Wirksamkeit
Die Impfstoffwirksamkeit (VE) misst die relative Verringerung der Infektion/Krankheit im geimpften Zweig gegenüber dem ungeimpften Zweig. Bei VE = 1 würde das Risiko komplett eliminiert werden. Eine VE von 50% bedeutet ein um 50% verringertes Risiko krank zu werden gegenüber einer ungeimpften Person, oder eine 50%ige Chance krank zu werden, wenn man so viel Virus ausgesetzt wurde, dass es ausgereicht hätte, eine ungeimpfte Person krank zu machen.
Die VE wird noch unterteilt in VE gegen Infektion (sterile Immunität) und VE gegen schweren Akutverlauf. Die meisten Phase-III-Studien messen zuerst die VE gegen Erkrankung, dann gegen Infektion und schwere Akutverläufe.
Im englischen Sprachgebrauch unterscheidet man praxisnahe effectiveness von efficacy unter Laborbedingungen.
Wichtig:
Wenn Experten behaupten, das Virus würde harmloser werden, wird damit die Impfwirksamkeit kleingeredet, denn die sorgt primär dafür, dass es für die infizierten Personen im Durchschnitt leichter verläuft und nicht das so rücksichtsvolle Virus. Das ist gut daran zu sehen, dass länger nicht aufgefrischte Patienten eher schwere Verläufe erleiden.
Mit dem ständigen Verweis auf die hohe Immunität der Bevölkerung, wohlwissend, dass eine Minderheit nurmehr impfen geht, normalisiert man Reinfektionen als Benefit. Dabei sollte man Virusinfektionen generell vermeiden. Sie tun dem Immunsystem nichts Gutes.
Aktuelle Empfehlungen
Derzeit zugelassen ist in Europa nur der Pfizer (mRNA)-Impfstoff angepasst auf JN.1 – Impfstoffe gegen frühere Varianten sollten nicht verimpft werden (Stand 25.08.24)
Impfplan Österreich (01.10.2024)
Center of Disease (CDC) (USA, 23.08.24)
Australien (09.08.24)
Wesentlicher Unterschied zwischen Australian/CDC und ECDC/NIG/STIKO ist, dass der Gesamtbevölkerung ab sechs Monaten aufwärts ein Booster empfohlen wird, bei Influenza ähnlich – in Europa nur Risikogruppen und ältere Menschen, Kinder teilweise gänzlich ausgenommen. Hauptgrund dafür ist wahrscheinlich die unverändert falsche Zielgröße, schwere Akutverläufe zu verhindern, während LongCOVID weiterhin ignoriert wird (EMA/ECDC, 2023).
Grundsätzliche Aussagen
Sinn und Zweck einer Impfung
Alle Corona-Impfstoffe haben das gleiche Ziel: Der Körper soll lernen, die Spike-Proteine zu erkennen, die auf der Oberfläche von SARS-CoV2 sitzen. Das Virus nutzt sie, um in menschliche Zellen einzudringen und sich dort zu vermehren. Spike-Proteine sind Antigene, also molekulare Strukturen, an die sich Antikörper nach einer erworbenen Immunantwort (Infektion oder Impfung) binden. Das Immunsystem erkennt sie als fremd und bekämpft sie. Die Impfung sorgt dafür, dass das Immunsystem das Virus erkennt, bevor es sich im Körper vermehren kann. Impfstoffe verschaffen dem Körper also einen Vorsprung, bevor es Kontakt mit dem Virus hat.
Vektor-, mRNA- und Proteinimpfstoffe
Der Vektorimpfstoff von Astra Zeneca hat sich als weniger wirksam erwiesen als mRNA von Pfizer/Moderna oder Proteinimpfstoffe wie Sanofi oder Novavax.
Derzeit (Stand 25.08.24) werden mRNA– und Proteinimpfstoffe verimpft. Die Spike-Proteine werden dabei dem Virus nachgebaut. Die mRNA-Impfung liefert die Spike-Proteine nicht direkt, sondern nur einen Bauplan für sie, durch die messenger RNA. Der Körper kann sich die Spike-Proteine damit selbst herstellen. Die mRNA wird für die Impfung in eine Hülle aus winzigen Fettkugeln verpackt und ist bei der Anlieferung zur Zellaufnahme geschützt. Protein-Impfstoffe enthalten bereits winzige SARS-CoV2-Spike-Proteine, die zuvor in Mottenzellen gezüchtet, geerntet und zu Nanopartikeln gebündelt werden. Zudem enthält der Impfstoff einen Wirkverstärker, der aus dem Seifenrindenbaum gewonnen wird und Immunzellen an die Einstichstelle der Impfspritze lockt. Der Körper reagiert dann stärker auf die Partikel.
Wie lange dauert es, bis die Impfstoffe wirken?
Der Piks in den Arm dauert nur wenige Sekunden. Im Armmuskel verteilt er sich schnell ins Gewebe. Nach dem Eindringen stellt der Körper die Spike-Proteine her oder hat sie im Fall des Protein-Impfstoffs bereits. Die geimpften Zellen päsentieren die Spike-Proteine auf ihrer Oberfläche, sodass sie Immunzellen erkennen können. Die Immunantwort geschieht dann durch spezialisierte Abwehrzellen (Antigenpräsentierende Zellen, APZ), die aus anderen Orten im Körper zur Injektionsstelle wandern und Impfstoff direkt aufnehmen. So wie die Körperzellen stellen APZ selbst Spike-Proteine her. Das geschieht in den Lymphknoten, wo auch andere Immunzellen nach verdächtigen Bruchstücken von Spike-Proteinen fahnden, darunter auch T-Killerzellen. Wenn später das Virus angreift, können Killerzellen infizierte Körperzellen erkennen und zerstören. Wesentlich für die Immunantwort sind dann B-Zellen, die Antikörper herstellen und Teile des Erregers erkennen können. Jede B-Zelle hat auf ihrer Oberfläche einzigartige Rezeptoren, die Spike-Proteine erkennen und aufnehmen können.
B-Zellen, die vorher Spike-Proteine aufgenommen haben, präsentieren Bruchstücke davon in den Lymphknoten. Aktivierte T-Helferzellen docken an und stimulieren die B-Zellen. Erst dadurch werden B-Zellen vollständig aktiviert und vermehren sich, werden zu Plasmazellen, die sich ebenfalls vermehren und reichlich Antikörper produzieren.
Bis dieser Prozess soweit fortgeschritten ist, dass genügend neutralisierende Antikörper gegen das Virus produziert werden, dauert es rund zwei Wochen. Wenn nun das echte Virus kommt, docken die Antikörper an das Spike-Protein des Virus an und blockieren es, womit es nicht in die Körperzellen eindringen kann.
(Zusammenfassung eines sehr gut gemachten „Zeit“-Artikels vom 26.4.21)
Was passiert, wenn ich mich vor Ablauf dieser zwei Wochen anstecke?
In der Kommunikation zur Impfung geht leider oft verloren, dass man sich auch nach einer Impfung so vorsichtig und umsichtig verhalten sollte, wie vor der Impfung. Wer sich am gleichen Tag oder innerhalb einer Woche nach der Impfung infiziert, wird kaum mit einer nennenswerten Abschwächung der Krankheitssymptome rechnen können.
Viele erst kürzlich geimpfte Menschen begeben sich nämlich erst Recht in Risikosituationen wie etwa ohne Maske in Menschensammlungen, speziell wenn die Inzidenz sehr hoch ist und die Wahrscheinlichkeit, in einer Menschenmenge auf mehrere infizierte Personen zu treffen, erhöht ist. Dieser Effekt war bereits unmittelbar nach Zulassung der ersten Impfstoffe zu beobachten (Hoehl et al. 2021), gilt aber nach wie vor.
Übrigens ist es ratsam, sich nach der Impfung ein bis zwei Tage zu schonen und keine anstrengenden körperlichen Aktivitäten zu verrichten. Auch Leistungssport sollte für etwa eine Woche gemieden werden – gerade junge Menschen laufen hier Gefahr, sich eine Herzmuskelentzündung zu holen (nach einer Infektion ist diese Gefahr allerdings deutlich größer).
Nebenwirkungen und Impfreaktionen
Unmittelbare Impfreaktion
Nach neuen Erkenntnissen gilt für die zweite Impfung: Je mehr Symptome wie gesteigerte Herzrate oder Fieber, desto mehr auf lange Zeit neutralisierende Antikörper von SARS-CoV2 werden erzeugt (Dutcher et al. 2024 – Einschränkung: 2021 durchgeführt, unklar, ob auf weitere Impfungen anwendbar).
Anekdotisch ist die Impfwirksamkeit aber unabhängig davon, wie viele unmittelbare Impfreaktionen man nach der Injektion bekommen hat. Manchen schmerzt der Arm, manche sind müde oder fiebern hoch, andere haben Schüttelfrost und fühlen sich ein paar Tage noch abgeschlagen. Es gibt aber genauso gut Personen, die keine nennenswerte Reaktion zeigen und die Infektion trotzdem ohne stärkere Symptome und folgenlos überstehen.
Frauen scheinen im Durchschnitt hormonell bedingt stärker auf die Impfung zu reagieren als Männer. Vorübergehende Menstruationsbeschwerden werden gehäuft gemeldet, was auch durch Studien bestätigt wurde (Edelman et al. 2022).
Nach individueller Beratung kann es ratsam sein, die Impfstoff-Plattform zu wechseln, also von mRNA zu Proteinimpfstoff, wenn verfügbar. Derzeit (Stand 25.08.24) für den auf JN.1 angepassten Booster noch nicht möglich, weil Novavax nicht zugelassen wurde.
Nebenwirkungen (Impfschäden)
Eine frühe Übersichtsarbeit zeigte nur sehr seltene Nebenwirkungen der Impfstoffe (Liu et al. 2021), die EMA konstatierte ein sehr gutes Sicherheitsprofil für alle Altersgruppen, einschließlich Kinder und vorerkrankten Personen, immunsupprimierten Patienten und schwangeren Frauen (07/2023).
Bei Autopsien an 20 geimpften und 5 ungeimpften Patienten wurde die Impfstoff mRNA nach 30 Tagen nicht mehr im Körper gefunden, ebenso nicht in Lungenflügel (mediastinale Lymphknoten), Leber und Milz, keine Herzmuskelentzündung, keine Todesfälle, die auf die Impfung zurückzuführen waren, bei 3 Geimpften wurde mRNA (kein Spike-Protein) im vorgeschädigten Herzmuskelgewebe gefunden – im Rahmen von Abbauvorgängen nach Herzinfarkten könnten Makrophagen den Impfstoff aufnehmen. (Krauson et al. 09/2023), das ist also kein Beleg für einen Impfschaden.
Impfreaktionen sind kurzlebig und verschwinden in der Regel innerhalb weniger Tage. Echte Nebenwirkungen sind selten, aber bei millionenfacher Verabreichung der Impfung kommen natürlich nenneswerte Zahlen an Betroffenen zustande. Dennoch: Das Risiko einer extrem seltenen Sinusvenenthrombose nach einer SARS-CoV2-Infektion war viel höher als nach der AstraZeneca-Impfung (Dt. Ärzteblatt 2021).
Die Impfung schützt vor schwerwiegenden Herzkreislauferkrankungen, bei jungen Männern kommen Herzmuskelentzündungen häufiger vor, wenn auch seltener als nach einer Covid19-Infektion (Ahktar et al. 2023). Die Ursache für die zumeist milden Herzmuskelentzündungen nach der Impfung hat man auch schon gefunden: Autoantikörper arbeiten gegen körpereigene Entzündungshemmer (Thurner et al. 2022) und natürliche Killerzellen lösen vermehrt Entzündungen aus, häufiger bei Männern und nach der 2. Impfung (Tsang et al. 2024).
Im Unterschied zum Spike-Protein des Virus ist das der Impfung nicht in der Lage, Herzzellen zu verschmelzen und zu beschädigen (Li et al. 2024 preprint).
In einer Kohorte von 3,1 Millionen US-Veteranen hat man die Sterblichkeitsraten von Geimpften und Ungeimpften untersucht. Die Sterblichkeitsrate der Geimpften war statistisch nicht signifikant, aber geringer als die von Ungeimpften. Impfungen verursachen also nicht mehr Todesfälle. (McConeghy et al. 2024)
Das „Impfschaden-Syndrom“ (PostVac)
In seltenen Fällen können nach einer Impfung LongCOVID-artige Symptome auftreten (Couzin-Frankel and Vogel 2022). Das kann u.a. an der Reaktivierung von Herpes-Viren liegen (Barda et al. 2021).
„Bei der mRNA des Impfstoffs ist einer der vier Bausteine der RNA durch eine chemisch veränderte Variante ersetzt worden. Neben den normalen Bausteinen Cytosin (C), Guanin (G) und Adenin (A) enthält es statt Uracil (U) den Baustein 1-Methylpseudouracil. Dadurch löst die mRNA einerseits eine weniger starke angeborene Immunreaktion aus – die sich nach der Impfung durch Symptome ähnlich wie ein Infekt äußert –, und andererseits wird aus ihr mehr Protein gebildet.“
Chemiker und Wissenschaftsjournalist Lars Fischer, 06.12.23
Durch das chemische Protein 1-Methylpseudouracil wird die RNA langsamer ausgelesen (ribosomal frameshifting). Dadurch entstehen „nutzlose Proteine“ als Nebenprodukte. Das passiert aber auch beim Coronavirus und in menschlichen Zellen. Der Körper reagiert mit einer stärkeren Immunreaktion auf diese unerwünschten Proteine, das kann theoretisch Autoimmunreaktionen auslösen, nachgewiesen wurden sie bisher aber nicht.
Mehr als die Hälfte der weltweiten Fälle von (angeblichem) „Post-Vac-Syndrom“ wurde in Deutschland registriert. In der Mehrzahl der Fälle wurden angebliche Impfschäden als unbegründet entlarvt. In vielen Fällen steckt eine unerkannte oder ignorierte Infektion dahinter (= Long COVID).
Bayrisches Ärzteblatt: Post-Vac-Syndrom – langfristig Krank nach COVID-19-Impfung (04.09.24)
Impf-Empfehlung für Longcovid-Betroffene
In sehr seltenen Fällen kann eine Impfung den Gesundheitszustand von Longcovid- und MECFS-Betroffenen verschlechtern. Tendenziell führen Impfungen bei vorhandenem LongCOVID eher zu einer Verbesserung oder unverändertem Zustand als zu einer Verschlechterung (Wiedermann et al. 2023, Watanabe et al. 2023, Byambasuren et al. 2023, Notarte et al. 2022, Ayoubkhani et al. 2022) – eine Verbesserung ist aber nur zu erwarten, wenn die Langzeitsymptome durch persistierende Viren im Gewebe zustandekommen, also durch eine aktivierte Immunabwehr bekämpft werden.
Wenn es sich aber um Folgeschäden wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes oder andere Erkrankungen handelt, die nicht direkt mit Virus-Persistenz zu tun haben, würde ich keine Verbesserung erwarten. Dann zählt aber immer noch das Argument, sich den status quo zu erhalten und nicht das Risiko einzugehen, dass die nächste Infektion noch mehr die Lebensqualität einschränkt.
Warum ein Wechsel zwischen den Impfstoffen sinnvoll ist
Zwischen den mRNA-Impfstoffen (Pfizer und Moderna) wechseln sorgt für eine breitere Immunantwort (Kaplonek et al. 2022), nach einer mRNA-Grundimmunisierung wird vom CDC Novavax als Booster empfohlen (10/2022). Ein größeres Intervall zwischen den jeweiligen Impfungen scheint die Immunantwort zu verbessern (Hall et al. 2022).
Eine große Meta-Analyse hat ergeben, dass die Influenza-Impfung auch vor einer Infektion mit SARS-CoV2 schützen soll (Pontiroli et al. 2024) – unklar sind dabei aber Confounder-Effekte, denn Personen, die sich regelmäßig die Influenza-Impfung holen, sind wahrscheinlich generell vorsichtiger im Alltag und dann auch weniger anfällig für eine Corona-Infektion.
Schutzwirkung der Impfstoffe
Die derzeit zugelassenen Impfstoffe haben als Primärziel, vor einem schweren akuten Verlauf (Hospitalisierung) und Tod zu schützen. Sie dienen nicht dazu, vor Ansteckung und vor symptomatischen Verläufen zu schützen, die zuhause auskuriert werden können. Auch der Schutz vor den Spätfolgen einer durchgemachten oder chronifizierten Infektion zählt nicht zum Ziel der Impfung.
