In Österreich ist der Arbeitnehmerschutz gesetzlich geregelt:
§ 3.Paragraph 3,
- (1) 1 Arbeitgeber sind verpflichtet, für Sicherheit und Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer in Bezug auf alle Aspekte, die die Arbeit betreffen, zu sorgen. Die Kosten dafür dürfen auf keinen Fall zu Lasten der Arbeitnehmer gehen. Arbeitgeber haben die zum Schutz des Lebens, der Gesundheit sowie der Integrität und Würde erforderlichen Maßnahmen zu treffen, einschließlich der Maßnahmen zur Verhütung arbeitsbedingter Gefahren, zur Information und zur Unterweisung sowie der Bereitstellung einer geeigneten Organisation und der erforderlichen Mittel.
Aufgaben eines Betriebsrats laut Arbeitsschutzgesetz bzw. Arbeitsverfassung:
§ 38. Die Organe der Arbeitnehmerschaft des Betriebes haben die Aufgabe, die (…) gesundheitlichen (…) Interessen der Arbeitnehmer im Betrieb wahrzunehmen und zu fördern.
§ 97 Betriebsvereinbarungen,
8) Maßnahmen und Einrichtungen zur Verhütung von Unfällen und Berufskrankheiten sowie Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit der Arbeitnehmer;
Der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) setzt sich in seinem aktuellen Programm (2023-2028) explizit für präventive Schutzmaßnahmen am Arbeitsplatz ein, darunter auch Luftreiniger in Bildungseinrichtungen.
„Die Arbeiterkammer (AK) setzt sich dafür ein, dass die Gesundheit der Arbeitnehmer:innen geschützt wird. Neue arbeitsmedizinische Erkenntnisse müssen daher im ArbeitnehmerInnenschutzgesetz und in seine Verordnungen aufgenommen werden. Die gilt auch für die Qualität der Raumluft und generell die Inhalte der Arbeitsstättenverordnung. Die AK wird sich hierfür bei der nächsten Novelle einsetzen. Das zuständige Ministerium (BMA) ist gefordert, hier für Anpassungen zu sorgen.“
Arbeiterkammer Österreich, 08. April 2024 (Twitter)
Haftung
Haben Infizierte ggf. Schadensanspruch?
In Deutschland möglicherweise ja.
In Österreich wurde eine Frau der vorsätzlichen Gefährdung durch Ansteckung trotz Quarantäne für schuldig befunden.
“Während der Schuldspruch wegen vorsätzlicher Gefährdung rechtskräftig wurde, wurden andere Teile des Urteils vom Oberlandesgericht Graz gekippt. Diese drehten sich um den Vorwurf der grob fahrlässigen Tötung: Die Ansteckungsketten seien nicht hinreichend erörtert worden, hatte die zweite Instanz festgestellt.“
Arbeitsfähigkeit
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Etwa ein Drittel bleibt arbeitsunfähig, ein Viertel müssen in Teilzeit gehen (Trujillo et al. 2022, Wambeke et al. 2023, Kerksieck et al. 2023), Frauen und über 50jährige Personen sind häufiger betroffen (O’Regan et al. 2023).
Bei leichteren Ausprägungen von LongCOVID kann man eher noch auf Entgegenkommen der Arbeitgeber hoffen, etwa wechselnde Produktivität nach guten und schlechten Tagen, Homeoffice-Möglichkeit, problematischer wird es mit schweren Verlaufsformen und starken kognitiven Einschränkungen. Gyllensten et al. (2023) haben sich angesehen, welche Arbeitsplatzfaktoren die Arbeitsfähigkeit fördern oder behindern (siehe auch Neurologe Stingl).
Die Zahl der Arbeitskräfte mit einer Behinderung ist in den USA um 38% gestiegen, in UK ist mehr als jeder zehnte junge arbeitende Mensch (16-34 Jahre) von einer Krankheit betroffen, welche die Arbeitsfähigkeit einschränkt, mit Stand Ende 2023 sind über 500 000 Briten unter 35 Jahre arbeitsunfähig.
in Österreich
Nie zuvor hat es in Österreich so viele Krankenstände gegeben wie im Vorjahr. Die ÖGK registrierte 6,2 Millionen Meldungen, vor der Pandemie waren es zwischen 4 und 4,7 Millionen. Knapp die Hälfte geht auf Atemwegsinfekte zurück.
