Vorwort

Ich blogge seit Jahren über die Pandemie, über politische Entscheidungen, über Desinformation, über das Ausmaß der Folgen und über wesentliche Daten und Fakten, die es erleichtern, sich und andere zu schützen. In all den Jahren war mir aber immer bewusst, dass ich ein Laie in diesem Themenfeld bin und mir viel Wissen nur oberflächlich erarbeiten konnte neben einem Vollzeitjob. Ein besonders kontrovers diskutiertes Thema ist der schädliche Einfluss einer SARS-CoV2-Infektion auf das Immunsystem. Während die Zielgröße „Intensivbettenkapazitäten“ relativ leicht durch Studien betrachtet werden kann, ist es bei „Spätfolgen durch eine Corona-Infektion“ erheblich schwieriger, klare Aussagen zu treffen. Jemand erkrankt durch Covid schwer, muss an die künstliche Sauerstoffzufuhr, das lässt sich mit Daten gut nachvollziehen. Jemand erkrankt durch Covid leicht, kuriert sich zuhause aus, und erleidet ein paar Monate später einen Schlaganfall, ist aber auch starker Raucher und übergewichtig, und hatte dazwischen vielleicht noch eine andere Infektion oder Grunderkrankung, da ist der Zusammenhang schon schwerer nachweisbar.

Ich bin nach der Zusammenschau der bisherigen Studien kein Anhänger der „airborne AIDS„-Hypothese, wonach jede Infektion irreparable Schäden am Immunsystem verursachen und dauerhaft anfälliger für virale und bakterielle Infektionen machen würde. Ich sehe keine Hinweise dafür, dass in Österreich die Rekordwellen mit Influenza, Keuchhusten und Masern durch vorherige SARS-CoV2-Infektion und geschwächte Immunsysteme verursacht worden wären. Schon vor der Pandemie hat eine Modellstudie gezeigt, dass bereits eine 5%ige Reduktion der MMR-Impfrate bei Kindern zu einem 3fachen Anstieg der jährlichen Masernfälle führen kann (Lo and Hotez 2017). In Österreich ist die jährliche Impfquote bei Influenza besonders niedrig (unter 20%) und dank vielen Impfgegner-Propaganda in den letzten Jahren ohne große Aufklärungskampagnen sind die Impfquoten generell zurückgegangen.

Hinzu kommen Verhaltensänderungen in der Bevölkerung, die vier Jahre nach Pandemiebeginn mehr Rücksichtslosigkeit und Gleichgültigkeit gegenüber Infektionskrankheiten suggerieren als vor der Pandemie. Steigende Tuberkulose-Zahlen werden auf die Unterbrechung der Test- und Behandlungsprogramme durch die Pandemie zurückgeführt, sagt dieser WHO-Bericht. Es gibt derzeit keine ausreichende Belege dafür, dass SARS-CoV2 das Immungedächtnis ähnlich löscht wie Masern und opportunistische Infektionen ähnlich schlecht abwehren kann wie nach HIV. HIV-Experte Robert Zangerle sieht opportunistische Infektionen bei SARS-CoV2 nur in Zusammenhang mit Intensivpatienten und Cortisontherapie (Immunsuppression) – er lehnt wie viele andere eine Gleichsetzung von SARS-CoV2 mit HIV entschieden ab (persönliche Mitteilung). Es ist auch nicht jede Krebsdiagnose auf SARS-CoV2 zurückzuführen – viele schwerwiegende Diagnosen geschehen weiterhin unabhängig von Virusinfektionen.

Molekularbiologe Emanuel Wyler meinte einmal, wenn man sich eine Skala vorstellt vom vergleichsweise harmlosen Rhinovirus am einen Ende und HIV am anderen Ende, befindet sich SARS-CoV2 in Sachen Immunschäden etwa in der Mitte.

