Diese Chronologie erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Im ersten Teil geht es um die Ereignisse in Wuhan selbst, die zum Ausbruch der Pandemie führten, im zweiten Teil mit Fokus auf Österreich.

Bereits Mitte Oktober 2019 nahm das US-Konsulat in Wuhan eine ungewöhnlich heftige Grippesaison wahr. Die ersten Fälle traten schon im November 2019 in China auf. Alleine im Dezember zählte China 174 Fälle, was dem WHO-Team aber erst Anfang 2021 mitgeteilt wurde. Zusätzlich gab es 73-86 weitere Fälle, was aus peer-reviewed Artikeln der Chinesen von Februar 2020 hervorgeht. Geleakte chinesische Regierungsdokumente an die South China Morning Post vom 13. März 2020 zeigten weitere 83 Fälle im Dezember. Ende Dezember zeigten Genomsequenzierungen der Chinesen, dass das neue Virus eng verwandt mit dem ersten SARS-Virus war, das 2003 für Panik in China sorgte.

Der erste Tweet von Virologe Krammer zu den ersten Meldungen einer unidentifizierten Lungenerkrankung in China, 31.12.2019

ProMed 30-12-2019 23:59:00 UNDIAGNOSED PNEUMONIA – CHINA (HUBEI): REQUEST FOR INFORMATION

Der Weg zur Pandemie war (nicht) gepflastert von guten Absichten

Am 30. Jänner 2020 rief die WHO den Internationalen Gesundheitsnotstand (PHEIC) aus. Die PHEIC war eine Reaktion auf die SARS-Pandemie 2003 und wurde als verbindlicher internationaler Vertrag festgeschrieben. Zuvor gingen die Bilder vom neuen Notkrankenhaus Huoshenshan in Wuhan um die Welt, das innerhalb von 8 Tagen erbaut wurde. Am 4. Februar befand die WHO, dass die Ausbreitung eine Pandemie noch nicht gerechtfertigt war, weil dafür auf mindestens zwei Kontinenten eine anhaltende Weiterverbreitung zu beobachten sein müsste. Am 10. Februar befürchtet die WHO, dass die Fälle in China nur die Spitze des Eisbergs sein könnten. Seit 11. Februar wird die Krankheit offiziell Covid19 genannt – von manchen Wissenschaftlern wurde diese Entscheidung kritisiert, weil die Bezeichnung SARS hätte lauten müssen, nach SARS-CoV1.

7 confirmed cases of SARS were reported… The latest news is, it has been confirmed that they are coronavirus infections, but the exact virus strain is being subtyped.“ (Augenarzt Li Wenliang am 30.12.2019 in einem privaten Chat mit Kollegen)

Im Laufe des Februars wurden die ersten Todesfälle aus Frankreich und Italien gemeldet, später Fälle aus zwei Dutzend Ländern. Am 23. Februar riegelte Italien ganze Städte im Norden ab, ausgenommen Bergamo, wofür jetzt eine Reihe von Politikern und Experten wegen Fehleinschätzungen angeklagt wurden. Am 24. Februar fand es die WHO ermutigend, dass die Fallzahlen in China zurückgingen, allerdings wären die Zahlen aus Italien, Iran und Südkorea sehr beunruhigend. Erst am 11. März 2020 wurde der Ausbruch von SARS-CoV2 von der WHO als Pandemie deklariert (Cucinotta and Vanelli 2020). Die Pandemie ist allerdings kein offizieller Begriff der Pandemie, demzufolge kann die WHO diese weder formell ausrufen noch beenden. Mehr zu PHEIC und Pandemie in der Seuchenkolumne von Robert Zangerle (FALTER, 03.04.23)

Warum hat es so lange gedauert, bis Gesundheitsnotstand und Pandemie ausgerufen wurden und der Ernst der Lage nicht nur erkannt, sondern auch an die Bevölkerung kommuniziert wurde? Aufschlüsse darüber liefern die Ereignisse in Wuhan selbst, die über viele Umwege und langwierige Recherchen in die Hände westlicher Medien gelangten. Nachfolgend eine deutsche Zusammenfassung eines Artikels der Washington Post (22.08.23), der auch die Hintergründe liefert, wie das Frühwarnsystem in China konzipiert ist und warum es versagt hat. Es zeigt aber auch unheimliche Parallelen zu den Vertuschungstaktiken im Westen, vor allem in Österreich auf. So abschätzig oft über China geredet wird, die Taktiken waren oft ähnlich, lediglich die Repressalien weniger hart.