Kleine Zeitung, 05.02.24
Eine Warnung für den Arbeitsmarkt in Österreich veröffentlichte am 12. September 2022 eine Stabsstelle der später aufgelösten Expertenkommission GECKO, demnach blieb jede dritte offene Stelle in den USA wegen LongCOVID unbesetzt, während man sich in Österreich noch über so viele unbesetzte Stellen wundert.
ÖGK-ArbeitnehmerInnnen-Obmann Andreas Huss:
“Aber wir müssen auch akzeptieren, dass mit einer zusätzlichen Krankheit in der Infektionssaison zusätzliche Krankenstände auftreten.” (30.03.23, Presseaussendung)
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- Leitner et al., Characteristics and burden of acute COVID-19 and long-COVID: Demographic, physical, mental health, and economic perspectives (22.01.24)
- WKO: Fachkräftemangel wird zu Arbeitskräftemangel (28.05.22)
in Deutschland
40% der Longcovid-Betroffenen können nicht erfolgreich zu ihrem Arbeitsleben wie vor der Infektion zurückkehren (Studienzeitraum: 2021-2023). Bei jenen, die zurückkehren, braucht eine beträchtliche Anzahl Anpassungen am Arbeitsplatz, um die verbleibenden Beeinträchtigungen zu bewältigen (Ottiger et al. 2024).
- Lauterbach sieht »explosionsartigen« Anstieg bei Pflegebedürftigen (27.05.24 – 360 000 statt den erwarteten 50 000)
- Krankenstand bleibt auf hohem Niveau (29.04.24)
- Hoher Krankenstand offenbar eine Ursache der Rezession (26.01.24)
- Lisa Mayerhofer: Milliardenverluste: Long Covid belastet Rentenkasse und Arbeitsmarkt (15.12.23)
- Britta Domke: Was Unternehmen gegen Long Covid tun können (13.12.23)
- DAK: Krankmeldungen auch im Sommer angestiegen (01.11.23)
- Virologen warnen vor Personalmangel durch zunehmende Corona-Fälle (06.09.23)
- Jahresbilanz 2022 in Deutschland: Corona ist Grund für Allzeithoch bei den Berufskrankheitenzahlen (29.07.23)
- Afschin Gandjour: Long COVID: Costs for the German economy and health care and pension system (14.06.23 – „The gross value-added loss was calculated to be 5.7 billion euros. The estimated financial burden on the health care and pension systems due to SARS-CoV-2 infection was approximately 1.7 billion euros.“)
- 55% der Befragten (n = 1457) arbeitsunfähig wegen LongCOVID (08.05.23)
- Hoher Krankenstand kostet Unternehmen bis zu 90 Milliarden Euro (18.03.23)
- WIDO: Wissenschaftliches Institut der AOK – Krankschreibungen aufgrund von Long-COVID oder Post-COVID: Wenige Betroffene, aber lange krankheitsbedingte Ausfallzeiten (14.09.22)
UK
![](https://i0.wp.com/coronafakten.com/wp-content/uploads/2023/09/uk-feb2020-july2023.jpg?resize=600%2C644&ssl=1)
- Reuschke et al., Impacts of Long COVID on workers: A longitudinal study of employment exit, work hours and mental health in the UK (26.06.24 – Conclusions: „The extension of Statutory Sickness Pay and greater flexibility to manage partial (returns to) work would help preserve employment and mental health. Those with Long COVID for 12 months are likely to meet the definition of disability and so have a right to receive reasonable workplace adjustments.“)
- New economic analysis reveals Long Covid could be a long-term drag on economic growth and add pressure to already strained NHS (03/2024 – 38 Seiten)
- Record long-term sickness bodes ill for UK economic growth (17.02.24)
- UK sees record sickness and zero productivity growth in 2022 (26.04.23)
- Long-term sickness leaving 1.6m UK adults over 50 unable to work (26.01.23)
- BBC: Record numbers not looking for work due to long-term illness (11.10.22)
- Waters and Wernham, Long COVID and the labour market (27.07.22)
- Long Covid now major cause of long-term job absence, say quarter of UK employers (07.02.22)
USA
- Scott et al., Substantial health and economic burden of COVID-19 during the year after acute illness among US adults not at high risk of severe COVID-19 (02.02.24 – 178% Anstieg von medizinischen Gesamtkosten in der post-akuten Phase)