Es gibt keine Immunschuld

Nach der schrittweisen Rücknahme der Kontaktbeschränkungen und Schutzmaßnahmen wie Testsysteme, Kontaktrückverfolgung, Isolation, Quarantäne (TTIQ) und Maskenpflicht sowie in weiterer Folge Ende der telefonischen Krankmeldung, Homeoffice-Möglichkeit und Risikogruppenfreistellung sind die Infektionszahlen von anderen respiratorischen Erregern sprunghaft angestiegen und bis heute auf einem überdurchschnittlichen Niveau verglichen mit den Jahren vor der Pandemie. Weltweit belegt ist eine Zunahme an Krankenständen, die gleichzeitig verantwortlich für Arbeitskräftemangel, wirtschaftliche Einbrüche bis hin zur Rezession sind – die Zunahme ist vorwiegend auf SARS-CoV2, akute Krankenstände und LongCOVID zurückzuführen.

a) Die Leute sind ständig krank, weil ihr Immunsystem durch SARS-CoV2 geschwächt wurde.

Anekdotisch ist es nach Haus-, LongCOVID- und Fachärzten durchaus so, dass nach COVID mehr Infekte „aufgeschnappt“ werden als davor. Nur müsste man das noch mehr in Studien erfassen. Bisher ist es v.a. für bakterielle Infektionen nachgewiesen. Unklar ist, ob die Zunahme an impfbaren Erkrankungen nur an der sinkenden Impfrate (unter die Herdenimmunitätsschwelle) liegt, oder auch hier Immunschäden durch Corona beteiligt sind.

In meinem Blogartikel vom 19.03.24 habe ich eine weitere Theorie genannt – statt Vulnerabilität kann man auch Exposition anführen. Ohne Maßnahmen und mit mangelndem Bewusstsein, krank zuhause zu bleiben steigt die Wahrscheinlichkeit, auf infektiöse Kontakte zu treffen, insbesondere bei wieder normalisiertem Sozialleben und Situationen mit Menschenansammlungen wie Feste, Feiern, Nachtleben und Konzerte, aber auch Schulunterricht bei schlechter Luftqualität. Ich schaue jetzt übrigens genauer hin. Früher wären mir die respiratorischen Symptome bei anderen weniger aufgefallen. Es gab damals auch keine Abwasserwerte, sondern maximal Hochrechnungen grippaler Infekte durch Sentineldaten. Hier und da mal ein Zeitungsbericht über Unterrichtsausfall durch Influenza. Ich kenne aber nicht von jedem einzelnen die Krankengeschichte – in der Praxis müsste man mithilfe der Krankenstandstage bzw. verschriebene Medikamente für respiratorische Infekte nachweisen, ob unabhängig von SARS-CoV2 mehr Menschen krank sind und insbesondere, ob jene, die vorher nie krank waren, jetzt häufiger krank sind. Das müsste man systematisch erfassen.

b) Die Leute sind ständig krank, weil ihr Immunsystem durch Maske tragen und mangelnde Exposition geschwächt wurde

Das ist natürlich Unsinn. Das Immunsystem ist kein Muskel und kann nicht trainiert werden. Es ist daher nicht geschwächt, weil wir 2020 und 2021 weniger Infektionen durchgemacht haben. Es ist täglich zig Millionen Mikroben ausgesetzt, durch das es aktiv bleibt. Manche Krankheitserreger bleiben lebenslang bestehen, wie Herpesviren und halten das Immunsystem auf Trab. Eher führt der jahrzehntelang Kampf mit dem Herpesvirus Zytomegalovirus zur Erlahmung des Immunsystems mit zunehmenden Alter. Wenn man längere Zeit Infektionen meidet, geht die spezifische Immunität gegen bestimmte Eerreger verloren, aber bestenfalls frischt man sie sich mit Impfungen auf, wenn es diese gibt, und nicht mit der Infektion.

Gegen zahlreiche Erreger gibt es nur eine kurzlebige Immunität und man kann sich mehrmals pro Jahr anstecken, weil die Erreger häufig mutieren oder eben nur eine kurzzeitig sterile Immunität auslösen (oder beides), etwa Streptokokken, andere Coronaviren oder Rhinoviren.