Wer sich also trotz Impfung ansteckt und Symptome bekommt, bei dem hat die Impfung nicht versagt. In den allermeisten Fällen, ausgenommen bei immungeschwächten Personen, die keine gute Immunantwort aufbauen können, verläuft die Infektion im medizinischen Sinn mild, also ohne Hospitalisierung. Ein weiteres Kennzeichnen schlechter Risikokommunikation war es aber, der Bevölkerung vorzuenthalten, was in einem „milden Verlauf“ alles enthalten ist – dazu zählen hohes Fieber, schwerste Körperschmerzen, Lungen- und Herzmuskelentzündung, Migräne, Geruchs- und Geschmacksverlust für Wochen – eben all das, was gerade so noch zuhause behandelt werden kann.
Wer danach zweifelt, warum er sich überhaupt hat impfen lassen, sollte bedenken: Ohne die Impfung hätte die Infektion mitunter noch viel schwerer verlaufen können. Eine selbst erlebte oder geschilderte leichte Infektion ohne Impfung ist kein Beweis für das Gegenteil, sondern eine Anekdote, aus der man keine allgemein gültige Regel ableiten kann. Das können nur großangelegte Studien mit spezifischen Kriterien.
Schutz vor Ansteckung
Mit einem langlebigen Schutz vor Übertragung wurde beim mRNA-Design nicht gerechnet, weil vor allem IgG-Antikörper mit der Injektion in den Muskel erzeugt werden. Die Ansteckung geschieht aber nicht im Muskel, sondern über die Schleimhäute der oberen Atemwege, wo virushaltige Aerosole inhaliert werden. Hier ist die Bildung der IgA-Antikörper von Bedeutung. Am effektivsten werden diese durch eine Durchbruchsinfektion gebildet ((Bhavsar et al. 2023, preprint) Sogenannte intranasale Impfstoffe, die auf der Schleimhaut IgA-Antikörper bilden sollen, sind noch in der klinischen Versuchsphase.
Entgegen der anfänglichen Erwartungen erzeugen mRNA-Impfstoffe IgG-Antikörper auf der Schleimhaut, die zwar kurzlebig sind, aber immerhin ein paar Wochen vor einer Ansteckung schützen können. Das gilt unabhängig von den Varianten (Harris et al. 2021, Mades et al. 2021, , Nahass et al. 2021, Canetti et al. 2022, Sheikh-Mohamed et al. 2022, Sano et al. 2022, Havervall et al. 2022).
Verkürzung des akuten Verlaufs
Einer der Hauptfaktoren für eine rasche Genesung ist eine vorherige Impfung. Eine Studie hat gezeigt, dass von über 4700 Erkrankten die durchschnittliche Genesungszeit als Geimpfter 29,6 Tage betrug, bei Ungeimpften 38,1 Tage (Oelsner et al. 2024). Ein kürzlich zurückliegender Booster bewirkt weniger Symptome und eine kürzere Erkrankungsdauer (Fowlkes et al. 2022).
Zusammenhang zwischen Viruslast und kürzlicher Impfung
Nach einer Impfung, einer Infektion oder beidem ist man gegen Ansteckung besser geschützt ist, wenn die Virusexposition niedrig bis moderat ist – und zwar sowohl bei Delta als auch bei Omicron-Varianten. Wenn die Virusexposition hingegen hoch war, hatte keine der genannten Gruppen genügend Immunität gegen eine Ansteckung (Lind et al. 2023).
Was beeinflusst die Virusexposition? Wie viele infizierte Personen sich in einem Raum mit schlechter Luftqualität befinden, ein einzelner Superspreader und ein schwaches Immunsystem (z.B. gerade geschwächt durch vorausgegangene Infektionen oder andere Viren, immunsupprimierende Medikamente, altersbedingte rasche Abnahme der Immunabwehr), und wie nahe man sich an einer Infektionsquelle befindet. Was kann man dagegen tun? FFP2-Maske tragen, Luftfilter benutzen, häufig lüften, sich im Freien treffen.
Geimpfte zeigen eine verringerte Viruslast in der Frühphase einer Infektion (Janes et al. 2024).
