False Balance

“Es gibt das generelle Medienproblem mit dieser False-Balance-Sache. Man setzt drei Leute mit dieser Position rein und drei mit jener. Obwohl die erste Position von kaum jemandem vertreten wird, während sich in der Forschung praktisch alle längst auf die zweite Position einigen konnten. Ich gehe auch auf keinen Geologiekongress und lade dort zehn Flacherdler ein, nur weil es die auch gibt. Die Aufgabe des Journalisten ist, dass er Dinge fundiert einordnet und vermittelt.” (Martin Moder, DerStandard, 16.07.21)

  • Falter-Wissenschaftsjournalist Kurt Langbein brachte im Sommer in einer Beilage verharmlosende Aussagen u.a. auch von Public-Health-Wissenschaftler Andreas Sönnichsen, der gemeinsam mit Haditsch, Fiala und Schubert Corona verharmloste. Langbein war als Co-Autor an einem populistischen Buch über Medizin beteiligt, wo ebenfalls AIDS geleugnet wird, und sie sich dabei auf Fiala berufen.
  • Falter-Kolumnist Peter Michael Lingens (Ex-Profil-Chefredakteur und Herausgeber), schrieb mit AIDS-Leugner und Corona-Leugner Christian Fiala ein gemeinsames Buch über AIDS, wo viele Fakten geleugnet werden. Lingens tendiert zu verharmlosenden Aussagen zur Pandemie und die Wortwahl ist zum Teil rassistisch (abwertend gegenüber Migranten).
  • Falter-Journalistin und Historikerin Barbara Tóth, seit dem Frühling 2020 Befürworterin des Schwedischen Weges, mit verharmlosenden Aussagen zur Rolle der Kinder im Infektionsgeschehen und undifferenzierten Forderungen nach offenen Schulen (ohne ausreichend Schutzmaßnahmen)
  • HEUTE-Chefredakteurin Eva Dichand ist neue Vorsitzende des Universitätsrates der MedUni Wien, die HEUTE ist eine “Gratis-Zeitung” in Wien, Niederösterreich und Oberösterreich, und ein klassisches Boulevardblatt mit False-Balance in der Pandemie
  • Der preisgekrönte ZiB2-Anchorman Martin Thür befand am 15.01.23 auf Twitter, dass PRESSE-Journalist Köksal Baltaci die “stabilste Berichterstattung” in der Pandemie abgeliefert hat. Baltaci befand in seinem PamS-Leitartikel (das, was vor der Paywall zu lesen war…): “Es war nur eine Frage der Zeit. Nachdem Gesundheitsexperten wie etwa der deutsche Virologe Christian Drosten und der österreichische Komplexitätsforscher Peter Klimek die Pandemie für beendet erklärten, preschen nun auch Gesundheitsminister Johannes Rauch und Bundeskanzler Karl Nehammer vor. So langsam könnten alle Regeln aufgehoben werden – auch die Meldepflicht für Covid-19. Damit wäre das Ende der Pandemie quasi amtlich. Als Zeithorizont für die endgültige Rückkehr zur Normalität wird das erste Halbjahr genannt. Dass sogar Wiens Gesundheitsstadtrat, Peter Hacker, Miterfinder des restriktiven „Wiener Wegs“, diesen Fahrplan für umsetzbar hält, verdeutlicht die breite Zustimmung zur Erkenntnis, wonach mit Sars-CoV-2 künftig anders umgegangen werden muss. Und zwar wie mit jedem anderen Erkältungsvirus, das regelmäßig für Infektionswellen sorgt, das aber die Krankenhäuser nicht an ihre Kapazitätsgrenzen bringt. […]”

Politische Abhängigkeit des ORF

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Österreich produziert vier Fernseh-, drei bundesweite und neun regionale Radioprogramme. Er ist der größte Genossenschafter der Österreichischen Presseagentur (APA) und als Stiftung organisiert. Der ORF hat einen Bildungsauftrag und finanziert sich seit 2024 über eine allgemeine Haushaltsabgabe wie in Deutschland.

Der Stiftungsrat leitet und kontrolliert den ORF, und wählt den Generaldirektor. Der Publikumsrat wahrt die Interessen der Hörer und Seher.