Das Immunsystem

Wie das Immunsystem funktioniert, zeigt dieses Video der Immunologin Akiko Iwasaki recht anschaulich.

Zu respiratorischen Viren, bakteriellen Infektionen und anderem Gschnas hab ich ein eine eigene Seite angelegt. Ich stehe da aber erst am Anfang.

Immunsystem und Stress

Human function curve von P. Nixon, im Stress überwiegt der „fight/flight-modus“, im katabolischen Zustand gibt es keine ausreichende Regeneration mehr, Killerzellen werden ungenügend nachgebildet.

„Stress alleine reicht nicht aus, um Infektionen zu begünstigen (wie bei einem Immundefekt), es braucht immer den infektiösen Erreger. Dabei kommt es auf die Art des Erregers, die Viruslast und die körperliche Verfassung an. Stress kann diese verändern. Menschen sind nach größeren Stressereignissen häufiger symptomatisch krank als ohne, aber auch im Hinblick auf Diabetes, Bluthochdruck, etc. spielt es eine Rolle, ebenso schlechter Schlaf. Nach großem Stress ist das Risiko, überhaupt zu erkranken erhöht, so wie bei chronisch schlechtem Schlaf, weil es dadurch zu chronischen subakuten entzündlichen Prozessen kommt. Aber nicht im pathophysiologischen Sinn wie bei SARS-CoV2. Mehrfache Infektionen geschehen immer durch neue Varianten und ausreichend hohe Viruslast – dann nützt auch das beste Immunsystem nichts. “ (Prof. Kathryn Hoffmann, Studien dazu im Infotalk)

EBV kann durch Stress reaktiviert werden (Stowe et al. 2000).

Eine grundsätzliche schlechtere Immunantwort ist auch ohne Virusinfekt denkbar, z.B. bei Staublunge, Mukoviscidose, hohe reaktive oxygen species/Ozonbelastung, zu hohes UV, Mangelernährung. Traumata/Stress geht auf den Cortisolspiegel, niedrige Cortisolwerte in den Nebennieren begünstigen z.B. LongCOVID.

Bei gehäuft auftretendem „Burnout“ im Umfeld mit chronisch geschwächtem Immunsystem sollte man immer auch an LongCOVID, ggf. mit PEM denken.

Theorie

Diese Unterscheidung ist wichtig, denn es gibt dutzende Studien dazu, wie Covid19 das Immunsystem schädigen kann, etwa durch Zerstörung von bestimmten Zelltypen. Doch wie wirkt sich das im Alltag bei den Betroffenen aus? Kommt es tatsächlich zu einem Anstieg von viralen oder bakteriellen Infekten? Verlaufen diese schwerer als normal? Und kann ein direkter Zusammenhang mit einer kürzlichen Covid19-Infektion nachgewiesen werden? Es ist wichtig, hier sauber zu argumentieren – die Affenpocken-Pandemie ging etwa nicht auf Covid19 zurück. HIV oder Masern sind noch einmal eine ganz andere Größenordnung, was anhaltende Immunsuppression betrifft.

Kommt es zu einer relativen oder absoluten Zunahme von schweren Verläufen bei opportunistischen Infektionen (bakteriellen Superinfektionen)? Bei einer relativen Zunahme kommt es insgesamt zu mehr Infektionen, aber der Anteil schwerer Verläufe bleibt konstant. Bei einer absoluten Zunahme nimmt der Anteil schwerer Verläufe zu, das würde veränderte Pathogenität des Erregers oder eben ein geschwächtes Immunsystem sprechen.

Lymphozyten sind ein Typ der weißen Blutzellen (Leukozyten) im Immunsystem der meisten Wirbeltiere. Die drei Haupttypen von Lymphozyten sind T-Zellen, B-Zellen und natürliche Killerzellen. B-Zellen machen Antikörper, die dem Körper dabei helfen, Infektionen zu bekämpfen. T-Zellen attackieren fremde Zellen, Krebszellen und mit dem Virus infizierte Zellen. Natürliche Killerzellen enthalten Substanzen, die Tumorzellen oder infizierte Zellen töten.

