In Kalenderwoche 4 gab es einen starken Anstieg der RSV-Fälle (22%), Influenza dominiert mit 31%, Rhinoviren 7% und nur 4% SARS-CoV2, n = 321

Die gute Nachricht ist, dass SARS-CoV2 weiter zurückgeht und nurmehr in 4% der Sentinelproben gefunden wird. Das ist der niedrigste Stand seit dem Frühsommer. Die schlechte Nachricht ist: In den Abwasserdaten, die wohl repräsentativer für die Gesamtbevölkerung sind, bewegen wir uns in der Sohle der letzten Winterwelle, bevor die XBB.1.5-Welle zugeschlagen hat – von der Frühsommersohle 2023 sind wir weit entfernt. Das Ansteckungsrisiko mit SARS-CoV2 ist also nicht Null, auch wenn jetzt Influenza und RSV dominieren.

Der kanadische Arzt Raj Bhardwaj entlarvt in diesem Interview Mythen über das vermeintlich harmlos gewordene Covid. Die Behandlung sei nicht einfacher, sondern komplizierter werden. Statt vor allem mit schweren Lungenerkrankungen kämen Patienten jetzt mit multisystemischen Problemen, Herz, Lunge, Niere, Fatigue, Dehydrierung. Bei leichten Verläufen sind es typische grippale Symptome, aber ….

„It’s not the surface symptoms that are the real problem. They feel not too bad. It’s the problem that – including JN.1 – does through the rest of your body, hacking the tissue and causing increased risk of blood clots and diabetes and brain problems and things like that.“

…es sind eben die Spätfolgen, die uns weiterhin beunruhigen sollten, sobald sich das Virus im Körper ausbreitet und jedes Organ attackieren kann. Zu abgelaufenen Schnelltests sagt er, man solle das pragmatisch sehen, solange man die Grenzen der Aussagekraft kenne. Solang die Kontrolllinie deutlich zu sehen ist, funktioniert der Test. Wichtiger sei, nach einem negativen Test regelmäßig nachzutesten.

Bei Influenza zeichnet sich nach der Rekordsaison 2022/2023 erneut eine starke Saison ab.

„Sind relativ wenige Menschen … in der vergangenen Saison mit dem Virus in Kontakt gekommen, häufen sich die Fälle in der darauffolgenden Saison“

Infektiologe Helmut salzer, linz

Das ist wahrscheinlich missverständlich formuliert und bezieht sich nicht auf vermeintliche Immunschuld, sondern auf den Virusstrang. Letztes Jahr dominierte Influenza A (H3N2), gefolgt von B, heuer bisher A (H1N1). Das Problem ist aber, dass Menschen, die im Vorjahr mit H3N2 krank wurden, heuer nicht gegen H1N1 immun sind. Daher sind zeitnahe Impfauffrischungen so wichtig (Krammer 2019), aber genau da ist Österreich extrem nachlässig.

Neuigkeiten zu SARS-CoV2

Selbst wenn ich manchmal mitten im Raum stehe, erkennt mich keiner.

„Wer die Gesundheit aufgibt, um die Wirtschaft zu schützen, wird am Ende beides verlieren.“ (abgewandelt nach Benjamin Franklin)

Wir erleben mitten im Hochwinter einen starken Rückgang der SARS-CoV2-Welle in Österreich, aber in Australien, wo derzeit Hochsommer mit Höchstwerten über 40 Grad herrscht, werden im Bundesstaat New South Wales mit mehr als 400 wöchentlichen Spitalsaufnahmen die höchsten Zahlen seit einem Jahr erreicht. Ich werde das Thema Saisonalität so oft adressieren, bis es Euch zu den Ohren heraushängt – SARS-CoV2 ist nicht saisonal!

Ein großes Problem nach Abschaffung aller Schutzmaßnahmen im Gesundheitswesen ist die Zunahme an im Krankenhaus erworbenen SARS-CoV2 und auch Influenzafällen. In der Schweiz ist bereits je ein Viertel der schweren Verläufe im Spital erworben worden (Quelle: BAG, BFS).

Die Behauptung, dass der Anstieg der Krankenstände alleine auf Pandemiemaßnahmen zurückzuführen sei, ist Bullshit. Es ist die Durchseuchung mit SARS-CoV2. Hunderttausende sind alleine in Deutschland an LongCOVID erkrankt.