Zensur in Wuhan

In den ersten Wochen von 2020 sah ein Radiologe mit 29 Jahre Berufserfahrung vom Xinhua Krankenhaus in Wuhan, Hauptstadt der Hubei-Provinz, das drohende Unheil kommen. Seine Aufgabe waren Computertopographie-Scans und die Lungen von Patienten nach Anzeichen für Infektionen zu untersuchen. Er sah noch nie ein Virus, das sich so schnell ausbreitete. Die CT-Maschinen im Krankenhaus waren jeden Tag überlastet und hatten Fehlfunktionen. Doch dieses Chaos verschwieg man der chinesischen Bevölkerung. Am 31. Dezember 2019 gaben die chinesischen Behörden zu, dass es 27 Fälle einer „Lungenentzündung unbekannten Ursprungs“ gab, und 44 bestätigte Fälle am 03. Jänner 2020. Die Gesundheitskommission von Wuhan berichtete 59 Fälle am 05. Jänner und reduzierte die Zahl dann abrupt zu 41 Fälle am 11. Jänner und behauptete, es gäbe keine Beweise für Mensch-zu-Mensch-Übertragung oder jegliche Zeichen dafür, dass Ärzte erkranken würden. Das war gelogen. Ärzte im Krankenhaus des Radiologen und in anderen Krankenhäusern wurden krank. Nachdem jährlich parteipolitische Treffen in Wuhan zwischen 6. und 17. Jänner stattfanden, hielten die Behörden in Wuhan und Beijing die Situation geheim. China gab erst am 22. Jänner die Mensch-zu-Mensch-Übertragung zu. Da war die Pandemie längst schon entzündet worden.

In jedem Kampf gegen eine Krankheit ist der schnelle Informationsfluss der Schlüssel. China lernte das auf die harte Tour beim SARS-Ausbruch 2003, als das Staatsgeheimnis Gegenmaßnahmen verzögerten, nachdem über 8000 Menschen krank wurden und 774 in China und anderswo starben. Danach setzte China ein digitales System auf, um eine ausbreitende Krankheit zu berichten (NNDRS, National Notifiable Disease Reporting System). Es umfasst das ganze Land und ist vom lokalen Krankenhaus mit zum chinesischen Center of Disease and Prevention (CDC) in Beijing zugänglich. Es war vor allem als Frühwarnsystem für bekannte oder ähnliche Krankheiten wie SARS konzipiert, auch PUE genannt (pneumonia of unknown etiology). Falls mehr als 5 Fälle von PUE an einem Ort auftraten, sollte das CDC ein Spezialteam zur Nachforschung senden. Allerdings hatte das PUE-System auch seine Tücken, etwa falschpositive Testergebnisse – die tatsächlich etwas anderes waren. Zudem musste für einen Bericht ein Arzt oder engagiertes Spitalspersonal einen elektronischen Bericht („report card“) ausfüllen – Telefonanruf oder andere Methoden genügten nicht.

Die interne Berichterstattung ist unabhängig davon, was der Öffentlichkeit erzählt wird. Diese wird von der Partei kontrolliert, über Gesundheitskommissionen auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene, und über das höchste Gremium, den Staatsrat. Jede größere Institution in China, einschließlich seiner Krankenhäuser, hat einen Partei-Aufseher. Im Gesundheitsbereich kann das chinesische CDC nur Empfehlungen anbieten, aber nicht entscheiden, welche Maßnahmen getroffen werden.

Das System versagte im Jänner 2020, als das Virus sich ausbreitete. Chinas kleine Kliniken sind oft die erste Anlaufstelle, wenn Menschen krank werden, für weitere Behandlungen steigen die Patienten eine Leiter von tertiären, sekundären und pirmären Krankenhäusern auf. Das Wuhan Central Hospital war eine solche oberste Anlaufstelle. Der Hauptkampus lag nahe dem Fluss an der Nanjing Road und ein zweiter Ast namens Houhu nahe dem Huanan Seafood Wholesale Market, einem großen Bazar für Meeresfrüchte, aber auch Wildtiere. Wuhan Central war außerdem ein Sentinel Krankenhaus für China’s CDC, das nach Ausbrüchen von Infektionskrankheiten Ausschau hielt. Beide Äste erhalten Patienten mit der neuen Krankheit und ab 30.12.2019 lagen 7 Patienten im Houhu-Ast mit mehreren Verbindungen zum Markt. An diesem Nachmittag erfolgte eine dringende Meldung von der Wuhan-Gesundheitskommission (Regierung), nach PUE-Fällen Ausschau zu halten, kurze Zeit später eine Warnung, diese Information nicht an die Öffentlichkeit weiterzugeben. Augenarzt Li Wenliang untersuchte im Wuhan Central an diesem Abend einen Patienten, dessen Zustand stark an SARS erinnerte. Er schrieb seinen früheren Medizinkollegen via WeChat, dass 7 Fälle von SARS bestätigt wären. Am 01. Jänner 2020 wurde Li von der Polizei festgehalten, weil ihm vorgeworfen wurde, dass er „unwahre Aussagen gemacht“ hätte und musste ein Papier unterschreiben, das nicht mehr zu tun.

Gleichzeitig war die Chefin von Wuhan Centrals Notfallabteilung, Ai Fen, besorgt über die wachsende Zahl der Infektionen. Sie alarmierte das Krankenhausmanagement darüber, dass eine der Patienten eine kleine Klinik nahe dem Markt hatte und viele Menschen von dort behandelt hatte. Sie bat ihre Mitarbeiter darum, N95-Masken (FFP2) zu tragen. Das sorgte neuerlich für Alarm, weil die Mitarbeiter realisierten, dass Übertragungen am Laufen waren und das Virus auch sie und alle anderen bedrohen könnte. Am 2. Jänner wurde sie vom Parteichef des Krankenhauses getadelt und sie sollte nurmehr persönlich mit anderen Ärzten darüber kommunizieren, nicht mehr über WeChat-Messenger. Diese Anweisung erging auch an andere Ärzte im Wuhan Central. Die Krankenhausleiter erlaubten Ärzten in drei Abteilungen – Notfälle, Atemwegsinfekte und Intensivstationen – Masken zu tragen, in anderen durfte man das jedoch nicht. Viele Ärzte blieben ungeschützt und infizierten sich. Am 2. Jänner erging außerdem eine Memo an das Wuhan-Institut für Virologie, einem großen Forschungszentrum zu Coronaviren. Mitarbeiter wurden davor gewarnt, Daten und Erkenntnisse auf Blogs und Social Media, aber auch Medien oder Partnerorganisationen weiterzugeben. Viele Ärzte waren vom Maulkorberlass geschockt. Der chinesische Virologe Zhang Yongzhen erhielt für sein Labor am 3. Jänner eine Probe des Pathogens, die am 5. Jänner mit SARS in Verbindung gebracht wurde. Nach Tagen des Wartens auf eine Veröffentlichung seiner Ergebnisse teilte er am 11. Jänner die Genomsequenz von SARS-CoV2 mit der Welt. Nur dadurch konnte so frühzeitig mit der Impfstoffentwicklung begonnen werden. Zum Dank für seine Heldentat schloss die chinesische Führung sein Labor und setzte ihn auf die Straße (Smriti Mallapaty 2024).

Im Xinhua-Hospital verbreitete sich das Virus rasant, bis 11. Jänner waren viele Mitarbeiter infiziert, die Situation chaotisch. Nach außen hin wurde Ruhe bewahrt, doch auf oberster Ebene der chinesischen Regierung wusste man Bescheid. Am 14. Jänner gab der Chef der Nationalen Gesundheitskommission in einer Telefonkonferenz mit regionalen Funktionären zu, dass die Situation „ernst und kompliziert [sei], die größte Herausforderung seit SARS 2003“.