Bei Langzeitinfektionen aufgrund von Immunschwäche müsste das Virus in spezifischen Zellen persistieren, bei HIV sind es primär T-Zellen, bei EBV B-Zellen. Wenn SARS-CoV2 überall persistiert müsste, müsste man das viel häufiger nachweisen wie bei HIV.

Folgen einer SARS-CoV2-Infektion

Erste Hypothesen in Richtung Immundysfunktion gab es schon früh in der Pandemie (Li et al. 05/2020).

SARS-CoV2 infiziert Lymphozyten (Pontelli et al. 2022), indem sich die Spike-Glykoproteine direkt an das CD4-Molekül binden, welches SARS-CoV2 in T-Helferzellen eindringen lässt (Davanzo et al. 2023, Brunetti et al. 2023) , und führt zu einer Erschöpfung der T-Zellen (Bellesi et al. 2022, Vazquez-Alejo et al. 2023). Die Funktion der CD4+-T-Zellen wird gestört, in der Folge auch der CD8+-T-Zellen (Zheng et al. 2020, Pedroso et al. 2023, preprint, Omidvari et al. 2023, Gao et al. 2023). SARS-CoV2 und HIV schädigen jeweils Stammzellen, indem sie CD4+-Lymphozyten attackieren, aber über unterschiedliche Rezeptoren (Koka and Ramdass 2023). SARS-CoV2 aktiviert Lymphozyten und Entzündungsreaktionen, die Multiple Sklerose (Palao et al. 2020) und Pilzinfektionen (Moser et al. 2021) verursachen können. Lymphozyten werden langfristig und tiefgreifend geschädigt/verändert (Zhao et al. 2020, Yang et al. 2021). Das Immunsystem kann noch monatelang geschwächt bleiben, mindestens sechs Monate lang (Song et al. 2020, Perez-Gomez et al. 2021, Phetsouphanh et al. 2022, Ryan et al. 2022, Govender et al. 2022), nach einer Studie der MedUni Wien (Kratzer et al. 2024) gibt es bis zu 10 Monate nach der Infektion Veränderungen in der Immunabwehr, die zur Verringerung von angeborenen und adaptiven Immunzellen führen. (Einschränkung: Wildtyp, nur Ungeimpfte).

Auch epigenetische Veränderungen nach schweren Akutverläufen tragen zur langfristigen Schwächung des Immunsystems bei (Cheong et al. 2023, Boes and Falter-Braun 2023).

SARS-CoV2 begünstigt opportunistische Infektionen, indem sich Bakterien in den Zellen genesener Patienten stärker vermehren (Yadav et al. 2023).

Wie erkennt man eine primäre Immunschwäche bei Kindern und Erwachsenen?

Warnzeichen für primäre Immunschwäche bei Kindern und Erwachsenen McCusker et al. (2018)
  • In den USA sind ca. 6,6% der Bevölkerung immunsupprimiert – plus 3,6% seit 2013 (Martinson and Lapham 2024 – die Zunahme wird v.a. mit gestiegenem Bewusstsein begründet, weitere Ursachen sind noch nicht vollends verstanden)

Praxis

Bitte beachten: Nachfolgende Aufzählungen sind kein direkter Beleg für eine Immunschwäche durch SARS-CoV2, sondern in erster Linie Beobachtungen ohne direkte kausale Nachweise.

Doppelinfektionen

„One of the most significant findings of this study was the high proportion of co-infections observed in patients with SARS-CoV-2 infection, with almost a third of the SARS-CoV-2 positive samples being co-infected with one or more acute respiratory pathogens.“

Ruttoh et al. 11/2023

Zunahme an viralen Infektionen

Eine Infektion mit SARS-CoV2 kann das Risiko von weiteren Viruserkrankungen vervierfachen (Al-Aly et al. 2021), und kann zu gestörtem Stoffwechsel und chronischer Immunschwäche selbst zwei Jahre nach der Infektion führen (López-Hernández et al. 2023).