- Michaels et al., US workers during the covid-19 pandemic: uneven risks, inadequate protections, and predictable consequences (29.01.24)
- Emi Michael: Understanding the economic consequences of the covid-19 pandemic (26.02.23)
- Melissa Suran: Long COVID Linked With Unemployment in New Analysis (15.02.23)
- Absence from work at record high as Americans feel strain from Covid (29.01.23)
- Long Covid may be ‘the next public health disaster’ — with a $3.7 trillion economic impact rivaling the Great Recession (30.11.22)
- Forbes: Older workers are struggling with a new disability long covid (30.09.22)
- Long COVID Could Cost the Economy Trillions, Experts Predict (28.09.22)
- Long Covid is responsible for about a third of unfilled jobs in the U.S., new research suggests (26.08.22)
- Hannah Towey: Healthcare workers with long COVID are having their careers cut short due to debilitating symptoms as the industry struggles with labor shortages (01.05.22)
- Long Covid: the invisible public health crisis fuelling labour shortages (10.04.22)
- Aimee Picchi: A cause of America’s labor shortage: Millions with long COVID (01.02.022)
International
- Matsuda et al., Changes in Working Situations of Employed Long COVID Patients: Retrospective Study in Japanese Outpatient Clinic (28.06.24 – 54% der LC-Patienten müssen den Arbeitsplatz anpassen: 40% Urlaub, 10% Pensionierung, 4% Stunden reduzieren; 67% mit Einkommensverlusten, Frauen am meisten betroffen)
- Economist Impact: An incomplete picture: understanding the burden of long Covid (05/2024 – 76 Seiten pdf – Beiträge zu USA, UK, Spanien, Brasilien, Frankreich, Japan und Saudi-Arabien)
- Neuseeland: Long Covid: Teachers, healthcare workers most vulnerable occupations, report finds (26.03.24)
- Schweden: Zahl der Covid-Fälle steigt im ganzen Land: „Wahnsinnig stark“ (31.10.23 – 30% Positivrate, sollte dort nicht perfekte Herdenimmunität herrschen?)
- Schweiz: CSS-Gesundheitsumfrage – im Juni 2023 fühlten sich 34% nicht ganz gesund, 2020 waren es 22% (29.06.23)
- Niederlande: More than half of long Covid sufferers unable to work after two years: UWV (01.03.23)
- Deutschland: Hoher Krankenstand offenbar eine Ursache der Rezession (26.01.24)
Versicherungen
- Bayern: Long Covid erschwert Aufnahme in die private Krankenversicherung (02.03.23)
- Long Covid could become NZ’s leading cause of disability (17.01.23)
- The number of new disability benefit claimants has doubled in a year (07.12.22)
- David M. Cutler: The Costs of LongCOVID (12.05.22)
- COVID-19 and the likely long-term effects on survivors (22.09.20)
Soziale Folgen
- Vortrag von Dr. Georg Psota: Sozialästhetik des LongCOVID – Stigmatisierung, Einbildung oder Realität (17.04.24)
- Anderson et al., Episodic disability and adjustments for work: the ‘rehabilitative work’ of returning to employment with Long Covid (26.03.24 – auch mildere Fälle beeinträchtigt, fluktuierende Symptome, fehlendes Verständnis und Entgegenkommen am Arbeitsplatz, aber auch begleitende psychische Belastung)
- Schweiz: «Warum werden meine Long-Covid-Symptome als Depression abgetan?» (20.02.24)
- Stigma-Forscher Georg Schomerus: Experte über Long Covid: „Im Zweifelsfall wäre es doch angemessen, den Patienten zu glauben“ (07.01.24)
- Kwon et al., Impact of Long COVID on productivity and informal caregiving (26.12.23 – 51,7% reduzierte bezahlte Arbeitsstunden, mittleres Monatseinkommen um 24,5% gesunken)
- Vélez-Santamaria et al., Functionality, physical activity, fatigue and quality of life in patients with acute COVID-19 and Long COVID infection (14.11.23)
- Schmachtenberg et al., How do long COVID patients perceive their current life situation and occupational perspective? Results of a qualitative interview study in Germany (09.03.23)
