Eine der wesentlichen Lügen von Gesundheitsminister Rauch, der u.a. behauptete, durch die Corona-Maßnahmen wäre es zu steigenden Suizidraten gekommen. Tatsächlich war die Zahl der Suizide in den ersten beiden Pandemiejahren (2022 gab es keine Lockdowns mehr) durchgehend rückläufig. Rauch begründete mit dieser Lüge seine Weigerung, erneut Maßnahmen gegen steigende Infektionszahlen zu setzen.

Offiziell ist die SARS-CoV2-Pandemie noch nicht beendet worden. Die WHO erklärte am 5. Mai 2023 auf wachsenden Druck durch ihre Mitgliedsländer den internationalen Gesundheitsnotstand (PHEIC) für beendet, verwies aber im gleichen Statement darauf, dass die globale Gesundheitsbedrohung durch SARS-CoV2 weiterhin vorhanden sei. Es handelte sich um eine politische Entscheidung, nicht um eine wissenschaftlich-medizinische. Nachdem Österreich bereits aufgrund eines Zeitungs-Interviews mit Virologe Christian Drosten zum Jahresende 2022 die Pandemie für beendet erklärte, nahm man die WHO-Erklärung zum Anlass, dies nun im Namen der WHO zu tun – eine nie korrigierte Irreführung der Öffentlichkeit.

Der erste Gesundheitsminister der Pandemie, Rudolf Anschober, hatte es nicht leicht. Die Vorgängerregierung unter schwarzblau hatte den Bereich Öffentliche Gesundheit ziemlich gestutzt, es fehlte an Personal, aber auch an Beratern, die dieser Mammut-Aufgabe gewachsen waren. Anschober machte gleich zu Beginn schwere Fehler. Weder gab er das Sozialministerium ab, noch berief er den Obersten Sanitätsrat ein, der noch ein ganzes Jahr unbesetzt blieb. Das Frühwarnsystem oblag der AGES, vertreten durch Public-Health-Leiter Franz Allerberger und dessen späterem Nachfolger, Bernhard Benka. Von Allerberger wurde die Pandemie von Beginn an heruntergespielt und der Schwedische Weg der Durchseuchung forciert. Zum Glück hörte Ex-Bundeskanzler Kurz damals noch auf Virologe Drosten und ging einen strengen Weg mit dem ersten Lockdown, der auch die Schließung von Kindergärten und Schulen vorsah – die effektivste Maßnahme, wie das Complex Science Hub Vienna später zeigen sollte. Das Präventionsparadoxon schlug mit voller Härte zu, die Pandemie wurde im Sommer 2020 für überstanden erklärt und die Ernüchterung im Herbst 2020 war groß, als die Infektionszahlen wieder stiegen. Die AGES-Vertreter, vor allem Allerberger und Epidemiologin Daniela Schmid, die auch Sprecherin der Corona-Kommission war, drängten auf Durchseuchung und verschleierten mit ihrem Contact Tracing die treibende Rolle der Schulen während der zweiten Welle („ungeklärte Haushaltscluster“). Der zweite Lockdown war unausweichlich, kam aber zu spät. Die Spitäler kollabierten bis hin zur Triage-Anwendung. Anschober erkannte erst spät seinen schwerwiegenden Irrtum, als er im Dezember 2020 mit Spitalspersonal sprach und aus erster Hand erfuhr, was der Zusammenbruch des Gesundheitswesens bedeutete. Danach übernahm Anschober die Initiative und mahnte die Länder in der aufwallenden ALPHA-Welle zu strengeren Maßnahmen – denn Gesundheit war und ist nach wie vor Länderkompetenz, selbst in einer Pandemie. Für Wien, Niederösterreich und das Burgenland verhandelte er ohne Absprache mit Kurz den sogenannten „Ost-Lockdown“ über Ostern, die anderen Länder zogen nicht mit. Auch Kurz fiel Anschober in den Rücken und intrigierte gegen ihn, als er bereits wegen Überlastung im Spital lag.

Anschobers Nachfolger, der Hausarzt Wolfgang Mückstein, äußerte sich vor Amtsantritt in Talksendungen noch vernünftig, drehte sich aber nach dem ersten Auftritt in der Öffentlichkeit um 180 Grad.

Ich werde unpopuläre Entscheidungen treffen, weil ich mich als
Gesundheitsminister und Arzt dazu verpflichtet sehe
.“ (Pressekonferenz, 13.04.2021)

Fortan übernahm er ausschließlich das Narrativ, erst zu handeln, wenn das Gesundheitssystem überlastet worden wäre, also vor allem volle Intensivbetten. Jüngere Kinder wurden von Test- und Maskenpflicht ausgenommen, obwohl längst wissenschaftlich belegt war, dass sie Teil des Infektionsgeschehens waren. Spät in der DELTA-Welle wurde schließlich die Impfung für 5-11jährige zugelassen, dabei wurde in einer Pressekonferenz mit Mückstein erstmals auch das LongCOVID-Risiko für Kinder und Jugendliche erwähnt. Mückstein war kein gelernter Politiker und tat sich sichtlich schwer, seine Botschaften glaubwürdig zu vertreten. Seine Impfkampagne ging ins Leere – der Lockdown für Ungeimpfte war überdies noch unwissenschaftlich, denn auch Geimpfte konnten die DELTA-Variante übertragen. Aus internen Dokumenten der Opposition ging hervor, dass Mückstein der ÖVP ein Dorn im Auge war und abgesägt werden sollte. Die ÖVP drängte auf eine raschere Aufhebung der Masken- und Testpflicht, maßgeblich auf Druck der Wirtschaft (v.a. Handel). Anfang März unterzeichnete Mückstein noch das neue Covid-Maßnahmengesetz, das weitreichende Öffnungen ab 05. März 2022 vorsah – trotz der enorm hohen Infektionszahlen in Zusammenhang mit der BA.1/BA.2-Welle. Zuvor kündigte Mückstein seinen Rücktritt an. Offizielle Begründung waren Drohungen gegen ihn und seine Familie durch militante Coronaleugner. Das war aber nur ein Teil der Begründung, wie sich bald zeigen sollte. Am 03. März 2022 wurde bekannt, dass der damalige Vorarlberger Landesrat für die Grünen, Johannes Rauch, die Nachfolge von Mückstein antreten sollte.

In diesem Beitrag möchte ich mich der Frage widmen, weshalb der erfahrene Berufspolitiker Rauch seine Haltung zur Pandemie mit Amtsantritt änderte, was seine wesentlichen Verfehlungen in den letzten anderthalb Jahren waren und welche schwerwiegenden Konsequenzen dies für die Öffentliche Gesundheit und die Gesellschaft hat.

Wer ist Johannes Rauch?

Rauch gilt als einer der erfahrensten Berufspolitiker der Grünen. Von 1997 bis 2021 war er Landessprecher für Vorarlberg, zwischen 2004 und 2014 Klubobmann, seitdem als Landesrat für Umwelt, Klimaschutz und Mobilität Mitglied der Vorarlberger Landesregierung gemeinsam mit der ÖVP. Vor seiner Laufbahn als Politiker war Rauch Bankberater und Sozialarbeiter. Er war Teil des grünen Bundesteams bei den Koalitionsverhandlungen.

Wie dachte Rauch vor seinem Amtsantritt als Bundesminister?

Die folgenden Zitate stammen von Twitter (jetzt X), Interviews und aus seinem persönlichen Blog.

Zitate aus dem ersten Pandemiejahr: Die Lernkurve hat leider nicht mitgehalten

In der ersten Welle war Rauch noch der Ansicht, dass das Virus die Schäden anrichtet, nicht die Maßnahmen, um das Virus zu bekämpfen. Zwar befand er sich wie so viele bezüglich Stoffmasken auf dem Holzweg, weil das Virus über die winzigeren Aerosole übertragen wird, doch hatte er damals noch den Fremdschutz im Sinn. Zudem hatte er meinen vernichtenden Faktencheck zu Allerberger gelesen, der zumindest in Journalistenkreisen Aufsehen erregt und meine Followerzahlen innerhalb kurzer Zeit verdoppelt hat.