Eine dänische Studie zeigte allerdings keine Zunahme von schweren Verläufen durch andere Infektionen nach einer Covid-Infektion (Andersson et al. 2023, Anders Hviid Leiter der Studie).

Zunahme an lebensbedrohlichen Pilzinfektionen

Lebensbedrohliche Pilzinfektionen haben seit der Pandemie zugenommen (Najeeb et al. 2022, Morton et al. 2022, Emily Henderson 2023). Es wurde jetzt nachgewiesen, dass SARS-CoV2 die Speicheldrüsen anvisiert und die Produktion von pilzhemmenden Peptiden unterdrückt – dadurch können opportunistische Pilzinfektionen wie Candida albicans leichter auftreten (Alfaifi et al. 2024 preprint).

Zunahme an Tuberkulose-Fällen

Nach einer SARS-CoV2-Infektion treten Tuberkulose-Fälle häufiger auf (Alemu et al. 2022, n = 33), bis zu 7x häufiger nach Kumwichar und Chongsuvivatwong (2023).

Starke RSV-Welle im Jahr 2021 und 2022 Folge von SARS-CoV2 bei Kindern?

Die Durchseuchung der Kinder in den ersten Pandemiejahren hat zur Entwicklung der starken RSV-Welle 2021 und 2022 beigetragen (Wang et al. 2023), in England gibt es auch im Winter 2023/2023 bereits neue Höchststände bei schweren RSV-Verläufen (v.a. Kinder und ältere Menschen), bei Erwachsenen scheint es nicht schwerere RSV-Verläufe durch eine vorgangenene SARS-CoV2-Infektion zu geben (Zangerle in seiner Seuchenkolumne, 19.1.24).

Zunahme an Streptokokken-Fällen

Bestätigte Streptokokken A-Fälle 2022/2023, verglichen mit präpandemischen Jahren, in Kanada (Quelle)

Streptokokken-Infektionen sind deutlich angestiegen (Mizrahi et al. 2023, Nielsen et al. 2023) – zuvor wurden in Dänemark und Südengland bereits enorme Anstiege von Streptokokken bei Kindern mit Todesfolge beobachtet. In Schweden gab es auch im Winter 2023/2024 einen deutlichen Anstieg von Strep A. In Japan breitet sich eine Streptokokken-A-Gruppe mit dem gefährlichen „streptococcal toxic shock syndrome“ (SSTS) rasant aus, das 30% Sterblichkeitsrate aufweist.

„People’s immunological status after recovering from Covid-19 might alter their susceptibility to some microorganisms. We need to clarify the infection cycle of severe invasive streptococcal pyogenes diseases and get them under control immediately.“

Ken Kikuchi, Infektiologe in Tokio, im GUARDIAN (15.03.24)

Covid19 verursacht bei Kindern eine Immunschwäche sowie eine erhöhte Gefahr für schwere Verläufe bei Streptokokken-Infektion (Kvalsig et al. 2023). Miura et al. (2022) zeigten explizit, dass dendritische Zellen und Lymphozyten in den Mandel zerstört werden, wo Streptokokken A (Scharlach) bei Kindern attackiert. Bei Kleinkindern werden vermehrt bakterielle Infektionen beobachtet (Burstein et al. 2023, kleine Zahl an Teilnehmern). Dendritische Zellen werden auch zur Immunabwehr bei RSV benötigt (Jung et al. 2020).

In Dänemark wurde diese auf eine virulente Variante von Streptococcus pyogenes zurückgeführt. Die Autoren rätseln, ob es sich um Nachholeffekte handelt oder um eine virulentere Variante, beides könne aber die starke relative Zunahme nicht erklären. Überhaupt werden schwere Verläufe kaum und erst spät entdeckt, deren Ursache ist unklar. (Johannesen et al. 2023).

Bei Streptokokken pneumoniae (Pneumokokken) hat man herausgefunden, dass es keine Immunschuld gibt, weil es oft asymptomatisch bleibt, es ist also immer da. Während invasive Erkrankungen während der Lockdowns abnahmen, waren die Pneumokokkenträger-Raten nicht signifikant reduziert (Dagan et al. 2022). Mit der Rückkehr von RSV und Influenza kamen auch Pneumokokken verstärkt symptomatisch zurück. Covid erhöht die Empfänglichkeit für RSV und diese die für Pneumokokken.