Impf-Intervalle nach Reinfektionen
Bei immunkompetenten Menschen sollte ein Abstand von mindestens vier Monaten eingehalten werden, um eine effektive Immunantwort zu erzeugen (Herring et al. 2022). Weniger als zwei Monate Abstand ist nicht sinnvoll! (Buckner et al. 2022, Rouphael et al. 2023). Das gilt alles für gesunde Menschen – bei immungeschwächten Menschen können kürzere Abstände sinnvoll sein, mindestens aber alle sechs Monate. Wer kürzlich eine Infektion hatte, kann längere Abstände einhalten.
Eine Infektion ersetzt eine erneute Auffrischimpfung aber nicht (Gao et al. 2023). Erneute Infektionen mit „Hybrid-Immunität“ bewirken auch eine geringere Bildung von Antikörpern, weil das Immunsystem schneller reagiert und den Erreger bekämpft (Srivastava et al. 2023, preprint). Das ist einerseits gut, weil ja genau das erwünscht ist und das Virus bei erneutem Kontakt schneller beseitigt wird, andererseits gilt dieser Schutz nur für bestimmte Varianten und nicht mehr dann, wenn eine völlig neue Variante kommt. Eine Impfung führt nämlich auch nach einer Covid-Infektion zu einer beträchtlichen Vermehrung der CD8+ T-Zellen (Ford et al. 2023).
Das gilt übrigens auch für Kinder und Jugendliche, die sich in schlecht belüfteten Kindergärten und Schulen und mit ständig engen Kontakt zu ihren Klassenkameraden am häufigsten mehrfach infizieren. Auch diese brauchen Auffrischimpfungen (Sieber et al. 2022, Tang et al. 2022).
Hintergrund für die Notwendigkeit von Booster-Impfungen
Wie bei anderen Viren auch, etwa Influenza, mutiert auch das SARS-CoV2-Virus, sodass die Oberfläche des Spike-Proteins sich stetig verändert. Daher müssen auch die Impfstoffe regelmäßig angepasst werden. SARS-CoV2 hat die vermutlich höchste jemals beobachtete Mutationsrate von humanen Viren, wodurch es noch wichtiger ist, sich rechtzeitig die Auffrischimpfung zu holen. Es reicht also nicht, sich auf seinen drei Wildtyp-Impfungen bis Ende 2021 oder einer bivalenten Impfung im Herbst 2022 auszuruhen, oder zu glauben, eine zwischenzeitliche Infektion würde weitere Impfungen überflüssig machen.
Regelmäßige Auffrischimpfungen sind dauerhaft notwendig, um das Immunsystem am aktuellen Stand zu halten. Eine Praxis, die schließlich auch bei anderen Infektionskrankheiten seit Jahrzehnten gelebt wird, sei es bei Influenza (jährlich) oder Keuchhusten (alle 10 Jahre, besser wäre alle 5 Jahre).
Der beste Zeitpunkt zur Auffrischung der Impfung
Das hängt von den persönlichen Umständen ab. Wer im Sommer viel reist oder sonst viel Kontakt zu Menschen hat (Großveranstaltungen, Meetings, Kinderbetreuung), sollte sich lieber etwas früher auffrischen. Wer erst ab Schulbeginn wieder mehr Sozialkontakt hat oder im Home-Office arbeitet, kann länger warten. Es hängt auch davon ab, wann die letzte Impfung war und wann man sich zuletzt infiziert hat. Das ist also individuell verschieden. Falsch ist jedoch die Aussage, dass man grundsätzlich „im Herbst“ auffrischen sollte, weil SARS-CoV2 nicht saisonal ist und Infektionswellen auch im Sommer auftreten können.
Experts offer guidance on when to get shots to protect against influenza, Covid-19, and RSV (04.09.24)
Der epidemiologische Nutzen der Impfung
Eine Reduktion des relativen Risikos um 50% bedeutet, dass die Ansteckungsgefahr bei sehr hoher Inzidenz immer noch hoch ist, aber auch, das die Ansteckungsgefahr viel niedriger sein würde, wenn eine hohe Durchimpfungsrate der Bevölkerung erreicht werden könnte (Henne-Ei-Frage) – weil dann insgesamt weniger Virus übertragen werden würde.
Hier muss man also unterscheiden zwischen einem Breiteneffekt auf die Bevölkerung (epidemiologischer Nutzen) und dem Schutz des Einzelnen (individueller Nutzen), wobei letzterer nicht hoch genug ist, um sich darauf als einzige Schutzmaßnahme verlassen zu können – wenn wir von Ansteckung generell reden.