Im Laufe des Herbsts 2020 begann das False-Balance-Problem mit widersprüchlichen Expertenmeinungen und Studien. Aus seinem Tweet geht nicht hervor, ob er „hochskeptisch“ pro oder contra Schulschließungen war – zu vermuten ist eher, dass er gegen Schulschließungen war. Mehrere Studien zeigten, dass bei niedriger Hintergrundinzidenz Kindergärten und Schulen keine Infektionstreiber waren (Johnson et al. 2020Hoehl et al 2020). Schulen ohne Schutzmaßnahmen führten nach Lockerungen aber zu einem Anstieg der Reproduktionszahl um durchschnittlich 24%. Studiendaten zum Ansteckungs- und Übertragungsrisiko gab es bis November 2020 u.a. aus Indien, USA, Österreich (Gurgelstudien), Israel, die klar zeigten, dass Kinder Teil des Infektionsgeschehens sind. Bei Studien, die das Gegenteil zeigten, hätte man Interessenskonflikte hinterfragen sollen. Der Seuchenkolumne von Robert Zangerle stimmte er zu. In dem Text kritisiert Zangerle u.a. den alleinigen Fokus auf die Intensivstationen. Rauch legt den Fokus als Minister alleinig auf die Intensivstationen.

Weiterhin False-Balance neben der richtigen Erkenntnis, dass eine Öffnung zu früh war

Ende Dezember 2020 kritisierte er noch die liberalen Sonderwege, die Sozialpartner und die “Sehnsucht nach Normalität”: “Je mehr Normalität, desto normaler wird das Sterben an COVID.”

Anfang Februar 2021 wieder False Balance, die einen sagen so, die anderen so.

Rauch bei der ORF-Diskussionssendung „Im Zentrum“

Eine der wesentlichen Fehleinschätzungen der WissenschaftlerInnen war zu sagen „Wissenschaftler beraten, aber Politiker müssen entscheiden, was für die Gesamtgesellschaft richtig ist.“ Denn aus den Worten von Rauch wurde schon frühzeitig klar, dass die Wissenschaft durch Emotionen ausgespielt werden würde. Das war natürlich schon viel früher klar. Kurzfristige Interessen der Wirtschaft [Gier] und Wahlkämpfe [Wien 2020, Oberösterreich 2021 und Bundespräsidentenwahl, Tirol 2022, Niederösterreich, Salzburg und Kärnten 2023] waren maßgeblich für die Verzögerungen von lebenswichtigen Maßnahmen bzw. deren verfrühte Lockerung verantwortlich.

Die Alternative hat Rauch übrigens nicht genannt: Es sind Menschen gestorben und dauerhaft krank geworden, weil sie das Weihnachtsfest gemeinsam gefeiert und sich dabei infiziert haben.

Am Ende zählte also die „emotionale Wahrheit“ und Gremien, Kommissionen und Beraterstäbe dienten lediglich als Feigenblatt für die Regierung. Viele, wenn nicht alle RegierungsberaterInnen hatten Interessenskonflikte – ihre Karriere hing davon ab, wie sie sich politisch positionierten. So hielt sich ihr Widerstand gegen die Regierung in Grenzen.

Im Mai 2021 gab sich Rauch noch mit Lernkurve: Nicht denselben Fehler begehen wie 2020, auch mit weiteren Impfungen. Er erwähnte explizit LongCOVID als eine Pandemiefolge, die nicht vorüber gehen würde, und kritisierte die WKO.

Ein Jahr später kündigte Rauch vorzeitig und überraschend die Aufhebung der Maskenpflicht im Handel und in Öffentlichen Verkehrsmitteln an, und signalisierte damit der Bevölkerung, dass die Gefahr vorbei sein würde. Die geringe Maskendisziplin zeigte eindrucksvoll, dass Eigenverantwortung nicht funktionierte. Selbst ältere Menschen trugen kaum Masken, obwohl sie am gefährdesten waren und blieben.

Rauchs persönlicher Blog

Gesundheitsminister Rauch führt einen privaten Blog, auf dem er auch seine Meinung zur Pandemie präsentierte. So veröffentlichte er am 29. November 2021 (Text archiviert) ein von offenbar von Experten verfasstes Dokument zu LongCOVID, Impfstoffen und Masken. Die zitierte Literatur war veraltet, der Text vor der DELTA-Welle geschrieben, die nicht erreichbare Herdenimmunität von 60-80% wurde erwähnt, die Grafik zur mRNA-Impfung wurde im März 2021 veröffentlicht, Literatur aus dem Jahr 2021 kam nicht vor.

Warum veröffentlichte Rauch einen veralteten Text und kennzeichnete es nicht entsprechend, warum wurden die Autoren nicht genannt?

Freilich gab es Schlüsselaussagen, die in seiner Amtszeit keine Erwähnung mehr fanden:

“Der monatelange Verlust an Lebensqualität und Arbeitsfähigkeit gehen einher mit hohen Kosten für die Gesundheitssysteme und die betroffenen Volkswirtschaften.”

Und es wurde klar zu LongCOVID Stellung genommen, ebenso zum Schutz von Masken sowie Verringerung der Viruslast und Krankheitsschwere.

Rauch wusste also sowohl über die volkswirtschaftlichen Konsequenzen von LongCOVID als auch der Effektivität der gelinderen Maßnahmen Bescheid.

Am 17. November 2021 stellte die Gesundheit Österreich GmbH (GÖG) eine Präsentation zum Motto „Gemeinsam zurück zur Normalität“ vor:

Auszug aus der Präsentation mit der Behauptung, dass Schulschließungen mehr geschadet als genutzt hätten. Auch hier wird nicht genannt, welche Folgen offene Schulen gehabt hätten: Kollaps des Gesundheitswesens und der Infrastruktur, noch mehr Tote und Langzeitkranke, noch mehr Verlust von Angehörigen der Kinder und Jugendlichen

Vortragsrednerin war Rosemarie Felder-Puig von der Donau-Uni Krems, die auch schon gemeinsam mit Epidemiologe Gartlehner publiziert hat (z.B. 2008, 2009). Felder-Puig ist nationale Leiterin der Health Behaviour in School-aged Children (HBSC) Studie und Koordinatorin der Kompetenzgruppe Kinder- und Jugendgesundheit der Österreichischen Gesellschaft für Public Health.

Eine parlamentarische Anfrage an das Bildungsministerium wurde am 9.4.2021 folgendermaßen beantwortet:

Daraus geht hervor, dass die Studie „Gemeinsam zurück zur Normalität“ vom Bildungsministerium in Auftrag gegeben wurde – und zwar schon während des dritten Lockdowns (Ost-Lockdowns) in der ALPHA-Welle. Zu diesem Zeitpunkt war die Zulassung der Impfung für die U12jährigen noch nicht absehbar. Ob Rauch von dieser Studie Kenntnis hatte, oder mit Polaschek darüber redete, als es um Schulmaßnahmen ging? Wir wissen es nicht. Grautöne wie Maske tragen, Luftfilter, Tests und Impfkampagne kamen nicht vor.

Ob diese Studie Rauchs „hohe Skepsis“ zum Thema Schulschließungen bestärkte, wissen wir nicht. Oder war es die Aufbruchsstimmung mit der Ankunft der vermeintlich harmlosen OMICRON-Variante, der sich Rauch nicht entziehen konnte?

Jedenfalls klang er in seinem Beitrag vom 31. Jänner 2022 ganz anders – man kann es als bereits als Regierungsauftrag sehen, als sein Programm als neuer Gesundheits- und Sozialminister:

[1] Er fällt wieder auf False Balance herein, seriöse Experten wissen, dass endemisch nicht bedeutet, dass eine Erkrankung ihren Schrecken verliert. Polio und Malaria sind auch endemisch.

[2] Reihenfolge demokratischer Zumutung: Er beginnt mit Masken im öffentlichen Raum, sogar noch vor den Lockdowns.

[3] Er nennt unter den Spuren der Pandemie zwar LongCOVID zuerst, aber nicht das Ausmaß der Betroffenen., dafür die “erschreckende Zunahme an psychischen Erkrankungen, insbesondere bei Kindern und Jugendlichen.” Das kann man als Vorgriff auf spätere Äußerungen als amtierender Minister sehen, wonach er die “psychischen Lockdownschäden” als höher gewichtet als die Zahl der erkrankten Kinder und Waisenkinder.