- Pantelic et al., Long Covid stigma: Estimating burden and validating scale in a UK-based sample (23.11.22 .- 95% der Betroffenen berichteten von Stigmatisierung aufgrund ihrer Erkrankung)
- Jamie Ducharme: Back-to-Office Pressure Is Creating a Crisis for Long COVID Patients (28.03.22)
- Colette M. Schmidt: Auf der MS Darwin: Zwei Jahre fahren auf Sicht durch dichten Nebel, zwei Jahre Angst um alle, die über Bord gehen könnten, zwei Jahre Verhandlungen über den Wert des Lebens in einem sozialdarwinistischen Diskurs. Eine Parabel (27.02.22)
- Laura Spinney: Pandemics disable people — the history lesson that policymakers ignore (16.02.22 – “There is a strange disconnect whereby health ministers are now talking about the gravity of long COVID, but it features nowhere in the considerations on which they base their pandemic policy,”)
- Colette M. Schmidt: Die im Schatten sieht man nicht: Vulnerable Menschen in der Pandemie (19.02.22)
- Neue Volkskrankheit Long COVID? Allein in der Schweiz könnten Zehntausende betroffen sein – mit gravierenden Folgen für den Sozialstaat (25.01.21)
LongCOVID und steigende Unfallzahlen
- Kopanska et al., The Use of Quantitative Electroencephalography (QEEG) to Assess Post-COVID-19 Concentration Disorders in Professional Pilots: An Initial Concept (30.08.23 – „Our study, conducted on pilots who had recovered from COVID-19, showed changes in the amplitudes of brain waves associated with relaxation and concentration.“)
- Post-pandemic driving patterns may be behind surge in traffic deaths in California : Study (21.06.23)
- Redelmeier et al., COVID Vaccine Hesitancy and Risk of a Traffic Crash (02.12.22 – Spekulation: Mehrfachinfektionen fördern Unfälle durch kognitive Aussetzer)
- Deutschland: Mehr Unfallopfer als vor der Pandemie (23.09.22 – ebenso Schweiz, USA -dort schon “CovAccident” genannt)
- Frances Stead Sellers: How long covid could change the way we think about disability (06.06.22)
Sportler und Künstler bzw. Promis und Politiker
“I’m not toying with the life of a 23-year-old boy. I don’t want that on my conscience.” (Patrick Lefevere, Manager von Quickstep, Giro d’Italia, 17.05.23)
- Unterfranken (Bayern): Long Covid zwingt Bürgermeister Jochen Vogel in vorzeitigen Ruhestand (08.02.24)
- Tschechien: Biathletin beendet Karriere mit nur 22 Jahren (07.02.24 – Diabetes 1 nach Covid? Typ-II eher unwahrscheinlich)
- Hoffnung auf Leidensweg „Long Covid“: Kuchler Kicker Christopher Bachleitner kämpft sich zurück (09.10.23 – nach der 3. Infektion dann schwerwiegendere Folgen)
- Juhász et al., Retrospective study of COVID-19 experiences in elite multinational aquatic athletes (26.08.23 – n = 812, 23 Jahre, 10% mit LongCOVID)
- Corsini et al., Are Football Players More Prone to Muscle Injury after COVID-19 Infection? The „Italian Injury Study“ during the Serie a Championship (15.03.23)
- Long COVID Destroys Emma Raducanu’s 21-Year-Old Compatriot’s Career as She Announces Gruesome News (18.10.22)
- Fast jeder fünfte Profifussballer kämpft mit Langzeitfolgen des Coronavirus (21.01.21)
Unerkannte Spätfolgen
Menschen mit postviralen Infektionssyndromen wie postCOVID wird nicht nur eine adäquate gesundheitliche Versorgung verwehrt, sondern durch die Abschaffung der Meldepflicht, der Tests, jeglicher Prävention und der Falschinformation über das „Ende der Pandemie/nach Corona“ auch die Chance genommen, überhaupt zu erkennen, dass sie darunter leiden. Vielen Menschen geht es derzeit nicht gut (Herzprobleme, Schlaganfall, Schwindel, Erschöpfung, kognitive Probleme…) können die Verbindung zu ihrer „Verkühlung“ vor ein paar Wochen oder Monaten nicht erkennen, weil sie denken/dachten, SARS-CoV2 gibt es gar nicht mehr. Das ist nicht nur schlimm für die Menschen, sondern auch für die Forschung, weil so alles zur Blackbox wird.