Die Meldung, dass die hohe Zahl der Krankenstände in Deutschland die Hauptursache für die Rezession 2023 war, verbreitete sich international. Auch wenn penibel versucht wird, SARS-CoV2 als Ursache nicht zu erwähnen, steckt dort der Schlüssel für die hohen Krankenstandszahlen. Der effektivste Weg, die vielen Krankenstände zu vermeiden, ist Prävention – weniger Ansteckungen und durch hohe Durchimpfungsrate weniger schwere oder langwierige Verläufe. Das gilt nicht nur für SARS-CoV2. Vergleiche mit der Pandemie der Spanischen Grippe 1918 haben schon im ersten Pandemiejahr aufgezeigt, dass härtere Gegenmaßnahmen langfristig zu besseren wirtschaftlichen Ergebnissen führt. Für SARS-CoV2 wurde das später in Studien bestätigt (Oliu-Barton et al. 2021, Czypionka et al. 2022, Correia et al. 2022), die bis heute von Österreichs Entscheidungsträgern in Politik, Wirtschaft und Gesundheitsbehörden ignoriert werden. Je länger man mit Prävention wartet, desto mehr stapeln sich chronisch Kranke und desto tiefer wird der Abstieg. In Österreich-Ungarn dauerte die Rezession nach der Russischen Grippe 15 Jahre. Erschwerend kommen jetzt die hohe Inflation und der demografisch bedingte Arbeitskräftemangel hinzu. Dieser wird sich auch nicht verbessern, wenn man arbeitslosen, chronisch kranken Menschen die soziale und finanzielle Absicherung entzieht.

Treffender als User @elhotzo (Twitter) kann ich diese krampfhaften Ablenkungsversuche zum Zusammenhang zwischen Krankenständen und Pandemie nicht ausdrücken:

„das kann unmöglich an realen Dingen wie „einer gottverdammten Pandemie“ oder „komplette Überarbeitung von Menschen in Branchen mit Personalmangel“ liegen, es muss die allgemeine Faulheit der Gen Z oder die Woken oder sowas sein.“

Ich erlebe aus erster Hand, wie um steigende Krankenstände herumlaviert wird, weil niemand das Wort Pandemie, SARS-CoV2 oder gestiegene Infektanfälligkeit in den Mund nehmen will. Mit dieser strikten Tabuisierung schadet man sich am Ende noch selbst, wenn man Scheinursachen benennt und falsche Maßnahmen dagegen setzt.

Heuer gab es bereits 27 Ski-Unfälle im Profisport, darunter sind auch viele Skifahrer, die trotz Infekt gestartet sind und dann schwer stürzten.

SARS-CoV2 macht unterdessen das, was es am besten kann, wenn man dem Virus so viel Spielraum lässt wie jetzt durch Reiseverkehr wie 2019 und keinerlei Schutzmaßnahmen oder Verantwortungsbewustsein: Es mutiert weiter.

  • In Brasilien wurde am 29. Jänner eine JN.1-Variante mit den Mutationen K444R und Y453F entdeckt. Bisher hatte JN.1 relativ wenig ACE2-Bindung, aber Y453F erhöht diese enorm.
  • In Südafrika wurde ein 2 Monate altes (!) Sample mit einer erneut stark mutierten BA.2-Variante entdeckt: BA.2.15 – der Umstand, dass seitdem keine weiteren Sequenzierungen davon gefunden wurden, spricht dagegen, dass es einen deutlichen Wachstumsvorteil gegenüber JN.1 hat. Es zeigt aber, dass der evolutionäre Spielraum von SARS-CoV2 noch lange nicht ausgeschöpft ist. Evolutionäre Sprünge mit Wachstumsvorteil wie BA.1 oder JN.1 können jederzeit passieren.
  • In Japan wurde gemeldet, dass mit absteigendem JN.1 die Eris+FLip-Variante HK.3 über 50% Anteil erreicht hat. Allerdings ist das Sample klein und nicht aussagekräftig. Anzeichen dafür, dass sich bei uns im Hintergrund eine neue (oder ältere) Variante durchsetzt und wieder zu steigenden Fallzahlen führt, gibt es derzeit nicht.

In Summe ein paar klare Aussagen:

  1. Früher oder später wird es eine weitere stark mutierte Variante schaffen, eine weitere Infektionswelle auszulösen – unabhängig der Jahreszeit.
  2. Eine kürzlich aufgefrischte Impfung bietet einen besseren Schutz als gar keine Impfung.
  3. Eine kürzliche Infektion mag zwar eine gewisse Immunität für wenige Monate gegen SARS-CoV2 bietet, macht aber anfälliger für schwere Verläufe bei RSV, Influenza und z.B. auch Scharlach (bei Kindern)
  4. Infektionen vermeiden ist nie ein Fehler.
  5. Das Risiko, dass jemand mit Symptomen derzeit SARS-CoV2 hat, ist so gering wie seit einem halben Jahr nicht mehr. Gleichzeitig sind Influenza und RSV deutlich weniger ansteckend als SARS-CoV2, verursachen aber derzeit in den Spitälern schwerere Akutverläufe als SARS-CoV2.
  6. Es sind die Langzeitfolgen bei SARS-CoV2, die beunruhigen, nicht die akute Symptomatik – wobei immungeschwächte Personen weiterhin langwierige akute Verläufe entwickeln können, die mehrere Wochen andauern.