“Mein dreijähriger Enkel hat zwei Drittel seines bisherigen Lebens unter den Bedingungen der Pandemie verbracht, meine letzten Herbst geborene Enkelin kennt erwachsene Menschen, die nicht dem engsten Familienkreis angehören, nur als Maskenträger:innen.”

Darf man sich von persönlicher Abneigung gegen Masken leiten lassen, wenn man für die Gesamtbevölkerung Entscheidungen trifft, die tatsächlich Leben oder Tod bedeuten können?

In den weiteren Aussagen sieht man bereits den “Fahrplan”, den Rauch kurz nach Amtsantritt vollzogen hat:

“Nach dem Ende des „Lockdowns für Ungeimpfte“ brauchen wir weitere Ventile, durch die der Druck entweichen kann… Ebenso wenig ist es einfach, den richtigen Zeitpunkt für die Aufhebung dieser Maßnahmen zu finden. Dieser sollte zumindest mit jenen Parlamentsparteien koordiniert werden, die der Einführung der Impfpflicht zugestimmt haben.”

Als nächster Schritt sollten die in den diversen Covid-Maßnahmengesetzen verankerten Sonderbestimmungen für Legislative und Exekutive außer Kraft treten. Regierungen und Parlamente (Nationalrat, Landtage, Gemeinderäte) kehren in den verfassungsrechtlichen Normalbetrieb zurück.”

Rauch spricht hier überwiegend von Ventilen, über die der Druck von (radikalen) Maßnahmengegnern entweichen kann, doch was ist mit dem gestiegenen Infektionsdruck für Kinder, alte und vulnerable Menschen sowie zunehmende LongCOVID-Fälle? Die spielten seit seinem Antritt keine Rolle mehr. Aus seiner Sicht waren die umfangreichen Lockerungen erfolgreich: Die militanten Covidleugner und Impfgegner wurden besänftigt, sie hatten de fakto keinen Grund mehr, um in zehntausenden um den Ring zu maschieren und Drohungen zu skandieren.

Vor einer Wiedereinführung von strengeren Maßnahmen wurde das Epidemiegesetz so geändert, dass die Isolationspflicht aufgehoben werden konnte, was natürlich das Narrativ von Covidleugnern förderte, dass SARS-CoV2 nie so gefährlich war, dass man sich damit überhaupt hat isolieren müssen.

Conclusio aus seinen Haltungen vor Amtsantritt:

Rauch war schon lange vor der Übernahme des Bundesministeriums bestens informiert und vertrat vernünftige Positionen aus menschlicher Sicht. In der schwarzgrünen Landesregierung muss er damit des Öfteren auf taube Ohren gestoßen sein, denn Vorarlberg war „Modellregion“ und lockerte fatalerweise in die ALPHA-Welle hinein. Obwohl es nicht seinem Verantwortungsbereich entsprach, brachte er sich bei Gesundheitsthemen in die Bundesregierung ein bzw. vertrat die Grünen bei Talksendungen. Als OMICRON von zahlreichen Regierungsberatern wie Infektiologe Weiss und Wenisch, Epidemiologe Gartlehner und Komplexititätsforscher Klimek als „Ticket in die Endemie“ gesehen wurde, gab Rauch seine maßnahmentreue Haltung auf. Zusätzlich förderlich könnte die GÖG-Studie zur Kindergesundheit gewesen sein, die die Schulschließungen nachträglich schlechtredete. Ende Jänner 2022 klang sein persönlicher Blogtext wie eine Bewerbungsrede fürs Ministeramt – als Minister, der die gespaltene Bevölkerung wieder zusammenführen wird, der die psychische Gesundheit vor Maßnahmen stellt.

Etwa Anfang Februar, vielleicht auch etwas früher, wurde von einem FPÖ-Politiker das Gerücht gestreut, dass Mückstein von der ÖVP abgesägt werden sollte. Spekulativ hatte sich Vizekanzler Kogler also schon vor Rauchs plötzlichem Sinneswandel für ihn als Nachfolger von Mückstein entschieden.

Gute Journalisten hätten kurz nach dem Wechsel in der Regierung also zwei spannende Fragen gestellt: Was hat Rauch zu seinem Sinneswandel bewogen zwar über das Ausmaß von LongCOVID, auch für das Gesundheitswesen und die Volkswirtschaft, Bescheid zu wissen, dann aber alle Maßnahmen aufzuheben, um Covidleugner zu beschwichtigen? Und Vizekanzler Kogler hätte unbequeme Fragen beantworten müssen, wie er Rauch und Mückstein “auf Linie” gebracht hat, nämlich die ÖVP-Linie, die Pandemie mit möglichst wenig Schutzmaßnahmen durchlaufen zu lassen, um das Wirtschaftswachstum über Gesundheit zu stellen.

Ich denke, man kann mit einigermaßen viel Tatsachensubstrat annehmen, dass Rauch hier als Feuerlöscher der Koalition gewählt wurde, damit die Koalition mit der ÖVP nicht wegen Protesten potentieller Wechselwähler zur Impfpflicht und den medial unpopulären Schutzmaßnahmen zu platzen drohte. Rauch stellte die Rettung der Koalition über sein Vorwissen zu den Folgen einer ungehindert durchlaufenden Infektionswelle. Wiewohl er seine persönliche Abneigung von Masken nicht verbarg und zum Thema Schulschließungen schon früh am Irrweg war.

Der anti-wissenschaftliche Kurs von Rauch

Als ich am 03. März 2022 von der Entscheidung für Rauch hörte, fielen mir sofort seine Aussagen vom „Im Zentrum“ (2020) ein. In einem Tweet verglich ich Rauch mit Polaschek, er habe sehr wenig Ahnung von der Pandemie, außerdem sei sein Herkunftsland Vorarlberg kein Vorbild. Andere gaben zu dem Zeitpunkt noch Vorschusslorbeeren, man solle ihn erst einmal machen lassen.

Nun, als Rauch am 8. März 2022 Minister wurde, hatte man bereits seit Wochen erstmals offen zugegeben, einen Durchseuchungskurs zu fahren:

„Es wird zu einer Durchseuchung kommen. Aber Omikron ist so ansteckend, dass wir nicht daran vorbeikommen. Es sei denn, wir sind gut geschützt, und das ist die Impfung, vor allem die Dreifachimpfung. […] Durchseuchung ist ein negativ behaftetes Wording, ein Begriff, der Angst macht.“ (Katharina Reich, Generaldirektorin für Öffentliche Gesundheit im Gesundheitsministerium, Ö1-Morgenjournal)

Mit OMICRON wurde die Quarantäne in Kindergärten gelockert, Wohnzimmertests wieder zugelassen, Maskenpflicht an Volksschulen fiel, Ankündigung der Abschaffung bzw. Kontingentierung der PCR-Gratistests ab April 2022 und Verkündung des „Freedom Days“ am 05. März 2022 mit weitreichenden Lockerungen bei über 40000 Neuinfektionen – all dies noch vor dem ersten Auftritt von Rauch als Minister.

Aussetzung der Impfpflicht

Als die Impfpflicht beschlossen wurde, hatte es valide Gründe dafür gegeben. Mit einer Grundimmunisierung bestehend aus drei Wildtyp-Impfungen hätte man selbst gegen DELTA noch einen signifikanten Schutz vor Ansteckung erreichen und die Infektionszahlen gemeinsam mit Maßnahmen erheblich reduzieren können. Impfungen alleine hätten aber einen weiteren Lockdown oder notwendige Maßnahmen nicht verhindert. Es gab auch gewichtige Grunde dagegen, gerade in einem wissenschaftsskeptischen Land wie Österreich, und die Gründung der bei den Wahlen in Oberösterreich 2021 erfolgreichen Impfgegnerpartei MFG zeigte auch das Polarisierungspotential auf. Da wären umfassende Aufklärungskampagnen der bessere Weg gewesen, doch im Sommer 2021 blieb die Impfpflicht im Kanzleramt liegen. Im Gegensatz zu etlichen Ländern Europas, darunter auch Schweden, war die Impfung in Österreich jedoch kein Selbstläufer.

Mit OMICRON wurde der Schutz vor Ansteckung unterlaufen, damit fiel das Hauptargument der Impfpflicht weg. Eine auf Bildungs- und Gesundheitswesen begrenzte Impfpflicht hätte dennoch gute Argumente gehabt, denn die Mitarbeiter dort gehören zu den vulnerablen Gruppen, die sich am häufigsten und mit der höchsten Viruslast infizieren. Alle unter 18 waren prinzipiell ausgenommen – alleine dadurch wäre die Impfpflicht ohne weitere Maßnahmen in den Kindergärten und Schulen unwirksam gewesen, was die Verbreitung des Virus betrifft. Denn über 70% der Infektionen im Haushalt werden von Kindern aus Kindergarten oder Schule in den Haushalt getragen.

Als Rauch Minister wurde, hat man einen Tag später die Impfpflicht ausgesetzt, am Tag mit einem Rekord an Neuinfektionen, und mit haarsträubender Argumentation. Coronaleugner jubelten und forderten weitere Abschaffungen, frei nach dem Motto „Jetzt erst recht!“ – Ihre Aufmärsche zu tausenden am Ring jeden Samstag schienen Früchte zu zeigen.

Wiedereinführung von Maßnahmen?

Es war nicht mehr zu leugnen – die BA.1-Welle ging nahtlos in die BA.2-Welle über und führte über viele Wochen hinweg zu enorm hohen Infektionszahlen, die höchsten der ganzen Pandemie. Obwohl es dank Immunität durch Impfung und Infektionen weniger schwere Verläufe im Einzelfall gab, machte dies die hohe Absolutzahl an Neuinfektionen wett. Das belastete vor allem die Normalstationen, einerseits durch das steigende Patientenaufkommen, andererseits durch erkranktes Personal.

Aufgrund des steigenden Trends und der steigenden Belastung im Bereich der Normalstationen empfiehlt die Corona-Kommission die bundesweite Wiedereinführung von geeigneten Präventionsmaßnahmen.” (10.03.22)

Alle Mitglieder waren dafür, nur die Vertreterin des Bundeskanzleramts (Dagmar Szalkay-Totschnig) enthielt sich. Kurz nach dem Leak an die Presse urgiert Reich, die Empfehlung abzuschwächen und das Wort Wiedereinführung zu meiden.

“Aufgrund des steigenden Trends und der steigenden Belastung der Normalstationen empfiehlt die Corona-Kommission die Umsetzung geeigneter Präventionsmaßnahmen.”

Dieses Mal enthalten sich die VertreterInnen der Bundesländer und des Bundeskanzleramts, mit Ausnahme von Tirol, Oberösterreich, Steiermark und Wien.

Die Stellungnahme des Gesundheitsminister Rauch:

“Wir müssen sehr darauf achten, Akzeptanz und Verständnis in der Bevölkerung nicht zu verlieren. Eine Verschärfung der Corona-Maßnahmen wenige Tage nach der weitgehenden Öffnung wäre der Bevölkerung nicht vermittelbar.”

Quelle: Standard, 10.03.22

Im gleichen Interview richtete der ehemalige Darmkrebspatient Rauch dann hochvulnerablen Personengruppen folgendes aus:

In so einer lebensbedrohlichen Situation, wo sich alles auf das eigene Überleben verengt, hast du null Verständnis für alles, was außerhalb stattfindet. Trotzdem kann ich die Maßnahmenplanung nicht ausschließlich daran ausrichten, was für die am meisten gefährdete Gruppe gerade notwendig ist. Ich bin schon jemand, der darauf schaut, auch Vorsicht walten zu lassen. Aber Gesundheit in meiner Welt ist nicht nur die Abwesenheit von Covid.”

Doch, das kann er: Den Zustand einer Demokratie erkennt man daran, wie die Schwächsten in der Gesellschaft behandelt werden. Zumal er mit der Abschaffung der Maßnahmen auch die Rückkehr anderer gefährlicher Viruserkrankungen wie Influenza und RSV zuließ.

Rauch betonte, Maßnahmen erst (wieder)einführen zu wollen, wenn es unabdingbar sei. Im Ö1-Mittagjournal behauptete er gegenüber Klaus Webhofer, dass es keine Überlastung des Gesundheitssystems geben würde.

Einschränkung der Gratis-PCR-Tests

Am 12. März, nur vier Tage nach dem Amtsantritt von Rauch, wurde angekündigt, das Gratis-PCR-Testsystem einzustellen. Es lief dann auf eine Begrenzung auf 5 PCR-Tests und 5 Antigentests pro Person pro Monat hinaus. Für vulnerable Personen und deren Angehörigen war das bereits ein Problem, denn für häufige Arztbesuche, rechtzeitige Medikamentengabe und Isolierung, aber auch physische Sozialkontakte waren häufigere Tests notwendig. Wien umging das Problem, indem man zahlreiche, nicht kontrollierbare Ausnahmen bei den Gurgeltests hinzufügte. In allen anderen Ländern ging das Testaufkommen deutlich zurück, auch die Infrastruktur wurde schrittweise zurückgefahren.

Fakt ist: Ich bewege mich auf dem Fundament von Expertise (Wissenschaftlichkeit) und Verhältnismäßigkeit (Verfassungskonformität).“ (Rauch am 19.04.22, Tweet)

Am 24. Mai verkündete die Regierung in einer Pressekonferenz die Abschaffung der verpflichtenden PCR-Schultests ab Juni, und überraschenderweise auch die Abschaffung der Maskenpflicht im Handel und in den Öffis (bis auf Wien). Am gleichen Tag fand die „Science for Resilience“-Konferenz statt, eine Konferenz mit teils namhaften internationalen Wissenschaftlerinnen und vulnerablen Gästen. Gesundheitsminister Rauch blieb der Veranstaltung fern, angeblich wusste er davon nichts. Dafür ging er Anfang Juni auf den Österreichischen Gesundheitswirtschaftskongress und hielt die Eröffnungsrede. Der allerallererste Themenblock: „Unser Gesundheitssystem: Analyse nach der Pandemie. Was nehmen wir mit?“ — u.a. mit Public Health Graz alias Martin Sprenger. Sprenger wurde im Februar 2021 von den NEOS für den Gesundheitsausschuss nominiert und wirkte in Covidleugnerfilmen mit.

Abschaffung der Isolationspflicht

Am 8. Juni gab es eine Änderung im Epidemiegesetz, wonach die Isolationspflicht abgeschafft werden konnte, falls die Varianten so „mild wie OMICRON“ bleiben würden, was das „best case scenario“ im FutureOperation-Paper, dem Vorläufer des Variantenmanagementplans, war.

Am gleichen Tag traf ich Dietmar Seiler, Fachreferent für Zivilgesellschaft, aus dem Kabinett Kogler, zu einem Gespräch im Augarten (Gedächtnisprotokoll, kein Anspruch auf Vollständigkeit, keine vertraulichen Inhalte). Zur Gesetzesänderung meinte er noch, das hieß nicht, dass es sofort umgesetzt werden würde. Aber so naiv war ich doch nicht, wie er vielleicht glaubte. Das Gespräch war in jederlei Hinsicht augenöffnend und zeigte mir vor allem, dass die Grünen, zumindest ohne Anschober und Mückstein, in Pandemiefragen inhaltlich mit den neoliberalen Türkisen übereinstimmten. Es war nicht der Fall, so die naive Hoffnung, dass sich die Grünen bloß nicht durchsetzen konnten. Nein, die trugen den wirtschaftsfreundlichen Kurs der ÖPV aus freien Stücken mit. Dass sie der Wirtschaft langfristig durch steigende Krankenstände und Arbeitskräftemangel damit ihr eigenes Grab schaufelten, bemerkten sie nicht, denn dazu hätten sie internationale Presse und Studien verfolgen müssen.

