Aktueller Stand Virusentwicklung und Impfung, Dezember 2024

What We Know After 4 Years Of COVID-19 (15.03.24 – 17min Podcast)

Österreich

Stand 07. Dezember 24: 12% Positivrate von saisonalen Coronaviren (v.a. NL63), rund 9% SARS-CoV2 und erste Nachweise mit RSV und Influenza A ; Quelle: Aberle/Redlberger Fritz, Virologie MedUni Wien
Wiederanstiege bei SARS-CoV2 im Dezember, noch auf niedrigem Niveau (Quelle: @zeitferne)

„Warum stiegen die Fallzahlen im Sommer an?“

  • nachlassende Immunität
  • niedrige Boosterimpfraten
  • keine Testung bei Symptomen
  • keine Schutzmaßnahmen
  • Reisende, die krank sind
  • neue Varianten (KP.3.*)

„Warum sanken die Fallzahlen im Herbst?“

  • keine signifikante, neue Variante wie im Vorjahr JN.1.
  • KP.3.1.1-Welle durch

Achtung Aussagekraft: 1x wöchentlich aktualisiert, Kodierung ob Influenza, RSV oder SARS-CoV2 durch Entlassungsdiagnosen (verzögert), nicht durch Aufnahmediagnosen (ginge nur über EMS, Meldepflicht notwendig), Liegedauer oft länger als eine Woche (Gesamtbettenbelegung daher höher), hinkt tatsächlicher Belegung um 3-4 Wochen nach.

SARS-CoV2 ist eine multisystemische Gefäßerkrankung, kein Atemwegsinfekt. Es wird aber über die oberen Atemwege inhaliert und repliziert dort. Nur im Sinn des Übertragungswegs ist es vertretbar, von einer Atemwegserkrankung (respiratory disease) zu sprechen, nicht zu verwechseln mit einem banalen Schnupfen.

Sonstige: falsche Beschriftung, eher: unbekannt, z.B. nicht getestet, negativ getestet, positiv getestet, aber nicht kodiert, andere Erreger (z.B. bakterieller Infekt, Rhinovirus, Metapneumovirus, …)

weltweites Abwassermonitoring

T. Ryan Gregory:

Viel Virus im Abwasser, aber viel geringere Spitalsbelegungen als in früheren Wellen dieser Größe. Warum? Hypothesen:

H1: Die Hospitalisierungen hinken dem Abwasser hinterher, also nur eine Frage der Zeit.

Eher nein. Langfristiger Trend geht schon länger nach unten

H2: Akute Schwere ist geringer, weil die Immunität gestiegen ist durch Impfung, Infektion und beides.

H3: Verschiedene Bevölkerungsgruppen werden infiziert.

Wenn es überwiegend Altersgruppen betrifft, die ein geringeres Risiko für schwere Verläufe haben, könnten Abwasser und Spitalsaufnahmen entkoppelt sein (Anmerkung: In den ersten Wellen war das besonders deutlich, weil in den Sommerferien überwiegend junge Menschen auf Reisen gehen oder Jungfamilien).

H4: Derzeitige Varianten verursachen weniger schwere respiratorische Symptome, weil sie eher die oberen Atemwege infizieren.

siehe z.B. Trunfio et al. 2022

H5: Derzeitige Varianten gehen mehr auf den Darm und es wird mehr Virus ausgeschieden. Dann wären es nicht zwingend mehr Infektionen, sondern mehr ausgeschiedenes Virus.

H6: Die Die Spitäler testen nicht viel und Covid rangiert unter anderen Erkrankungen

(Anmerkung: In Österreich vermutlich der Fall, siehe SARI-Dashboard)

H7: Das Virus ist intrinsisch weniger schwer geworden.

Vielleicht, aber es gibt keine natürliche Evolution in diese Richtung, und es gibt keine Garantee, dass es nicht wieder gefährlicher wird.

H8: Wir haben robuste, langlebige Hybrid-Immunität, die nicht nachlässt und nicht durch Escape-Varianten umgangen werden kann. Daher ist das definitiv die letzte Welle jetzt.

Ja, manche Experten scheint es zu geben, die das tatsächlich glauben.

Jay P. Weiland hält H2 >>> H6, H4 eher als H5.

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Wichtiger Hinweis zur Interpretation der Abwasserwerte:

Die Messverfahren wurden im Laufe der Pandemie in vielen Ländern geändet, die Zahlen sind nicht direkt vergleichbar bzw. aussagekräftig. Beim Abwassermonitoring misst man die über den Stuhl ausgeschiedenen Virus-Fragmente. Vielfach gab es in den ersten zwei Pandemiejahren deutlich mehr Abwasseranlagen, die die Viruslast gemessen haben. Später wurde die Zahl deutlich reduziert, zum Teil dann nochmal erweitert. In Österreich messen nicht alle Bezirke in den Bundesländern, sondern nur einzelne ausgewählte, die mitunter nicht repräsentativ sind für lokale Cluster.

Als das Netz größer war, haben mitunter auch private Labors die Proben analysiert, bzw. in Österreich auch das Schulstandortmonitoring, mit unterschiedlichen Aufbereitungs- und Messmethoden. Seit dem Wechsel zum Gesundheitsministerium nurmehr ein Labor (Gerichtsmedizin MedUni Innsbruck).

In der Schweiz sind z.B. Daten von Lausanne nicht mit anderen Messdaten vergleichbar, die vor Juli 2023 gemacht wurden. Bei BA.1 wurde hingegen gemutmaßt, dass gegenüber den Varianten davor und danach weniger Virus ausgeschieden wurde, deswegen ist hier die Abwasserkurve nicht unbedingt repräsentativ für die tatsächliche Inzidenz. Auch Genesene können weiterhin Virus ausscheiden, sowie LongCOVID-Betroffene mit chronischer Infektion.

Ein dritter limitierender Faktor ist der Meldeverzug. Von der Toilette zur Kläranlage sind es nur 1-2 Stunden, aber die Tagesproben werden meist nur 1x pro Woche zur Analyse geschickt. Abwassermonitoring ist also kein Frühwarnsystem.

Um sicherzugehen, dass Vergleiche zuverlässig sind, sollte man immer parallel die Sentineldaten heranziehen, sowie Krankenstandsdaten, etwa von Versicherungen, Krankenkassen oder Spitalsaufnahmen.

Mohring et al., Estimating the COVID-19 prevalence from wastewater (22.06.24)

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