Chinas Frühwarnsystem versagte, weil die Berichte von betroffenen Patienten aus kleinen Kliniken niemals ankamen. Viele Kranke mieden teure Krankenhäuser, viele Ärzte an der Front hatten das Report-Card-System noch nie benutzt oder scheuten sich, eine PUE zu melden. Die obersten Behörden gaben widersprüchliche Kriterien aus, ab wann ein neuer Fall definiert war. Anfangs sollte es eine Verbindung zum Huanan Markt geben, doch viele Menschen, die keine hatten, wurden krank, sodass diese Bedingung fallengelassen wurde. In den ersten Jännerwochen verzögerten hochrangige Funktionäre absichtlich die Meldung von weiteren Fällen. Die Warnung, nichts niederzuschreiben und Berichte nur verbal weiterzugeben, bremste unmittelbar das NNDRS-System aus. Außerdem wurde die Zahl der getesten Virusproben begrenzt, die Menge war klein und die Qualität schlecht. China wollte keine Massentests an diesem Punkt. Dadurch wurden viele Menschen heimgeschickt und falls sie starben, fand man sie nicht auf der Liste bestätiger Fälle. Auch die Aufnahmen von CT-Scans durften nur mündlich an medizinisches Personal weitergegeben werden. Die ersten sieben Patienten im Wuhan Central wurden nur telefonisch berichtet und ein Mediziner für Öffentliche Gesundheit wurde angehalten mit der Ausfüllung der Report-Cards zu warten. Die hospitalisierten Patienten von Ende Dezember wurden erst am 8. Jänner eingetragen. Mitte Jänner durfte niemand Berichte senden, alles wurde von Ebene zu Ebene vertuscht, „causing the golden period of prevention and control to be missed again and again.“

Die Öffentliche Gesundheit ist für das Wohlbefunden der Gesamtbevölkerung zuständig. Zum Schutz der Bevölkerung ist es wesentlich, klar zu kommunizieren, was passiert, sie zu überzeugen, ihr Verhalten zu ändern, um Krankheit und Tod zu vermeiden, und mit der Zeit Vertrauen aufzubauen. Fehler bei jedem dieser Aufgaben können später zu viel mehr Leiden führen.

In den USA und anderen offenen Gesellschaften haderte man mit politischer Polarisierung, Teilung und Desinformation, die sich rasch verbreiten und die Empfehlungen der Gesundheitsbehörden unterliefen. Viele unnötigen Tote [und Langzeitkranke] waren und sind die Folge. Chinas Diktatur veröffentlicht hingegen Lügen. Das Bestreben nach absoluter Kontrolle über Angst, Drohungen und Einschüchterung verhinderte Handlungen exakt dann, als die Virusausbreitung noch gestoppt oder verlangsamt hätte werden können. Als die Zhejiang-Provinz vor kurzem Sterblichkeitsdaten veröffentlichten, die viele Todesfälle nach dem Ende der ZeroCovid-Politik im Dezember 2022 zeigten (Xiao et al. 2023), mehr Todesfälle als China zugab, wurden die Daten sofort gelöscht.

Die Autoren halten fest, dass Wuhan kein Ausrutscher war oder einem Fehlurteil unterlag, sondern das Ergebnis dessen war, wie das System funktionierte, Gehorsam erforderte und Kontrolle in jede Richtung. Es war eine bewusste Entscheidung, Ärzte anzuweisen, keine Masken zu tragen, die Leben hätten retten können, Meldungen zu vezögern und so frühe Warnungen zu behindern, die Kommunikation mit der Öffentlichkeit einzustellen und Ärzte anzuweisen, nichts über die sich ausbreitende Gefahr niederzuschreiben.

Parallelen zur Reaktion in Österreich

Wir wissen alle, dass China eine Diktatur ist und schreckliche Menschenrechtsverletzungen dort geschehen. Das Volk von über einer Milliarde Menschen wird brutal unterdrückt und überwacht. China und westliche Staaten gleichzusetzen wäre infam und deplatziert. Was wir aber machen können und dürfen, ist die Methoden zu vergleichen und die Folgen aus Entscheidungen, die sich im Ergebnis durchaus ähneln. Und wir könnten uns fragen, bevor wir mit dem Finger auf andere Länder zeigen – was unsere Regierungsvertreter tun sollten, bevor sie in wirtschaftliche Beziehungen mit diesen Ländern treten – ob wir nicht bei uns selbst anfangen könnten, in dem wir diese Methoden nicht einsetzen!