Am 23. Juni wurde die nie eingeführte Impfpflicht abgeschafft, ebenso wurde angekündigt, die Quarantäne (gemeint war damit die Isolationspflicht) abzuschaffen, also von wegen, das wäre nur eine formale Änderung im Epidemiegesetz. Aus meinem Faktencheck des Managementplans geht hervor, dass die Türpfosten stetig verschoben wurden, um keine Maßnahmen wiedereinführen zu müssen – mit dem (nicht in allen Fällen zustimmenden) Segen der ExpertInnenen, die das Dokument mitverfasst hatten. Solange jede neue Variante unter dem Oberbegriff OMICRON kursierte, galt das „best case scenario“. Damit das auch so blieb, wurde – spekulativ – die WHO politisch unter Druck gesetzt, keine neuen Namen für Subvarianten von OMICRON zu vergeben. Sie setzt dafür Variant of Concerns voraus mit schwereren Verläufen. Seitdem weltweit aber immer weniger Länder sequenzieren und Patienten testen, lässt sich das nicht mehr so leicht feststellen.

Am 20. Juli kündigte die Regierung an, ab August die Isolationspflicht abzuschaffen.

Einstellung des Austrian Corona Panel Project (ACPP) 

Das ACPP diente zur Umfrage in der Pandemie mit stichprobenartigen Befragungen in der Bevölkerung zu Stimmungslagen, Einstellungen, Verhaltensweisen und Informiertheit und wie sich diese im Laufe der Krise entwickelten. Es wurde ab Oktober 2020 vom Wissenschaftsfonds FWF gefördert, welches dem Wissenschaftsministerium (ÖVP) unterliegt. Daraus ging bis April 2022 noch eine mehrheitliche Zustimmung zur Maskenpflicht hervor, am 24. Juni 2022 wurde die Finanzierung eingestellt.

Die psychische Belastung der Kinder: Lockdown oder Leistungsdruck?

Eine der wesentlichen Eckpfeiler der Durchseuchung der Bevölkerung war die Verharmlosung von Covid19 für Kinder und Jugendliche, während man gleichzeitig Schulschließungen als Ursache für steigende psychische Belastungen und Suizide heranzog. In meinem Faktencheck des ORF-Reports, wo auch Rauch zu Wort kam, habe ich ausführlichst dargelegt, weshalb diese Argumention einseitig und teilweise irreführend ist.

Auf Twitter meldete Gesundheitsminister Rauch ein Plus von 25% bei psychischen Erkrankungen und Suizidalität bei Kindern und Jugendlichen in Österreich, er bezeichnete das als Kollateralschaden der Pandemie. Ärztekammer-Vertreter sowie Kinder- und Jugendpsychiater Stefan Ferenci kritisierte diese Aussage in einer Aussendung. Die psychiatrische Versorgung der Kinder war schon vor der Pandemie eine Schande, aber statt auf den steigenden Bedarf durch die Pandemie zu reagieren, wären Kinder nur instrumentalisiert worden. Zudem würden Viruserkrankungen teils auch Langzeitfolgen bei Kindern auslösen.

Kinder haben ein Bildungsjahr verloren, das sie nie wieder aufholen.“ (Rauch am 09.07.22)

Es gibt Kinder, die durch Krankheit oder Krieg mehrere Schuljahre verpasst haben. Trotzdem sind aus ihnen wunderbare Menschen geworden, tolle Kollegen. Verloren ist Unsinn.

Und selbst wenn – die Kinder haben mehr verloren als ein Bildungsjahr. Nämlich das Vertrauen in die Erwachsenen, die aus Bequemlichkeit und Geldgier die Zukunft der Kinder opfern – weil sie sich nicht einschränken wollen, und das Vertrauen in den Staat, der die Kinder für die Wirtschaft opfert.

Chronisch erkrankte Kinder verlieren ein unbeschwertes Kinderleben. Kinder, die wiederholten Infektionen ausgesetzt werden, manchmal reicht auch schon eine einzige Infektion, haben nichts von offenen Schulen. Sie haben ständig Abwesenheiten, Konzentrationsstörungen, Leistungsverlust. Kranke Schüler müssen Schulstoff nachholen bei unverändertem Leistungsdruck.

Rauch führt Zunahme an Suizidalität bei Kindern und Jugendlichen als Begründung dafür an, keine Coronamaßnahmen mehr setzen zu wollen. Auf Nachfrage für Belege verweist er auf Google-Scholar – die ersten 10 Treffer der Suche verlinkten auf Studien, von denen keine einzige eine Aufgabe von Schutzmaßnahmen empfahl, um psychischen Stress zu reduieren.

Zur Untermauerung legte Rauch nach:

“Führe seit Wochen Gespräche mit Menschen, die im Feld tätig sind. Berichten unisono das Gegenteil. Zuletzt gestern m den sozial- u Beratungseinrichtungen in Vbg. Schilderungen zT dramatisch.”

Tyler Black, ein international ausgewiesener Suizidforscher, Notfallpsychologe und Pharmakologe entgegnete so:

“I would suggest that that the Austrian minister that makes this claim supplies the evidence for the claim, because it is counter to pretty much all of the evidence we have. Regional variations in suicidal numbers are normal. Sir, i’ve been battling this particular moral panic for 2 years now. It is full of “people sharing stories” and “talking about it,” and then when the data is published, a decrease/no change. Please please please let the data speak to you. no matter how many people have told you, we have been looking at suicides in youth in a variety of jurisdictions across the globe. of course there is some variation, but whenever there is a deviation from previous trends, typically, it is LOWER not higher.”

Thomas Finch, Psychiater, bedankte sich für die Unterstützung:

“I so appreciate your work here because you’re doing the near impossible task of disproving what has become mythology There is zero evidence of these claims They are essentially conspiratorial So thank you for trying here.”

Die mutmaßliche WHO-Meldung, auf die sich Rauch bezieht, zeigt aber 25% Anstieg über alle Altersgruppen, nicht nur bei Kindern und Jugendlichen. Als Ursachen werden multiple Gründe angeführt, Maßnahmen sind nur ein Baustein:

“Loneliness, fear of infection, suffering and death for oneself and for loved ones, grief after bereavement and financial worries have also all been cited as stressors leading to anxiety and depression. Among health workers, exhaustion has been a major trigger for suicidal thinking.”

Besonders betroffen sind Menschen, die schon vorher psychische Grunderkrankungen hatten. Auch dort steht nichts davon, dass die Aufhebung der Absonderung empfohlen würde, um Stressfaktoren auszuschalten. Experten fordern vielmehr einen massiven Ausbau an Therapieplätzen für Betroffene, wie in diesem gut gemachten Puls24-Bericht.

Es sind aber nicht nur die offenkundigen Falschmeldungen, die hier erschüttern, sondern auch, dass Rauch davon ausging, dass die Suchbegriffe “psychische Erkrankungen Kinder COVID” klar zeigen würden, dass die Maßnahmen zu den psychischen Folgen geführt hätten. Rauch ging offenbar davon aus, dass beliebige Treffer seiner Googlesuche seine falsche Behauptung zu 100% stützen würden. Er weiß also nichts über die Vielschichtigkeit der Faktoren, die zum Anstieg psychischer Erkrankungen bei Kindern führen. Seine Berater haben ihm entweder aus Inkompetenz oder ideologischen Hintergründen falsche Informationen zukommen lassen. Citizen Journalist-Kollegin Shirley brachte es auf den Punkt:

“Diese “Episode” zeigt, dass die festen Überzeugungen von Rauch nicht durch seriöse Evidenz entstehen, sondern durch anekdotische Eindrücke und Einflüsterer, die ihm aus eigener Desinformiertheit oder vorsätzlich ein falsches Bild vermitteln. Brandgefährlich.”

ORF-Zitat vom 30.09.22 und STANDARD-Zitat vom 22.06.22
  • Bei Präsenzunterricht nehmen Suizide zu und bei Schulschließungen ab (Hansen et al. 2022)
  • die Pandemie hat nicht zu steigenden Suizidzahlen geführt (Sun et al. 2023).
  • massive psychische Folgen wie Selbstverletzung, Suizidversuche und Ess-Störungen haben im Lockdown nicht zugenommen (Danielsen et al. 2023)
  • Am 18. August 2020 beantwortete der damalige Innenminister Karl Nehammer eine parlamentarische Anfrage zur Zahl von Suiziden und Suizidversuchen vor und während des ersten Lockdowns. Dort ist keine Häufung von Suizid/versuchen im Lockdown feststellbar.
  • Die Zahl der Suizide hat in den ersten Pandemiemonaten um 4% abgenommen, zeigt eine Studie aus 21 Ländern (Pirkis et al. 2021)
  • Die Koordinationsstelle SUPRA für Suizidprävention in Österreich spekulierte in einer Online-Fortbildung vom 15. März 2021 über die Hintergründe für diesen Rückgang und warnte vor der “Zeit nach der Pandemie”.
  • In einem STANDARD-Artikel vom 26. Mai 2021 über gestiegene Suizidzahlen in Gefängnissen wurde festgehalten, dass keine Fälle während der “Corona-Isolation” zu beachten waren.

