of Long Covid in the metformin group”)
- Trisha Greenhalgh, Long covid—an update for primary care (22.09.22)
- Imai et al., Epipharyngeal Abrasive Therapy (EAT) Has Potential as a Novel Method for Long COVID Treatment (27.04.22)
- Wright et al., The Relationship between Physical Activity and Long COVID: A Cross-Sectional Study (22.04.22 – in 75% der Bewegungstherapien verschlechterte sich LongCOVID, nur bei 0,8% zeigte sich eine Verbesserung)
- Glynne et al., Long COVID following mild SARS-CoV-2 infection: characteristic T cell alterations and response to antihistamines (05.10.21 – H1/H2-Blocker erfolgreich in einem Subset an LongCOVID-Betroffenen)
Forderungen an die Politik
- systematisches Konzept zur Betreuung von LongCOVID-Patienten
- Hausärzte intensiv über Post Exertional Malaise (PEM) und die Abgrenzung zu “normaler” Fatigue schulen => Bei PEM ist Pacing angesagt.
- Schellong-Test machen, um Posturales orthostatisches Tachykardiesyndrom (POTS) oder orthostatische Hypotension abzuklären bzw. zu behandeln
- Wissen erweitern/auffrischen zu Mastzellenaktivierungssyndrom (MCAS)
- Großes Spektrum der Symptomschwere, nicht alle brauchen medizinische Hilfe
- Internistische, lungenfachärztliche Abklärung wichtig, aber oft ergebnislos
- Viele Betroffene haben letztendlich ein “typisches” postvirales Syndrom
- Viele Betroffene brauchen mehrere Monate bis zur Genesung, sofern frühzeitig mit Pacing begonnen wurde.
- Zu frühe Überbelastung ist kontraproduktiv (Krankenstände verlängern!)
- Möglichkeiten wie Wiedereingliederungsteilzeit anbieten, Arbeitgeber über Bedürfnisse von LongCOVID-Betroffenen informieren (vermehrte Pausen, Möglichkeit zu Homeoffice)
- Richtiger Zeitpunkt für Rehabilitation wichtig (aktuelle Leistungsgrenze), zu frühe Überaktivierung kann maximal kontraproduktiv sein (anhaltende Zustandsverschlechterung)
- Bei chronischem Zustand oder Verschlechterung entsteht MECFS: systematische, spezialisierte Anlaufstellen nötig, mit ausreichend personellen und zeitlichen Ressourcen, ebenso Forschung
- Finanzielle Absicherung! PVA muss ihr Bild von Arbeitsfähigkeit überdenken – Genesung wird nicht gefördert, wenn Belastung durch Existenzangst und Gerichtsverfahren dazu kommt.
Folgen der bisherigen Untätigkeit:
Der von Gesundheitsminister Rauch und seinen Parteikollegen so oft bemühte „Versorgungspfad“ führt ins Leere: Hausärzte kennen sich nicht aus, haben keine Zeit für aufwendige Anamnese und wollen keine Hausbesuche machen oder schieben die Patienten gleich in die psychische Ecke. Fachärzte für LongCOVID gibt es nur wenige, die aber überlaufen sind mit langen Wartezeiten, zudem oft keine Kassenärzte und für viele Betroffene unerschwinglich oder zur Verschuldung führend. Spezifische Versorgungsangebote werden abgebaut oder man delegiert an andere Ambulanzen.
1) Versorgung im öffentlichen System scheitert an Wissen und Honorierungssystem
2) LC Ambulanzen machen nur Clearing und keine Langzeitbehandlung
3) Therapien sind zumeist off-label bzw. gibt es keine
4) Reha nütz vielen (mit post-exertional malaise) nichts, im Gegenteil
5) Es fehlen aufsuchende Behandlungen, Telemedizin
6) fehlende soziale Absicherung
7) Betroffene werden nicht gesund durch ständige Reinfektionen
8) Zahlen reißt nicht ab, durch fehlenden Infektionsschutz
Wie es laufen könnte am Beispiel einer neuen Klinik im Mount Sinai Hospital von New York City:
Ein Zentrum für die Behandlung von mehrere komplexen chronischen Erkrankungen wie EDS, LongCOVID, MECFS und Borreliose, um Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu verstehen und spezifischere Therapien zu entwickeln. LongCOVID und MECFS teilen viele überlappende Symptome und Diagnosekriterien, aber ein wesentlicher Unterschied beider Krankheitsbilder ist, dass man weiß, dass eine akute SARS-CoV2-Infektion einer LongCOVID-Erkrankung vorausgeht. Es gibt außerdem deutliche Hinweise darauf, dass SARS-CoV2 spezifische Spike-Proteine zur Symptomlast und Ursachenfindung bei LongCOVID und Impfschäden beitragen. Es braucht daher Therapien, die auf diese Spike-Proteine abzielen, auch wenn davon Betroffene anderer komplexer Krankheitsbilder wie MECFS, EDS oder Borreliose nicht profitieren werden.
Umgekehrt gibt es MECFS-Betroffene durch Schimmelbefall oder andere auslösende Ereignisse, die nicht von Paxlovid profitieren werden, aber spezifische Forschung verdienen. Dann gibt es aber auch Gemeinsamkeiten, denn zahlreiche Betroffene von Borreliose, LongCOVID, EDS und MECFS erleben wiederkehrende und verheerende virale Reaktivierung, parasitäre Infektionen, bakterielle Reinfektionen. Es werden winzige Blutgerinnsel, Gefäßentzündungen, POTS und Dysautonomie gesehen, mit gemeinsamen Ursachen, die mit gemeinsamen Therapien begegnet werden könnten. (Quelle: @Putrinolab, 05.08.23)