Bei gewöhnlichen Coronaviren weiß man schon länger, dass sie Streptokokken-Infektionen begünstigen (Golda et al. 2011).

Vermehrt schwere Hepatitis-Fälle bei Kindern im Frühjahr 2022

Im Frühjahr 2022 wurden vermehrt schwere Hepatitis-Fälle bei Kindern beobachtet. Im September 2023 wurde schließlich der mutmaßliche Zusammenhang gefunden: Eine Kreuzreaktion mit T-Zellen erzeugt eine Autoimmunreaktion, die zu Hepatitis führt (Liu et al. 09/2023) – das erklärt, weshalb nur bei einer Untergruppe von Kindern diese schweren Symptome aufgetreten sind.

Zunahme an Herpes-Zoster-Infektionen

Herpes Zoster (Gürtelrose) trat häufiger bei allen Altersgruppen auf, und zwar bei denen, die zuvor Covid hatten. Das Risiko für schwere Verläufe war 2,8 fach höher nach einer Infektion. (Chen et al. 2023), zu allem Überfluss ist das Schlaganfall-Risiko nach Herpes Zoster erhöht (Paramesawaran et al. 2022). Menschen mit schwerem Covid-Verlauf haben ein höheres Herpes-Zoster-Risiko (Correcher-Martinez et al. 2024).

Zunahme an Sepsis

Sepsis in Verbindung mit Covid19 trat zwischen März 2020 und November 2022 bei 1,5% aller Spitalsaufnahmen auf, die Sterblichkeit ging im Verlauf des Studienzeitraums zurück (Shappell et al. 09/2023), hingegen hat virale Sepsis bei Säuglingen zugenommen.

In Europa haben sich 2022 bis Frühling 2023 mindestens 26 Kleinkinder mit einem seltenen Enterovirus-Typ infiziert, Echovirus-11 genannt, 8 Babies starben nach Organversagen und Sepsis. Die meisten Enteroviren verursachen bei Kindern sehr milde Verläufe.

Zunahme an Bartonella henselae-Infektionen mit LongCOVID

SARS-CoV2 kann zuvor asymptomatische Bartonella-Infektionen „aufwecken“. Bartonella infiziert Gefäßendothelzellen (Breitschwerdt and Kordick 2016). SARS-CoV2 kann direkt die Gefäße infizieren bzw. entzünden. Potentieller Doppeltreffer für die Blutgefäße.

Zunahme an Mycoplasma pneumoniae

Bakterielle Lungenentzündungen entwickeln sich häufig zusätzlich zu Virusinfektionen. Bakterien wie jenes, das Mycoplasma verursacht, sind gewöhnlich opportunistisch, das heißt, sie nutzen ein durch ein Virus geschwächtes Immunsystem aus. Influenza, RSV und grippale Infekte können manchmal Bronchitis oder Lungenentzündungen auslösen, ebenso Infektionen der oberen und unteren Amwege.

Mycoplasma-Anstiege gibt es vor allem in Ländern, die unterschiedliche Impfstoffe nutzen (China), unterschiedliche NPI verwenden, diese die letzten 1-2 Jahre abgeschafft haben. Größte Anstiege in USA, UK und Schweden. (Grafikquelle)

Lungenentzündungen (Mycoplasma pneumoniae) bei Kindern haben zugenommen, in Frankreich, Niederlande, Schweiz – nicht nur in China. Besonders betroffen sind immungeschwächte Personen, deren CD4-T-Zellen stark abgenommen hat (Shankar et al. 2005) – was nicht nur HIV verursacht, sondern auch SARS-CoV2. Bis Woche 50 hat sich der Anstieg in den Niederlanden fortgesetzt.

Autoimmunreaktionen durch SARS-CoV2-Infektion

Medienberichte:

Studien: