„Es ist Zeit, dass die Kinder zurück ins Wasser gehen. Nur 1% von ihnen wird gefressen.“ Credits: Steve Daugherty (@stepd0c)

„Vulnerable Children really count“ von Jonathan Howard (25.08.23)

Von Beginn der Pandemie an war bekannt, dass Kinder zwar selten, aber doch schwer erkranken konnten – selbst wenn es keine bekannten Grunderkrankungen gab. In China mussten bis 11. März 2020, dem Tag, wo die WHO den Corona-Ausbruch zur Pandemie erklärte, 6 von 366 infizierten Kindern in ein Krankenhaus eingeliefert werden – alle waren davor gesund. Hochgerechnet auf die jeweilige Gesamtbevölkerung der einzelnen Länder waren das viele tausend betroffene Kinder.

Ist Covid19 für Kinder harmloser als die Grippe oder RSV? Karl Zwiauer, Kinderarzt und Mitglied des Nationalen Impfgremiums, war im September 2021 noch der Meinung: „Wir kennen keine Kinderkrankheit, die so belastend ist wie die Covid-Erkrankung.“

Es ist richtig, die Mehrzahl der Infektionen verläuft mit harmlosen Symptomen oder komplett symptomfrei. Das war allerdings auch bei Poliomyelitis der Fall, wo 72% der Infektionen asymptomatisch verlaufen sind. Bei 5-10% der symptomatischen Verläufe war das Zentralnervensystem beteiligt mit einer aseptischen Meningitis, nur bei 1% traf die gefürchtete paralytische Poliomyelitis auf, die “klassische Kinderlähmung”. In den 60ern startete eine große Impfaktion, seit 2002 gilt Europa als poliofrei.

Immunität

Gegenüber Erwachsenen ist die Immunität gegen Infektionen bei Kindern und Jugendlichen kurzlebig (Bloise et al. 2021), die T-Zellen-Immunität jedoch beständig.

Schwere Akutverläufe

Anteil der Covid-bedingten Hospitalisierungen mit Vorerkrankungen bei Kindern und Jugendlichen (5-17 Jahre) nach Altersgruppe zwischen Januar und Juni 2023 (XBB-Varianten) in den USA. Mehr als die Hälfte der betroffenen Kinder war zuvor gesund, die häufigsten Vorerkrankungen waren Frühgeburt und Asthma, beides ist relativ häufig, die Mehrheit war nicht vollständig geimpft, bei den unter 4jährigen waren 86% ungeimpft, Quelle: NCIRD, 12.09.23

abhängig von den Varianten:

  • In England sind während der ersten 12 Monate der Pandemie 61 Kinder und Jugendliche bis 18 Jahren wegen SARS-CoV2 verstorben
  • Vor Omicron betrug die Fallsterblichkeit bei Kindern 0-2%, die 2% bei hospitalisierten Kindern (Nikolopoulou and Maltezou 2022)
  • Die meisten Todesfälle betrafen die ersten 30 Tage nach der Infektion und vor allem Kinder mit spezifischen Vorerkrankungen (Bertran et al. 2022). Zu diesem Ergebnis kam auch eine Studie aus Deutschland, allerdings traf das nicht bei dem Multientzündungssyndrom MISC/PIMS zu, das mehrheitlich Kinder ohne Vorerkrankungen betrifft. (Sorg et al. 2022).
  • Im Vergleich zu Influenza und Parainfluenza war auch BA.2 neuropathogener und die oberen Atemwege stärker betroffen (Tso et al. 2022)
  • Omicron-Varianten sorgen für mehr Fieber und Lungenerkrankungen als Alpha. Schwere Verläufe treten nicht häufiger auf, aber auch nicht viel seltener (Sumner et al. 2023)
  • In Japan sind mit Ausbreitung der Omicron-Varianten mehrere gesunde Kinder verstorben, darunter vier Kinder unter einem Jahr.
  • Die Todesfälle bei Kindern zwischen 1 und 17 Jahren stiegen im Jahr bis zum 31.03.23 im Vergleich zum Vorjahr um 16% (Elisabeth Mahase 11/2023).
Abb.1 Von den bekannten Atemwegsinfekten seit den 90er Jahren hat nur Covid19 mehr als 100 US-Kinder einem Monat getötet. Alleine während DELTA und OMICRON alleine kam das drei Mal vor. In den USA zählt Covid19 zu den führenden Todesursachen bei Kindern und Jugendlichen unter 19 Jahre (Flaxman et al. 2022, Flaxman et al. 2023).

Österreich

Laut Zurl und Strenger (2023, S. 21) gab es im Zeitraum März 2020 bis November 2022 insgesamt 6583 Patienten im Alter von 0 bis 19 Jahren mit insgesamt 6978 stationären Aufenthalten, die meisten Aufnahmen gab es bei Kleinkindern (0-4 Jahre) mit 3552 PatientInnen, deren Anteil die letzten Jahre kontinuierlich gestiegen ist. Im Schnitt lagen sie zwei Tage auf der Normalstation (Erwachsene sieben Tage), Intensivaufenthalte gab es bei 521 PatientInnen (7,8%) und 15 Todesfälle wurden registriert. Bei 3% der PatientInnen hat man MIS-C festgestellt, wobei der Anteil mit Delta und Omicron-Varianten zurückging.

Deutschland

Zwischen März 2020 und November 2022 waren rund 27% der schweren Verläufe bei Kindern und Jugendlichen mit Grunderkrankungen, am häufigsten Übergewicht, neuromuskuläre Krankheiten, Frühgeburt und Magendarm-, Herz- und Atemwegskrankheiten. 3% wurden intensivpflichtig, als Hauptrisikofaktoren hierfür galten Alter (1-4 Jahre und über 12 Jahre), Übergewicht, neuromuskuläre Erkrankungen, Trisomie 21 und andere genetische Syndrome, Koinfektionen zur Zeit der Hospitalisierung. (Doenhardt et al. 01/2024).

Risikofaktoren

Megan et al., Epidemiology of COVID-19 in Infants in the United States: Incidence, Severity, Fatality, and Variants of Concern – sehr niedrige Impfraten, und ständige Virusexposition deuten auf ein beständiges Problem der Öffentlichen Gesundheit hin, Impfung der Mutter und Kleinkind sehr wichtig (12/2023)

Ein höheres Sterberisiko haben Kinder mit Immunschwäche (Abolhassani et al. 2022) und Downsyndrom (Clift et al. 2020). Das heißt im Umkehrschluss: Ohne Schutzmaßnahmen in Bildungseinrichtigungen schließt man kranke und behinderte Kinder vom Sozialleben aus.

Wilde et al. (05.07.23) haben untersucht, wie viele von 3,2 Millionen infizierten Kindern in England ins Krankenhaus mussten – es waren knapp 30 000. Davon mussten 1710 intensivmedizinisch behandelt werden. 70 Kinder starben. Buben, Kleinkinder und ethnische Minderheiten hatten ein höheres Risiko für einen Spitalsaufenthalt.

Übersterblichkeit

Daten aus den USA: Monatliche Änderungen in der Pandemie, verglichen mit 2015-2019. Mit Omicron starben im Jänner 2022 mehr Kinder in einem Monat als mit Influenza im ganzen Jahr. Am stärksten betroffen sind jetzt die jüngsten und am wenigsten Geimpften. Schutzmaßnahmen haben auch andere Kindersterblichkeitsursachen im ersten Pandemiejahr zurückgefahren. Nahezu alle Schulen in den USA waren ab Frühling 2021 wieder 100% in Präsenz. Unmittelbar nach der Zwangsdurchseuchung schoss die Übersterblichkeit bei 5-17jährigen in die Höhe