Politische Einflussnahme:

  • 24 der 35 Stiftungsräte werden von Bundesregierung, Landesregierungen und Parlamentsparteien ausgewählt, 6 vom Publikumsrat – weitere Stiftungsräte stellen Parteiakademien und Sozialpartner – damit lassen sich 32 von 35 Stiftungsräten direkt oder indirekt Parteien zuordnen. ÖVP-nahe Stiftungsräte haben derzeit die alleinige Mehrheit für alle wesentlichen Entscheidungen.
  • Der Generaldirektor wird vom Stiftungsrat mit einfacher Mehrheit gewählt und Zweidrittelmehrheit abgewählt, derzeit Roland Weißmann – Wunschkandidat der ÖVP
  • Vor der Bestellung der Direktoren bei den ORF-Landesstudios muss eine Stellungnahme des jeweiligen Landeshauptmanns eingeholt werden.
  • Der Publikumsrat besteht aus 17 vom Bundeskanzler in Vertretung der Medienministerin bestellten Mitgliedern, 13 kommen von Parteiakademien, Kammern und Gewerkschaften

Zusammensetzung Publikumsrat (Stand, Februar 2024)

Zur Repräsentativität des Publikumsrats gab es bereits mehrfach Kritik und auch Beschwerden, u.a. von ZiB2-Anchorman Armin Wolf selbst, von der Universitätenkonferenz.

ÖVP-nah:

  • Markus Hengstschläger (Hochschulen) – vorgeschlagen vom Verein Academia Superior (ÖVP-naher Thinktank)
  • Petra Stolba (Touristik)
  • Michaela Krömer (Umweltschutz)
  • Sophie Matkovits (Jugend)
  • Michael Meyer (Konsumenten, Dachverband heimischer Spendenorganisationen)
  • Elisabeth Kern (Schüler) – aus der ÖVP-nahen Schülerunion
  • Maria Neisser (Ältere Menschen) – Bundesvorstand des ÖVP-Seniorenbunds
  • Michael Walchhofer (Sport) – hat für die ÖVP die Sportagenden im Regierungsprogramm verhandelt.
  • Bernhard Wiesinger (Harvard) (Kraftfahrer) – begann als politischer Referent in der ÖVP-Zentrale
  • Walter Marschitz (Eltern bzw. Familie) – war Geschäftsführer der Julius-Raab-Stiftung und des ÖVP-nahen Hilfswerks – Vorsitzender des Publikumsrats
  • Andreas Kratschmar (Politische Akademie, ÖVP)
  • Johann Baumgartner (Kunst) – Junge ÖVP Graz
  • Florian Brungraber (Behinderte Menschen) – ÖVP-Freistadt? (Bruder Roman ist ÖVP-Bürgermeister)
  • Sonja Horner (WKO) – Ex-Pressesprecherin von Harald Mahrer (ÖVP)

In Summe stammen 14 von 30 Mitgliedern im Publikumsrat von der ÖVP, 3 von den Grünen, 1 FPÖ und 12 von anderen Parteien bzw. sind unabhängig. Die Mehrheit vertrat also die Regierungspolitik in der Pandemie bzw. eine kontrafaktische Ausrichtung (19 inklusive Neos). Das einzige Mitglied mit naturwissenschaftlichem Hintergrund ist Universitätsprofessor und Internist Dr. Siegfried Meryn.

Der Vorsitzende für den Beschwerdeausschuss vom Publikumsrat ist Bernhard Wiesinger (ÖVP), Leiter der ÖAMTC-Interessensvertretung, stv. Vorsitzende ist Barbara Nepp (FPÖ).

Im Beschwerdeausschuss sitzen 12 Mitglieder, darunter sind vier der ÖVP zuzuordnen, 1 den Grünen – niemand von den 12 hat einen naturwissenschaftlichen oder medizinischen Hintergrund.

ORF-Gesetz und Verhaltenscodex

Es gibt ein staatliches ORF-Gesetz mit einem öffentlich-rechtlichen Kernauftrag für den ORF, u.a. in § 4 (1) 19 steht geschrieben:“die angemessene Berücksichtigung und Förderung sozialer und humanitärer Aktivitäten, einschließlich der Bewusstseinsbildung zur Inklusion von Menschen mit Behinderungen in der Gesellschaft und am Arbeitsmarkt.“Zudem gibt es einen Verhaltenscodex für ORF-Redakteure, dessen Einhaltung vom Ethikrat kontrolliert wird. Der ORF-Ethikrat wird paritätisch vom Generaldirektor und vom Redakteursrat beschickt.