Um keine falschen Hoffnungen zu wecken: Es lassen sich nicht alle Spätfolgen einer SARS-CoV2-Infektion vermeiden, insbesondere bei bestimmten Vorerkrankungen oder genetischen Risikofaktoren nicht (siehe unten unter „Risikofaktoren“). Egal, wie defensiv sich erkrankte Personen dann verhalten, entwickeln sie später „trotzdem“ LongCOVID. Es ist aber grundsätzlich möglich, sein Risiko für bestimmte Komplikationen zu verringern, wenn man ein paar Empfehlungen von LongCOVID-Spezialisten und Sportmedizinern folgt.

Geimpfte Personen sollten z.B. nach dem Ende der virusbedingten Symptome zwei Wochen Abstand vor einem operativen Eingriff einhalten, um Komplikationen während der Narkose zu vermeiden (McInerney et al. 2023).

Überanstrengung nach der Infektion vermeiden

Das A und O einer vernünftigen Genesung (während und) nach einer SARS-CoV2-Infektion ist, sich ausreichend zu schonen, viel Ruhe und vor allem viel zu schlafen.

Das vulnerable Zeitfenster, in dem durch zu frühe körperliche Aktivität LongCOVID in der Entstehung begünstigen kann, beträgt etwa 8 bis 14 Wochen (siehe dazu den Vortrag von Dr. Kathryn Hoffmann). Während es Couchpotatoes vielleicht weniger auffällt, bedeutet das für körperlich aktive und sportbegeisterte Menschen ein erheblicher Einschnitt im Alltag. Das sollte man unbedingt vermeiden, indem man sich erst gar nicht ansteckt.

Erste Empfehlungen lauteten bereits zu Pandemiebeginn zu mindestens zehn Tage Ruhe ab Symptombeginn und weitere sieben Tage Symptomfreiheit und keine Medikamenten-Einnahme mehr, bis man wieder mit sportlicher Aktivität beginnen könnte (Elliott et al. 2020). Der Physiotherapeut und Neurobiologe Prof. David F. Putrino rät nach leichten bis mittelschweren Symptomen zu mindestens 6 Wochen Pause. Zudem sollte man sich nicht zu schnell fit für die Arbeit melden. Wer zu früh beginnt, riskiert anhaltende Lungen- und Herzprobleme, darunter Herzmuskelentzündungen, was auch von anderen Virusinfektionen, z.B. nach Influenza, bekannt ist.

„Grundsätzlich warnen Kardiologen Genesene davor, sich nach der überstandenen Infektion zu früh zu belasten. Wer mit Covid-19 infiziert war, sollte seinem Körper nach der Genesung Zeit geben. Faustregel: Während der Infektion und noch zwei Wochen nach dem Abklingen der Symptome keine körperliche Belastung. Anschließend langsam wieder steigern. Insgesamt so lieber sechs bis acht Wochen beim Sport und bei der Arbeit kürzertreten, als möglicherweise jahrelang unter den Folgen einer nicht auskurierten Covid-19-Infektion zu leiden.“ (NDR, 26.09.23)

Long COVID-Patienten mit PEM zeigen nach körperlicher Betätigung eine Verschlechterung von Muskelabnormalitäten und eine Dysfunktion der Mitochondrien (Energiegewinnung).

PEM vermeiden

Wichtigste Regel: Auf keinen Fall gegen den Körper arbeiten!

Die Post Exertion Malaise (PEM) bedeutet, dass die persönlichen Belastungs- und Energiegrenzen überschritten wurden. Betroffene erleiden danach oft zeitverzögert einen „Crash“ mit einer massiven Zustandsverschlechterung, die bei anhaltender Überschreitung der Belastungsgrenzen dauerhaft sein kann.

Es gibt dabei keine Grauzonen – es ist absolut kontraindiziert, bei PEM körperliches (und zum Teil auch kognitives) Training zu verschreiben (van Rhijn-Brouwer et al. 2024, Gloeckl et al. 2024 – mit Empfehlungen)

PEM lässt sich mittlerweile klar diagnostizieren, es ist keine Einbildung und vor allem keine Dekonditionierung nach längerem Krankenstand.

