Daten, Fakten, Aufklärung

Monat: Januar 2024

Neuigkeiten zu den Winterwellen

In Kalenderwoche 4 gab es einen starken Anstieg der RSV-Fälle (22%), Influenza dominiert mit 31%, Rhinoviren 7% und nur 4% SARS-CoV2, n = 321

Die gute Nachricht ist, dass SARS-CoV2 weiter zurückgeht und nurmehr in 4% der Sentinelproben gefunden wird. Das ist der niedrigste Stand seit dem Frühsommer. Die schlechte Nachricht ist: In den Abwasserdaten, die wohl repräsentativer für die Gesamtbevölkerung sind, bewegen wir uns in der Sohle der letzten Winterwelle, bevor die XBB.1.5-Welle zugeschlagen hat – von der Frühsommersohle 2023 sind wir weit entfernt. Das Ansteckungsrisiko mit SARS-CoV2 ist also nicht Null, auch wenn jetzt Influenza und RSV dominieren.

Der kanadische Arzt Raj Bhardwaj entlarvt in diesem Interview Mythen über das vermeintlich harmlos gewordene Covid. Die Behandlung sei nicht einfacher, sondern komplizierter werden. Statt vor allem mit schweren Lungenerkrankungen kämen Patienten jetzt mit multisystemischen Problemen, Herz, Lunge, Niere, Fatigue, Dehydrierung. Bei leichten Verläufen sind es typische grippale Symptome, aber ….

„It’s not the surface symptoms that are the real problem. They feel not too bad. It’s the problem that – including JN.1 – does through the rest of your body, hacking the tissue and causing increased risk of blood clots and diabetes and brain problems and things like that.“

…es sind eben die Spätfolgen, die uns weiterhin beunruhigen sollten, sobald sich das Virus im Körper ausbreitet und jedes Organ attackieren kann. Zu abgelaufenen Schnelltests sagt er, man solle das pragmatisch sehen, solange man die Grenzen der Aussagekraft kenne. Solang die Kontrolllinie deutlich zu sehen ist, funktioniert der Test. Wichtiger sei, nach einem negativen Test regelmäßig nachzutesten.

Bei Influenza zeichnet sich nach der Rekordsaison 2022/2023 erneut eine starke Saison ab.

„Sind relativ wenige Menschen … in der vergangenen Saison mit dem Virus in Kontakt gekommen, häufen sich die Fälle in der darauffolgenden Saison“

Infektiologe Helmut salzer, linz

Das ist wahrscheinlich missverständlich formuliert und bezieht sich nicht auf vermeintliche Immunschuld, sondern auf den Virusstrang. Letztes Jahr dominierte Influenza A (H3N2), gefolgt von B, heuer bisher A (H1N1). Das Problem ist aber, dass Menschen, die im Vorjahr mit H3N2 krank wurden, heuer nicht gegen H1N1 immun sind. Daher sind zeitnahe Impfauffrischungen so wichtig (Krammer 2019), aber genau da ist Österreich extrem nachlässig.

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Wer seine Mitmenschen schützt und Maske trägt, ist wirklich gegen Rechts

Die kollektive Verleugnung und Verdrängung der nicht beendeten SARS-CoV2-Pandemie führt zu vermeidbaren Todesfällen und weiteren Spätfolgen in einem inakzeptablen Ausmaß. Betroffen sind nicht nur gesundheitlich anfällige Personen, sondern auch überproportional all jene Menschen, die in hochexponierten Berufen arbeiten (Gesundheits- und Bildungspersonal) bzw. niedrig qualifiziert sind und eine andere Herkunft haben („Systemerhalter“).

So beeindruckend die Zivilgesellschaft in Deutschland auf die NS-Phantasien der rechtsextremen Parteien reagiert – in Deutschland äußern sich sogar Fußballtrainer in der Öffentlichkeit -, so enttäuschend ist ihre Abwesenheit in der Pandemiephase, in der hohe Infektionszahlen mit allen schwerwiegenden Folgen normalisiert worden sind. Hunderttausende protestieren gegen eine Ideologie, die mit der erfolgreich umgesetzten Great-Barrington-Declaration in der Pandemie bereits Einzug in die Lebensrealität vieler Menschen gehalten hat, die eine SARS-CoV2-Infektion nicht schadlos überstanden haben bzw. sie weiterhin vermeiden müssen. Die Pandemie hat von Beginn an überproportional Menschen mit niedriger Bildung und anderer Herkunft betroffen, aber genauso alte und kranke/behinderte Menschen. Die Mehrheitsgesellschaft wähnt sich in der „alten Normalität“, „nach Corona“, doch die alte Normalität starb 2019. Jetzt gibt es nurmehr die Wahl, ein Sozialleben mit oder erhöhtem SARS-CoV2-Infektion zu pflegen. Das kann dazu führen, dass vulnerable Angehörige versterben oder schwerkrank zurückbleiben.

Deswegen wirken diese ganzen maskenlosen Demos ohne jede Schutzmöglichkeit scheinheilig: Es ist sehr leicht, sich „gegen Rechts“ zu positionieren, aber im Alltag dann das Gegenteil zu leben. Wo war diese „Zivilgesellschaft“ in den letzten vier Jahren der Pandemie? Wie empathisch ist die Mehrheitsgesellschaft jetzt mit Menschen, die sich immer noch schützen wollen oder müssen? Wie geht sie mit den neuen chronisch Kranken um? Wie viel Verständnis hat sie dafür, wenn man lediglich darum bittet, bei Symptomen eine Maske zu tragen und zu testen? Wo sind die Aufrufe der Organisatoren der „Demos gegen Rechts“, in größeren Menschenansammlungen eine Maske zu tragen, damit all jene „Vulnerable“, die das erste Opfer einer faschistischen Wiederkehr sind, sich beim Protest inkludiert sehen?

Sich vom rechten Gedankengut abzugrenzen und laut gegen die AfD oder FPÖ zu demonstrieren reicht nicht. Es ist der Umgang mit den Mitmenschen, die Handlungen, die man setzt, die zeigen, ob man es ernst mit dem „Nie wieder ist jetzt!“ meint. Ich sehe diesen Ernst in weiten Teilen der jetzigen Zivilgesellschaft nicht.

(Kurzfassung – für ausdauernde Leser gibt es auch eine Langfassung, siehe unten, bitte nicht beschweren, dass es so lang ist, ich kann mir leider nicht helfen)

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MECFS/LC und SARS-CoV2-Monitoring: PR-Aktionen des Gesundheitsministers

Gesundheitsminister Rauch kurz nach Amtsantritt, DerStandard am 10. März 2022: Ein Staat, der nicht bereit ist, das schwächste Glied zu schützen, ist keine Demokratie mehr, sondern setzt das Recht des Stärkeren um – bzw. hier das Recht der vermeintlich gesunden Mehrheit, die zu bequem ist, für andere zu verzichten oder sich geringfügig einzuschränken (z.B. Maske im Wartezimmer, in Öffis oder generell bei Symptomen zu tragen). Das ist „Health Supremacy“.

Es gibt schon wieder zu viele brennende Themen, die ich als One-Man-Show kaum adäquat abdecken kann. Zwei davon möchte ich jetzt herausgreifen, weil sie gerade sehr drängend sind. Das eine ist unsere Datenqualität, mit der das Infektionsgeschehen überwacht wird, das andere der Umgang mit chronisch kranken Menschen durch die Infektion selbst. Der Gesundheitsminister zeichnet sich wiederholt durch PR-Aktionen aus, die sich hinterher als Luftblasen entpuppen. De facto wird nichts bzw. bei weitem nichts ausreichendes getan – weder zum Schutz der Betroffenen, noch zu deren Therapiemöglichkeiten oder sozialer Absicherung. In der jetzigen Konstellation als Gesundheits- und Sozialminister ist Rauch (Grüne) für beides zuständig. Ein Infektionsgeschehen nur zu überwachen, aber nicht einzugreifen, wenn die Welle Rekordhöhen erreicht, ist pure Heuchelei. Wir sahen dies schon in den ersten Pandemiejahren, als man Schulen als „Infektionsradar“ instrumentalisierte, statt eben dort Schutzmaßnahmen zu verhängen, um Kinder, Jugendliche, aber auch Pädagogen zu schützen.

Im vergangenen Jahr wurden viele LongCOVID-Ambulanzen geschlossen, obwohl diese nach eigener Auskunft mit massiven Anfragen und Überlastung zu tun hatten. Verbleibende, wenige Fachärzte in Österreich, die sich mit postviralen Erkrankungen generell auskennen, waren und sind völlig überlastet. Auf ihnen lastet eine menschenunmögliche Verantwortung, selbst bloß nicht auszufallen.