Der Artikel der Washington Post zeigt gerade zu unheimliche Parallelen zur Reaktion westlicher Staaten auf die ersten Infektionsfälle – hier am Beispiel Österreich.

Herunterspielen der Ansteckungs- und Erkrankungsgefahr

Statt zu sagen „es gibt zu wenig gesicherte Daten für gesicherte Aussagen“, waren sich viele österreichische Ärzte und Wissenschaftler im Rampenlicht von Beginn an sehr sicher, dass das Coronavirus keine Gefahr darstellen würde:

„Neues Coronavirus ist keine große Gefahr für Österreich.“ (Infektiologin Apfalter, 23.01.20, Oberösterreichische Nachrichten)

„Von der Todesrate ist es vergleichbar mit einer Influenza, aber das Coronavirus ist deutlich weniger ansteckend.“ (Infektiologe Weiss, 24.01.20, Tiroler Tageszeitungen)

„Coronavirus nicht so gefährlich wie Grippe“ (Virologe Steininger, 30.01.20, Tiroler Tageszeitung)

„Es herrscht ein unglaublicher Medienhype um diese Erkrankung, dabei ist die
Grippe viel gefährlicher als das Coronavirus.“
(Tiroler Landessanitätsdirektor Franz Katzgraber, 04.02.20, Tiroler Bezirksnachrichten)

„Ich würde das Geld für diese FFP2-Maske, sind doch zwei, drei Euro für Besseres verwenden. Einen Kaffee und sich ganz ruhig entspannen, Zeitung lesen und das Leben genießen.“ (Chef Public Health AGES, Franz Allerberger, 11.02.20 ORF-Report)

„das Coronavirus kann uns den Buckel runter rutschen, denn es hat praktisch
keine klinische Konsequenz“
(Infektiologe Graninger, ehemaliger MedUni Wien Professor in einer Diskussionssendung, 27.02.20)

Gelenkte Kommunikation nach außen

In Österreich haben Spitäler ihre eigenen Pressesprecher. Mitarbeiter, die sich zu innerbetrieblichen Vorgängen in der Öffentlichkeit äußern, müssen mit Verwarnungen oder im schlimmsten Fall Entlassungen rechten. Die Arbeitgeber beziehen sich dabei meist auf die Verschwiegenheitspflicht, die jeder Mitarbeiter vor Dienstantritt unterschreiben muss. In der zweiten Welle gab es zahlreiche anonyme Meldungen von Mitarbeitern an die Presse, die von überlasteten Personal und Triage berichteten.

Die Spitäler meldeten ihre Covid19-Zahlen und die Bettenbelegungen zudem an die Länder weiter und die Landessprecher an den Gesundheitsminister. Die AGES veröffentlichte dabei die „freien Betten“, eine fiktive Zahl, denn wenn es kein Personal gibt, um Patienten in einem Bett zu betreuen, sind Betten nichts anderes als Möbel.

Wir sehen Patientenzahlen, die wir in Jahrzehnten noch nie erreicht haben“ (ein Mediziner in Oberösterreich, der anonym bleiben wollte, 04.01.23)

Weitere Vertuschungsaktionen (Tabelle)

Repressalien für jene, die sich trotzdem äußern

Seriöse Experten verstummten, weil sie aus wichtigen Positionen abgezogen wurden ihre Projekte aufgekündigt wurden, etwa das Austria Corona Panel Project mit dem Projektteam rund um Medienwissenschaftler Jakob-Moritz Eberl, dessen Finanzierung durch die Regierung mitten in der Sommerwelle 2022 endete. Oder das Abwassermonitoring von Molekularbiologe Ulrich Elling, der Genomsequenzierungen und Patientendaten verknüpfte, und sich ein paar zu deutlich über die Regierungslinie oder die Expertenkommission GECKO beklagte. Ellings Vertrag lief Ende März 2023 aus. Infektiologe Greil gehörte zum Beraterstab der Landesregierung Salzburg und warnte eindringlich vor der Überlastung des Gesundheitspersonals, wachsenden Kollateraschäden und LongCOVID. Greil wurde vom Landeshauptmann ignoriert und verhöhnt („Virologen wollen alle in ein Zimmer sperren“), erhielt zwar das „Große Silberne Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik“, aber seine Forderungen wurden nie umgesetzt. Mikrobiologe Michael Wagner war federführend beim Schulprojekt „Alles gurgelt“ mit PCR-Tests, das später auf ganz Wien ausgerollt wurde. Ab April 2022 wurde das PCR-Gratisangebot erst begrenzt, ab Juli 2023 ganz abgeschafft und die Betreiberfirma Leadhorizon liquidiert. Die Beraterin von Ex-Kanzler Kurz, Antonella Mei-Pochtler, gab später zu, dass das „rote Wien als Vorbild für Covid-Tests unerwünscht“ gewesen sei. Parteipolitik also.