Etwas anders verhält es sich mit der Zahl der Suizidversuche (nicht erfolgreiche Suizide), die hat sich seit Pandemiebeginn verdreifacht. Der Leiter der Kinder- und Jugendpsychiatrie im AKH, Paul Plener, warnte aber davor, Korrelation mit Kausalität zu verwechseln:

Es sei schon so, dass es einen zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Einsetzen der Corona-Pandemie und einer Mehrzahl an psychischen Belastungen gebe – dies wurde in internationale Studien gezeigt.

Die Frage, welche der getroffenen Maßnahmen oder welche Corona-assoziierten Ängste hier eine Rolle spielen, könne jedoch nicht beantwortet werden, weil es dafür keine Studien gebe. “Wir wissen nur, es gibt mehr psychische Belastungen, es gibt deutlich mehr Suizidversuche. Das ist ein europaweites Phänomen.” (PULS24, 26.07.22)

Auch beim Verlust verlorener Bildungszeit muss differenziert werden. So konnte in den USA gezeigt werden, dass die Performance-Werte während geschlossener Schulen stiegen und bei offenen Schulen fielen. Mathematik litt stärker unter Distance Learning als etwa Lesekompetenzen.

Niemand streitet ab, dass eine Pandemie zu psychischen Belastungen bei Kindern führt. Es ist nur nicht seriös zu sagen, dass einzig die Schulschließungen das ausgelöst haben. Notfallbehandlungen wegen Suzide nehmen schon seit Jahren zu. Es zeigte sich das umgekehrte Bild: Suizide nehmen ab während Lockdowns und bei offenen Schulen wieder zu. In den USA verloren bis September 2022 8 Mio. Kinder ein Elternteil – was sicher eine weitaus größere psychische Belastung ist als ein paar Wochen Distance Learning.

Belastungsfaktoren in Zusammenhang mit depressiven Symptomen bei 14-24jährigen, die eine Schule oder Hochschule besuchen, Quelle: http://www.coronastress.ch – Daten aus der Schweiz, oft Vorbild für Rauch in der Pandemiebewältigung

Rauchs eifrige Bemühungen, Maßnahmen loszuwerden:

Am 28.07. wurde das Contact Tracing eingestellt – nicht, dass es je ernsthaft betrieben worden wäre. Dazu waren die Verstrickungen von AGES-Mitarbeitern mit dem Gesundheitsministerium von Beginn an zu groß. Die Zahl der ungeklärten Fälle war meist zu hoch, viel ging auf das Konto der mysteriösen Haushaltscluster.

Am 29.07. beging die oberösterreichische Impf- und Hausärztin Lisa-Maria Kellermayr Suizid, nachdem sie über viele Monate von Rechtsextremen mit dem Tod bedroht wurde und weder Rückendeckung durch die Ärztekammer noch Gehör bei Regierung und Opposition fand. Die Regierung verkleinerte am gleichen Tag den Krisenstab. Über den Tod von Kellermayr lag sich ein Mantel des Schweigens. Es wurden keine Lehren daraus abgeleitet. Im Gegenteil, mit der konsequenten Verharmlosung der Pandemiefolgen, schüttete man Wasser auf die Mühlen der Impfgegner und Coronaleugner. Indem behauptet wurde, dass die Impfung vor LongCOVID schützt, schoben zahlreiche Betroffene, aber auch Ärzte etwaige Spätfolgen nurmehr auf die Impfung. Diese Verdrehung von kausalen Zusammenhängen hat es bis in die Dok1 des ORF-Journalisten Hanno Settele geschafft – der dort präsentierte vermeintliche Impfschäden ist mit hoher Wahrscheinlichkeit ein klassischer LongCOVID-Fall durch zu wenig Schonung nach Infektion und daraus resultierter Herzmuskelentzündung.

Am 02.11. stellte das Gesundheitsministerium die Zählweise der Spitalspatienten um. Nicht mehr infektiöse Patienten wurden herausgerechnet, aber viele lagen auch nach 14 Tagen noch im Spital. Damit sank nominell die Zahl der Covid-Patienten, die Belastung für das Personal blieb aber gleich.

Desinformationsmethode: Torpfosten verschieben (PLURV)

Übersterblichkeit auch in der BA.2, den beiden BA.5-Wellen und im Dezember 2022 (Influenza), Quelle: Mortality Monitoring

Am 09.11. berief sich Rauch auf die Verfassung, keine Maskenpflicht mehr einzuführen:

Die Verfassung gebietet, dass ein Eingriff in die persönliche Freiheit eines
Menschen nur dann gerechtfertigt ist, wenn wir Gefahr laufen das Spitalssystem
zu überlasten
.“ (09.11.22)

Rechtsprofessor Nikolaus Forgó sah „Fake Law“.

Vorausgegangen war eine lange Geschichte an nicht gehaltenen Ankündigungen zur Wiedereinführung der Maskenpflicht.

Wenn wir zehn, vierzehn Tage lang deutlich steigende Infektionszahlen haben,
wird es ernst. Dann würden wir schrittweise die Maske wieder einführen.
“ (30.05.22)

Dennoch wolle er zumindest diese Woche keine neuen Maßnahmen verhängen, „weil wir in den Spitälern keine dramatische Veränderung feststellen““ (22.06.22)

Wenn wir uns einer Situation nähern, die dann eine in
Richtung Überlastung des Gesundheitssystems geht, dann bin ich natürlich
verpflichtet auch zu reagieren.
“ (24.06.22)

Inzwischen ist mein Maßstab das Personal.“ (26.06.22)

Sozialminister Rauch schloss eine Wiedereinführung der Maskenpflicht
derzeit dezidiert aus. Dazu werde es erst kommen, wenn die Situation in den
Krankenhäusern „eskaliert, bedrohlich wird, ein Notstand eintritt
“ (04.10.22)

Eine Wiedereinführung der allgemeinen Maskenpflicht – auch die Corona-
Fallzahlen steigen wieder – ist jedoch nicht in Sicht. „Die heben wir uns
tatsächlich auf, für ja, schlimmere Situationen.
“ (Generaldirektorin für Öffentliche Gesundheit, Katharina Reich, 29.11.22)

Es folgte hohe Übersterblichkeit durch eine Influenzawelle, die man mit Einführung einer Maskenpflicht und sauberer Luft in Innenräumen deutlich hätte begrenzen können.

Dennoch beschloss die Regierung mit Jahresende, „den Einkauf von Schutzrüstung auf Kosten der Republik Österreich für die im Gesundheitwesen tätigen im Zuge der Pandemie einzustellen.“ (Quelle)

Die Folgen für Gesundheitswesen und Patienten sollten sich als verheerend herausstellen. Kaum fiel die Maskenpflicht im Gesundheitsbereich, sah man keine einzige Maske mehr unter Apothekern, in den Praxen und Spitälern. Meine Hausärztin stellt lediglich die billigen, gegen Aerosol-Übertragung leider weitgehend nutzlosen OP-Masken bereit, wenn symptomatische Patienten ohne Maske die Praxis betreten.

2023: Corona verschwindet aus der Erfassung

Die AGES schaffte die Statistik zur Reinfektionsrate ab, damit kann auch nicht gesagt werden, wie gut die oft zitierte „Hybrid-Immunität“ wirklich schützt.

Am 14.01. kündeten Rauch und Nehammer an, bis spätestens Sommer 2023 alle Covid-Gesetze/Verordnungen auslaufen zu lassen, mit Ende März lief zudem das Patientenmonitoring aus – seitdem kann nicht mehr festgestellt werden, wie sich die Varianten auswirken, wie sich schwere Verläufe verhalten.