Der Vorgänger von Rauch, Wolfgang Mückstein, ließ in einer Stellungnahme an MECFS-Betroffene am 21. Februar 2022 ausrichten, dass die Zuständigkeiten bei MECFS unklar sein würden, und es auch wenig Forschung geben würde, um das Feld voranzubringen. Es wurde außerdem behauptet, dass es bei MECFS keine klaren biologischen Marker geben würde, eine eigene Anlaufstelle für MECFS-Patienten war nicht geplant.

Anlaufstellen, soziale Absicherung, kein Zwang zur Verschlechterung der Erkrankung durch aktivierende Reha-Maßnahmen, Übernahme von teuren Medikamenten durch die Kasse, mehr Pflegepersonal für Schwerbetroffene – das alleine sind bereits wichtige Punkte, die in Angriff genommen werden müssen. Es ist aber auch genauso wichtig, dass sich die Betroffenen selbst gegen ein dauerhaft etabliertes, hochinfektiöses Virus schützen können, indem pflegende Angehörige geschützt werden. Und da passiert eben nichts mehr bzw. das Gegenteil wie Erschwerung von Impfstoffangebot, strengere Kriterien für Paxlovid-Erhalt und keinerlei Schutz in Spitälern bzw. Verbote, Luftreiniger zu verwenden.

Zur Klarstellung der Begrifflichkeiten:

LongCOVID ist ein Oberbegriff für verschiedene Spätfolgen einer SARS-CoV2-Infektion, von Lungenembolie über Herzmuskelentzündung, kognitive Einschränkungen und Demenz, chronische Infektion und dauerhaftem Geruchsverlust bis hin zu Belastungsintoleranz (PEM) und Bettlägerigkeit.

MECFS ist eine postvirale Erkrankung, deren Leitsymptom die Belastungsintoleranz ist. SARS-CoV2 ist einer der Auslöser, davor waren es Influenza, Epstein-Barr-Viren und andere Virusinfektionen. Zu trennen ist also das allgemeine LongCOVID vom spezifischen LongCOVID mit PEM, das nach 6 Monaten zum MECFS wird. Unter diesen Voraussetzungen kommt eine Hilfe für LongCOVID mit PEM-Betroffene auch MECFS-Betroffenen zugute und umgekehrt.

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Das fünfte Pandemiejahr: Der aktuelle Stand

Nationales Abwassermonitoring in Österreich, Stand 02.01.24 – Der Eindruck täuscht, an zwei Wellenpeaks waren mindestens drei dominante Varianten beteiligt: XBB.1.5 im Spätwinter, EG.5.1. ab dem Sommer und JN.1 zum Peak im Dezember – rot eingefärbt ist die Fläche unter der Kurve, das is die relevante Zahl der Infizierten.

Der aktuelle Stand… da fängt das Problem schon an. In Österreich gibt es keine aktuellen Daten. Die meisten Abwasserdaten aus den Bundesländern gehen nur bis 02. Jänner 2024. Die gute Nachricht ist, dass der Peak von JN.1 überschritten wurde. Die schlechte Nachricht besteht aus zwei schlechten Nachrichten: Wir wissen nicht, ob der Rückgang durch die Weihnachtsferien beschleunigt wurde und in den kommenden Wochen ein Wiederanstieg droht, und gleichzeitig haben wir nun offiziell die Influenzawelle eröffnet.

Laut den Einsendungen der Sentinel-Ärzte an die Virologie Wien war die Verteilung zuletzt so:

VirenKW51KW52KW1
Anzahl Proben417170231
SARS-CoV230%28%35%
Influenza10%22%29%
RSV10%13%9%
Rhinoviren5%11%11%
90% der eingesendeten Influenzaproben sind vom Subtyp A H1N1 (pdm), der auch im aktuellen Influenza-Impfstoff enthalten ist, dargestellt sind die Sentinelproben mit positivem Virusnachweis

Etwa ein Drittel der Hustenchoräle in den Öffis sind also weiterhin von SARS-CoV2, ein Drittel bald von Influenza und auf niedrigerem Niveau zirkulieren RSV und Rhinoviren. Nur weil der Peak von SARS-CoV2 überschritten wurde, ist das kein Grund zur Entwarnung. Wenn das Hochwasser die Scheitelwelle überschreitet, räumt man ja auch nicht sofort die Sandsäcke weg und öffnet die Deichschutzbarrieren, sondern wartet, bis das Wasser vollständig abgelaufen ist. Die miese Impfquote bei Influenza (ca. 10-15%) rettet uns auch diesen Winter nicht, zumal sie nach einer vorausgehenden Corona-Infektion schwerer verlaufen kann. Oder wie ich durch den Krieg in Osteuropa von Militärexperten gelernt habe: Clusterfuck.

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