Ruhe verbreiten (Verharmlosung)

Zu Beginn hat man das Ausmaß der Infektionen in Ischgl vertuscht, auf Warnungen nicht reagiert, die Ansteckungen auf den „Rückflug“ nach Island geschoben und ließ die Skigebiete wie in Schweden noch offen, obwohl alles andere schon dicht war. Die Pandemie verbreitete sich wahrscheinlich von Oberitalien her, aber Österreichs (v.a. Tirol) und Schwedens Skigebiete waren der Brandbeschleuniger, über den sich das Virus in ganz Europa verbreitete.

Die Regierung verbreitete kontinuierlich das Narrativ, dass junge gesunde Menschen nicht schwer erkranken könnten, später auch, dass für Geimpfte die Pandemie sein würde, dass die Virusvariante OMICRON mild sei und LongCOVID zum individuellen medizinischen Problem werde, nicht mehr ein Problem für die Gesamtgesellschaft. Ab OMICRON wurde zudem behauptet, dass die neuen Varianten nicht gefährlicher sein würden als das bisherige OMICRON, weil alle aus OMICRON stammen würden. Dass auch mit OMICRON Menschen starben und schwer erkrankten, sagte man nicht dazu.

Falsche Voraussetzungen für Tests

So wie Chinas Behörden anfangs eine Verbindung zum Huanan Markt als Voraussetzung für einen neuen Fall vorsahen, definierte man in Europa „Risikogebiete“ wie die Provinz Hubei, später ganz China. In Österreich kam später Italien dazu. Dadurch hat man eine ganze Reihe von Menschen übersehen, die sich nicht in Risikogebieten aufhielten oder nicht Kontakt zu Reisenden hatten, die gerade aus Risikogebieten kamen.

Es hätten *alle* mit den bis dahin bekannten Symptomen getestet werden müssen. Das Virus hielt sich da schon lange nicht mehr an Landesgrenzen.

Desinformation und fehlende Information der Gesundheitsbehörden

Die dürftige AGES-FAQ enthielt zahlreiche Falschaussagen, die teilweise bis heute überdauert haben (Faktencheck 2021). Es wurde meist an das RKI verwiesen, die AGES konnte sich nicht durchringen, über FFP2-Masken aufzuklären, weder über Wirksamkeit noch korrektes Tragen. LongCOVID kam in der öffentlichen Berichterstattung kaum vor und wenn, wurden psychische Ursachen vorgeschoben oder das Problem auf einzelne Betroffene heruntergespielt.

Österreich ist seit Juli 2023 völlig im Blindflug, es gibt keine Meldepflicht, keine Daten, welche Variante gerade dominiert, was wichtig für Immunsupprimierte ist, weil die Wirksamkeit von therapeutischen Antikörpern variantenspezifisch ist, es gibt unzureichende Daten zu Hospitalisierung und keine Daten mehr zu Todesfällen.

Fazit:

In Summe gibt es einige Parallelen zwischen dem Verhalten der österreichischen Regierung, den Landesregierungen, den Gesundheitsbehörden und dem der chinesischen Regierung.

Ein Mediziner in Wuhan Central sagte im Jänner 2020 zur Verzögerung der Meldungen von neuen Fällen:

causing the golden period of prevention and control to be missed again and again.“

Epidemiologe Robert Zangerle am 11.03.20, als er kritisierte, dass man Après-Ski-Bars nicht längst im ganzen Land geschlossen hat.

„Man spielte den Fall hier in Österreich eine Zeitlang herunter und hat wertvolle Zeit verloren“