Bei PEM verändert sich die Zusammensetzung der Muskelfasern Richtung anaerober Stoffwechsel (Energiegewinnung ohne Sauerstoff, da die Mitochondrien-Energiegewinnung beeinträchtigt ist). Körperliches Training schädigt bei Betroffenen daher die Muskeln. Amyloidablagerungen werden auch in den Gehirnen von Alzheimer- und Parkinsonpatienten beobachtet, sowie bei Herzmuskelschädigungen. C-reaktives Protein (CRP) ist ein Amyloidprotein mit antimikrobiellen Eigenschaften. Amyloide werden mit Entzündungen in Verbindungen gebracht und könnten ein Teil unserer angeborenen Immunität sein. Nach Bewegung stieg die Menge an Amyloidablagerungen in den Skelettmuskeln der LongCOVID-Patienten an. Ein Drittel der Patienten litt zudem nach ausgiebiger körperlicher Betätigung unter Muskelnekrose (totes Gewerbe).

Wie erkennt man eine Überlastung?

Auswertung der Datenspende-App des RKI – auch nach Infektion nach Impfung noch ca. 8 Wochen mit erhöhtem Ruhepuls. Solang der Puls so übermäßig ansteigt, Füße still halten!

Die Anschaffung einer Fitnessuhr bzw. Smartwatch kann helfen, Überlastungen oder Symptomveränderungen frühzeitig zu erkennen, etwa verringerte Sauerstoffsättigung oder überhöhter Puls – hier heißt es aber aufzupassen, dass man keinen Suchtcharakter entwickelt und ununterbrochen auf die Werte bzw. Abweichungen schaut.

Die WHO warnt in ihren Richtlinien ausdrücklich vor aktivierender Reha, wenn PEM/PESE vorliegt. Viele schwer betroffene LongCOVID/MECFS-Betroffene hat die Reha mit erzwungener körperlicher Aktivität erst in den Rollstuhl gebracht bzw. bettlägerig gemacht. Leider ist eine Reha oft Voraussetzung für finanzielle Unterstützung durch die ÖGK/PVA: Eine Abwärtsspirale, die politisch gestoppt gehört.

Wichtig ist daher, bei anhaltender Erschöpfung auf angemessenes Pacing zu achten (siehe Vortrag von Neurologe Dr. Michael Stingl).

Mehr zur Therapie, wenn Long/Post COVID bereits diagnostiziert wurde.

Profi-Sport nach der Infektion bei Erwachsenen

Aus dem Positionspapier “Return to Sport” von Nieß et al. (05/2020)
weiterhin gültige Empfehlungen (Pneumonie: Lungenentzündung, Myokarditis: Herzmuskelentzündung)
Achtung: Dieses Schaubild gilt nur, Spätfolgen vorzubeugen, die durch mangelnde Schonung ausgelöst werden können – andere Risikofaktoren für LongCOVID wie Viruspersistenz, Gefäßschäden, Immundefekte (genetische Disposition) sind darin nicht erfasst (Mai 2020!)

Die Empfehlungen richten sich an Profisportler, gelten aber generell für alle, die sich körperlich wieder betätigen wollen (Hobbysportler) oder müssen (Haushalt, Job, Kinder). Grundsätzlich sollte man bei symptomfreien Verläufen 2 Wochen auf intensive Belastung verzichten, bei symptomatischen Verlauf mindestens 2-4 Wochen. Wenn zusätzlich eine Lungenentzündung aufgetreten ist, mindestens 4 Wochen und bei Herzmuskelentzündung mindestens 3 Monate lang keine sportliche Belastung.

Im ersten Stadium (10 Tage Minimum) sind Gehen, Alltagsaktivitäten erlaubt, im zweiten Stadium (2 Tage Minimum) Gehen, leichtes Joggen, kein Widerstandstraining (Kraftraining), danach schrittweise Trainingssteigerung. Übertragen auf Hobbysport heißt das wohl, erst Gehen, dann Spazieren und leichte (kurze) Wanderungen in der Ebene, ehe man schrittweise Länge, Höhenmeter und Tempo steigert.

Bevor man schrittweise das Training oder seinen Hobbysport wieder aufnimmt, sollte man tägliche Aktivitäten und 500 Meter Strecke in der Ebene gehen überstehen, ohne danach ausgeprägte Erschöpfung (Fatique) oder Kurzatmigkeit zu empfinden. Fitness-Uhren helfen bei der Überwachung, zu hoher Puls ist ein Warnzeichen, ebenso Schlafqualität und Auftreten von Muskelkater. Sobald eine Aktivität Symptome nach sich zieht, sollte man wenigstens 24 Stunden lang symptomfrei sein, bevor man erneut beginnt.