Um den epidemiologischen Nutzen sichtbar zu machen, braucht es also mehr Aufklärung, breite Impfkampagnen, um signifikante Impfquoten zu erreichen. Dann könnte man mit hoher Durchimpfungsrate auch die Höhe von Infektionswellen senken, mit bis zu 65% Reduktion wie während der ersten Omicron-Welle in Tokio(Kayano and Nishiura 2023).
Desinformation zur Impfung
Eine österreichische Studie (Stamm et al. 03/2023) hat erst im Frühling gezeigt, dass die Impfmüdigkeit mit der Zeit zunimmt, was die Bevölkerungsimmunität gefährdet. Dabei hat sich herausgestellt, dass Ein- und Zweifachgeimpfte die größte Impfmüdigkeit zeigen (neben den Ungeimpften, die sich kaum anders überzeugen lassen), hier helfen finanzielle Anreize, um zur Auffrischimpfung zu bewegen. Dreifachgeimpfte zeigten die geringste Impfmüdigkeit, aber adaptierte Booster erhöhten ihre Impfwilligkeit. Kosten und die verbreitete Zweifel in den Medien erhöhten aber ihre Skepsis, sich erneut impfen zu lassen. Das Vertrauen in die Institutionen ist langfristig entscheidend, sowie gezielte Impfkampagnen sowie positive Anreize und kostenloser Zugang.
Die Impfraten sind in allen Altersgruppen erschreckend, viele Hospitalisierungen könnten mithilfe des angepassten Boosters verhindert werden. Bei Kleinkindern kann die Impfung ebenfalls seltene schwere Verläufe sowie LongCOVID verhindern. Auch für Schwangere ist die Impfung sehr wichtig, um Komplikationen wie Frühgeburten vorzubeugen.
Ein großes Problem ist auch der Anteil der impfskeptischen Haus- und Kinderärzte in Österreich, insbesondere wenn sie Homöopathie praktizieren (Wojczewski et al. 2024)
Warum wurde Astra Zeneca zurückgezogen?
Anfang Mai gab es eine Meldung, wonach die Zulassung des Impfstoffs Astra Zeneca (AZ) zurückgezogen wurde. Impfgegner fassten dies als Schuldeingeständnis auf, wegen angeblicher Impfschäden. Tatsächlich handelte es sich bei AZ um einen der ersten und billigsten Impfstoffe, der weltweit Millionen Menschen das Leben gerettet hat, vor allem in Ländern mit niedrigem und mittleren Einkommen.
Seitdem gab es längst bessere Impfstoffe, die an neue Varianten angepasst sind. AZ war nicht nur leichter erschwinglich, sondern ließ sich auch leichter verabreichen, da er keine extremen Minusgrade zur Lagerung gebraucht hat. In den meisten Ländern wurde er zuerst älteren Menschen gegeben. Bei jüngeren Menschen beobachtete man eine sehr seltene Nebenwirkung, die tödliche Blutgerinnsel verursachen konnte. Diese wurden rasch erkannt und studiert (Whiteley et al. 2022). Die EMA meldete 169 mögliche Fälle von CVST (Hirnvenensinusthrombose) und 53 mögliche Fälle von Bauchvenenthrombose von 34 Millionen (!) Empfängern (Hippisley-Cox et al. 2021).
In vielen Ländern wurde darauf etwa Mitte 2021 der Empfängerkreis auf ältere Menschen begrenzt, solang es Zugang zu anderen Impfstoffen (Pfizer, Moderna) gab. Der AZ-Impfstoff blieb dennoch *viel* sicherer als eine Infektion, selbst mit der geringfügig erhöhten Wahrscheinlichkeit für Blutgerinnsel. (190x riskanter, die Infektion zu bekommen als eine Venenthrombose). AZ hat schwere Verläufe um 90% reduziert (Reynolds et al. 2023).
Bis zum Jahresende 2021 rettete der AZ-Impfstoff über 6 Millionen Menschen das Leben. Um Impfstoffe auf neue Varianten anzupassen, ist der Vektorimpfstoff von AZ ungeeignet, weil es zu lange dauert und schwieriger ist als mit mRNA-Impfstoffen. AZ wird drei Jahre nach der Zulassung nicht mehr benötigt.