Im Februar wird das Abwassermonitoring auf 48 Anlagen „erweitert“, eine Desinformation, denn tatsächlich gab es im August 2022 noch 120 Anlagen mit über 70% Bevölkerungsabdeckung. Die Anlagen wurden also erst deutlich reduziert und dann selektiv erweitert, v.a. Touristenregionen in den Nordalpen, im Tiroler Oberland und im Salzkammergut sind nicht erfasst.

Am Karfreitag und Weltgesundheitstag blockt Rauch eine schwer von MECFS-Betroffene junge Frau auf Twitter, die sich mit Covid angesteckt hatte und auf die Versäumnisse in der LongCOVID/MECFS-Versorgung aufmerksam machen wollte.

Ende April fällt die Maskenpflicht im gesamten Gesundheitswesen, nach zahlreichen Augenzeugen auch in sensiblen Bereichen wie Frühgeborenenstation, Onkologie oder Intensivstationen. Es wird zur Schicksalsfrage, auf eine Station zu kommen, wo noch Masken getragen werden.

Im Mai kommt eine Novelle zum Epidemiegesetz, wo ausdrücklich klargestellt wurde, „dass wissenschaftliche Einrichtungen im Rahmen der Registerforschung keinen Zugang zu (…) verknüpften Daten haben” 

Selbst der vom Bildungs- und Wissenschaftsminister Polaschek ausgezeichnete Statistiker Erich Neuwirth erhielt keine Rohdaten mehr zum Abwassermonitoring, mit der Begründung: „Die Daten „gehören“ den Ländern. Das BMI hat Verträge mit den Ländern, in denen vereinbart ist, dass nur die kumulierten BL-Ergebnisse weitergegeben werden dürfen.

Am 26. Mai verkündet Rauch mit Verweis auf die „hohe Immunität“ der Bevölkerung, dass für die kommenden 3 Jahre nur 4,1 Millionen Impfstoffe bestellt wurden statt 9 Millionen. Er habe sich in der EU dafür eingesetzt, dass weniger bestellt werde, um einzusparen. Die Folge: Impfstoffknappheit im Herbst 2023 inmitten der ablaufenden EG.5.1. und drohenden JN.1 (BA.2.86+L455S)-Welle. Gleichzeitig wurde Hausärzten das Impfhonorar gekürzt und Impfstraßen wurden weitgehend eingestellt. Österreich hat folgerichtig einen lausigen Impffortschritt. Ab April 2024 sollen Länder und Gemeinden zudem nicht mehr finanziert werden, ein Impfangebot zur Verfügung zu stellen.

Am 31. Mai behaupten lokale Bezirksblätter und ORF Wien, dass kein Bedarf mehr an LongCOVID-Ambulanzen bestehen würde, weshalb sie bis Jahresende weitgehend schließen, doch das Gegenteil ist der Fall.

Mit 1. Juli streicht Rauch SARS-CoV2 von den meldepflichtigen Erkrankungen, das Datenmonitoring wird eingestellt, auch das Gratis-PCR-Testsystem in Wien endet. Tests gibt es nurmehr bei Symptomen beim Hausarzt oder privat im Labor oder Apotheken. Sterbefälle werden nicht mehr veröffentlicht.

Am 12. Juli spricht Benka von zurückgekehrter „Normalität“ aufgrund der starken Grippewelle im Dezember. Allerdings gab es nicht mehr Grippetote als früher, weil viele 65+ bereits an Covid19 gestorben wären. Ob Covid- oder Grippe, die Übersterblichkeit im Dezember geht auf das Konto des Gesundheitsministers und dessen Weigerung, wieder Maßnahmen einzuführen – darunter langfristige Maßnahmen wie Überwachung der Luftqualität und Luftfilter.

SARS-CoV2 wird seit dem Sommer unter „schweren Atemwegsinfekten“ im SARI-Dashboard erfasst, das mehrere Wochen hintenliegt und ebensowenig wie das Abwassermonitoring als Frühwarnsystem taugt. Desinformation, denn SARS-CoV2 wird zwar über die Atemwege übertragen, ist aber eine multisystemische Gefäßerkrankung.

Wiederholung von Unwahrheiten ohne Widerspruch

Wie ich mein Handeln erklären kann, ist tatsächlich die Frage, die mich am meisten beschäftigt. Es ist extrem viel Vertrauen in die Politik verloren gegangen, und ich muss mich enorm anstrengen und faktenbasierte Überzeugungsarbeit leisten.” ( KURIER, 18.03.22)

Wissenschaftsfeindlichkeit ist in Österreich salonfähig – nicht zuletzt auch befeuert von Regierungen, die die Wissenschaft lächerlich gemacht haben.“ (STANDARD, 25.03.22)

„Gezielte Falschinformation hat ein unvorstellbares Ausmaß erreicht.“ (16.10.23, erster Post auf Bluesky)

Der Tweet von Johannes Rauch, die ORF-Meldung im Original und später korrigiert sowie die WHO-Aussendung vom 05. Mai 2023

Die WHO hat die Pandemie am 05. Mai nicht beendet, sondern nur den Internationalen Gesundheitsnotstand. Das australische Gesundheitsministerium führt die Pandemieerklärung immer noch als aktiv (Webseite abgerufen am 18.10.23). Es spielt auch keine Rolle aus Sicht der abzuleitenden Vorsichtsmaßnahmen bzgl. Covid19. Mit einem Virus wie SARS-CoV2 kann man nicht wie mit der Grippe leben und schon gar nicht wie mit einer Erkältung.

Eine häufige Behauptung von Rauch, z.B. im ZiB2-Interview vom 26.07.22:

“Es ist im Vergleich zum Frühjahr 2020 eine komplett andere Virusvariante. Wir haben jetzt die Impfung. Wir haben Medikamente, die schützen.”

Omicron ist keine einzelne Virusvariante, sondern ein neuer Serotyp, der stetig durch Immunfluchteigenschaften zu Untervarianten weitermutiert hat. BA.1. war eine Laune der Natur, ein „hopeful monster“, BA.2 war deutlich ansteckender und BA.5 ging wieder stärker auf die Lunge. In Hong Kong war BA.2 ähnlich tödlich wie der Wildtyp. Im Spätsommer und Herbst 2023 fällt auf, dass die Hospitalisierungszahlen bei den Kleinkindern höher als bei älteren Kindern ist – bei ihnen führt die Erstinfektion tendenziell zu schwereren Verläufen. Medikamente schützen nur, wenn sie verabreicht werden: Paxlovid wird aber so selten verschrieben, dass die Apotheken auf Bergen abgelaufener Medikamente sitzen, deren Verfallsdatum immer wieder verlängert werden muss. Die Impfung ist weder ein anhaltender Schutz vor Ansteckungen, Reinfektionen noch ein 100%iger LongCOVID-Schutz.

Tedros warnte am 05. Mai 2023 ausdrücklich davor, das Ende des PHEIC zum Anlass zu nehmen, alle Schutzmaßnahmen und Überwachungstools aufzulassen:

I declare COVID-19 over as a global health emergency. That does not mean
COVID-19 is over as a global health threat. Last week, COVID-19 claimed a life
every three minutes and that’s just the deaths we know about As we speak,
thousands of people around the world are fighting for their lives in intensive
care units. And millions more continue to live with the debilitating effects of
post-COVID19 condition.. This virus is here to stay. It is still killing, and it is still
changing. The risk remains of new variants emerging that cause new surges in
cases and deaths. The worst thing any country could do now is to use this
news as a reason to let down its guard, to dismantle the systems it has built,
or to send the message to its people that COVID19 is nothing to worry about

Auch am 29. Juli 2023 mahnte die WHO, dass Regierungen weiterhin Selbsttests, Lüften, Masken, Sequenzierungen anbieten müssen. Es existieren also die Warnungen der WHO, die nichts davon schreiben oder sagen, dass SARS-CoV2 wie ein banaler Atemwegsinfekt behandelt werden könnte.

“Wir haben ein anderes Setting und machen jetzt, was andere europäische Staaten auch gemacht haben.”

Im Hinblick auf die häufigen Verweise auf die Nachbarländer, auch von Rauch, warnte Mike Ryan von der WHO am 02. Februar 2022 folgendermaßen:

„My greatest fear at the moment is that countries have a lemming syndrom now and they all chased “Open up!” and they open up on the basis that the country next door opened up. And the problem is they don’t have the same situation. They don’t have the same vaccine coverage. They don’t have a strong health system. And I’m really fearful that some countries have the opportunity to raise measures more than others. Others may choose that because there is political pressure to do that, and that political pressure will result in people in some countries opening prematurely and that will result in unnecessary transmission, unnecessary severe disease and unnecessary deaths.”

Auch die GECKO-Kommission wies am 26.07.22 auf die mangelnde Vergleichbarkeit mit anderen Ländern hin (Seite 10).

im Einklang mit Ländern wie Dänemark, Großbritannien, Schweiz oder Spanien handeln. Nirgendwo war nach Aufhebung der Quarantäne ein Anstieg im Spitalsbelag feststellbar, nirgendwo sind die Leute in Scharen gestorben.“ (27.07.22, PRESSE)

Übersterblichkeit gab es in allen genannten Ländern, vor allem in Großbritannien., zudem wurde wird hier Isolation mit Quarantäne gleichgesetzt. In Dänemark wurde die Isolationspflicht nicht aufgehoben (Faktencheck im vollen Wortlaut).

Das Vermächtnis von Gesundheitsminister Johannes Rauch

Ich könnte jetzt noch endlose Zitate von Rauch widerlegen – viele Faktenchecks habe ich in meinen Sammlungen der Corona-Zitate von 2020-2022 bzw. 2023 getan.

Johannes Rauch hat das fortgeführt, was seine beiden Vorgänger begonnen haben: Das Vertrauen in die Wissenschaft kontinuierlich zu untergraben und Wissenschaftsskepsis zu fördern. Ebenso wurde das Vertrauen in die staatlichen Institutionen schwer beschädigt.

Was soll man von einer Gesundheitsbehörde, die zu 100% dem Bund gehört, halten, deren Abteilung für Öffentliche Gesundheit von einem verschwörungsideologischen Leiter geführt wird?

Wenn es weltweit keine PCR-Tests gegeben hätte, wäre Corona meinem Dafürhalten nach niemandem aufgefallen..“ (Franz Allerberger, 27.06.21, auf der Verschwörungsplattform OvalMedia)

Was soll man von einer grünen Partei halten, deren Bildungssprecherin so etwas sagt?

es geht ja nicht ums sparen, sondern um die sinnhaftigkeit. CO2-Messgeräte ändern halt an den Viren in der Luft gar nix. Um ans regelmäßige lüften zu erinnern erfüllt z.b. eine eieruhr denselben zweck.“ (Sibylle Hamann, 04.01.22, Facebook)

Was soll man davon halten, wenn die Kinderpsyche über Jahre dafür missbraucht wird, um Präventivmaßnahmen zu lockern oder zu verzögern, aber dafür zu Unwahrheiten wie steigender Suizidrate während Lockdowns oder psychischer Belastung rein aufgrund von Coronamaßnahmen gegriffen wird, wenn die Wahrheit viel differenzierter ist?

Welche Folgen hat der ständige Vergleich von SARS-CoV2 mit Influenza oder harmlosen Erkältungsviren für das gesellschaftliche Zusammenleben, für die gegenseitige Rücknahme, für die Teilhabe von behinderten/vulnerablen Menschen mitten unter uns? Wie sollen sich schwer herzkranke oder immunsupprimierte Kinder schützen, die zur Schule gehen wollen wie ihre Kameradinnen auch? Wenn sie vielerorts von Pädagogen, anderen Kindern oder deren ignoranten Eltern gemobbt werden, weil sie immer noch Maske tragen?

Welche Auswirkung hat die langfristige mehrfache Durchsuchung der Bevölkerung für die Anzahl der gesunden Lebensjahre, gerade die mehrfach infizierten und meist ungeimpften Kinder und Jugendliche?

Wie können wir es wagen, im gesamten Gesundheitswesen Patienten nicht mehr Infektionskrankheiten zu schützen? Es werden im Spital sogar weniger Masken getragen als vor der Pandemie. In den USA können Patienten die Spitäler zu empfindlich hohen Summen verklagen, wenn sie nachweisen können, sich im Spital angesteckt und z.B. eine Verschlechterung ihrer Grunderkrankung erfahre haben.

Unser Wissensstand zu Covid19 und den Langzeitfolgen war schon zum Amtsantritt von Johannes Rauch groß genug, um das Virus weder bei gesunden Erwachsenen noch bei Kindern einfach durchrauschen zu lassen, geschweige denn zu glauben, vulnerable Personen könnten sich selbst schützen – und sich dauerhaft aus der sozialen Teilhabe ausschließen lassen. Gleichzeitig haben wir auch frühzeitig gewusst, dass Maßnahmen wie Homeoffice, telefonische Krankschreibung, ausreichend Krankenstand, Masken, saubere Luft andere Infektionserreger signifikant an der Ausbreitung hindern können. Das hätte die Gesamtsterblichkeit gesenkt, Krankenstände verhindert und den Medikamentenmangel bewältigbar machen können.

Wir hätten in den Ausbau von Kompetenzzentren zu LongCOVID und MECFS investieren können, für verpflichtende Fortbildung von Ärzten zur Diagnostik und Behandlung, um zu verhindern, dass chronisch kranke Menschen noch kränker aus einer Reha zurückkommen und sich weiter verschlechtern, bis sie sterben.

Wir hätten eine breite, aufrichtige Aufklärung zur Impfung beginnen können, ohne einen 100%-Schutz zu suggerieren, der nicht da ist, und der dazu geführt hat, dass viele mit Spätfolgen der Infektion diese auf die Impfung schieben.

Wir hätten die Bevölkerung aufklären können, dass Covid19 niemals eine harmlose Erkältungskrankheit wird, weil keine Erkältung solche Langzeitfolgen macht. Ein Schnupfenvirus ist keine Gefäßerkrankung und zerstört weder Gehirnzellen noch verursacht es Schlaganfälle und Lungenembolien.

Wir könnten mit Aufklärung zur Bedeutung sauberer Luft in Innenräumen beginnen, wie wir es nach Jahrzehnten und langem Kampf mit dem Nichtraucherschutz auch erreicht haben. Dass sich virushaltige Aerosole wie in Rauchwolken verhalten, am stärksten konzentriert dort, wo sie ausgestoßen werden, mit zunehmender Distanz und Zeit verdünnend. Dass wir die exhalierte Atemluft mit CO2-Messgeräten erfassen und bewerten können. Je mehr andere ausgeatmet haben, desto eher atme ich Luft ein, die infektiös sein kann. So wie wir passiv rauchen, wenn neben uns rauchende Menschen stehen. Auch Passivrauchen schädigt die Lungen.

Wir könnten endlich aufhören, Masken als Bestrafung zu framen, sondern als zentralen Bestandteil der Eigenverantwortung und Menschen ermutigen Maske zu tragen, wenn sie Symptome haben oder sich in geschlossenen Räumen bei schlechter Durchlüftung aufhalten.

Wir könnten überhaupt aufhören, kranke Menschen zu stigmatisieren und zu schikanieren, die gezwungen sind, in Teilzeit zu gehen oder überhaupt vorzeitig Pension zu beantragen, weil sie nicht mehr können.

Gesundheits- und Sozialminister Rauch hat sich gegen seine Aufgabe und Verantwortung entschieden und versagt, das Gesundheitssystem, die Öffentliche Gesundheit aller Menschen im Land zu schützen – darunter auch die „Systemerhalter“, meist schlecht bezahlte Jobs von Migranten, die von Beginn an das höchste Risiko hatten, sich zu infizieren, einen schweren Verlauf zu erleiden, LongCOVID zu bekommen. Der Wegfall aller Maßnahmen trifft sie am stärksten, sie und ihre Kinder – die von einem Infekt zum nächsten taumeln, und dadurch ganz sicher nicht weniger Schule verpassen als durch wenige Wochen geschlossenene Schulen oder Distance Learning (Notbetreuung war übrigens immer möglich und wurde auch zahlreich genutzt).

Rauch hat die Öffentliche Gesundheit in Österreich zu Grabe getragen. Mit der nächsten Nationalratswahl wird er in Pension gehen, aber …