Pressekonferenz zur Lufthygiene in Innenräumen von der IGÖ am 15.12.23 (inklusive Livestream)

Vorab eine Ankündigung für morgen, sich diese Pressekonferenz nicht entgehen zu lassen. Seit 2023 bin ich selbst Mitglied der IGÖ und engagiere mich in meinem Umfeld, auf Twitter sowie auf meinem Blog für mehr Bewusstsein für saubere Innenraumluft. Mit ersten CO2-Messungen habe ich schon Anfang 2021 begonnen, mit dem Aranet4 sammle ich jetzt schon schon länger Daten zur Luftgüte, um festzustellen, wie hoch das Infektionsrisiko ist. Die morgige Veranstaltung wird zeigen, dass die Luftqualität in den österreichischen Klassenzimmern teilweise katastrophal ist, mit gesundheitsheitsschädlichen Werten über mehrere Stunden hinweg. Hier besteht also akuter Handlungsbedarf. Ich messe schwerpunktmäßig in öffentlichen Verkehrsmitteln, bei Arztbesuchen, beim Einkaufen und am Arbeitsplatz und teile regelmäßig meine Daten. Hier sind die Ergebnisse zwiespältig, mit oft akzeptablen Werten in den U-Bahnen, aber schlechten Werten in Wartezimmern oder Untersuchungsräumen.

Regelmäßig lüften!“ lautet immer noch der übliche Ratschlag, meist gepaart mit einem Hinweis, „sich gründlich die Hände zu waschen.“ In der Realität schützt aber Handhygiene nicht vor Viren wie SARS-CoV2 oder Influenza, die über die Luft übertragen werden. Händewaschen ist dennoch sinnvoll, etwa gegen Magendarmviren oder generell Darmbakterien. Das Lüften erweist sich aber in vielen Fällen als wenig effizient, und das betrifft ausgerechnet die Jahreszeit, in der hohe Infektionswellen stattfinden – bei kalter Witterung wird weniger gelüftet. Das ist Fakt, da fährt die Eisenbahn drüber. Zu Beginn der Pandemie teilte ich noch euphorisch die Bilder aus New York, wo Schulkinder in der Zeit einer Tuberkulose-Epidemie vor über 100 Jahren im Freien unterrichtet wurden. Ok, so hartgesotten sind wir heutzutage nicht mehr, denn wir wissen um die Gefahren der gefährlichen „Zugluft“, erst Recht mit „nassen Haaren“. Langfristig sind moderne Lüftungsanlagen mit effizienter Frischluftzufuhr der Gamechanger, aber kurzfristig hilft neben dem häufigen Lüften nur der Einsatz von Luftreinigern, um Viren, Bakterien und Feinstaub aus der Luft zu entfernen, die wir in der kalten Jahreszeit die meiste Zeit des Tages einatmen.

Am Ende sind es gar wir selbst, die die wiederkehrenden Infektionswellen erzeugen – nicht nur durch unser Verhalten, sondern auch durch mangelnde Innenraumlufthygiene. Dieser Überzeugung ist jedenfalls die Archiktektin und Expertin für Raumluft Orla Hegarty aus Irland:

« Virus season » is just poor-indoor-air-quality-season, it’s a factor of how we use und operate buildings in cold weather – “Virus season” is entirely preventable.

Twitter, 09.12.23

Der Staat verwehrt der Bevölkerung den Schutz, den er seinen Beamten gewährt.

Under the principle of the human right to health, everyone has the right to breathe healthy indoor air.” (WHO, 2000)

Wer erinnert sich noch an das Weltwirtschaftsforum in Davos in der Schweiz, wo strengste Coronaschutzmaßnahmen aufgefahren wurden, um die internationalen Gäste vor einer Infektion zu schützen? Über die Vorkehrungen mit modernster Technologie wurde in den Medien kaum berichtet. Ob im Ministerium oder bei Kanzleransprachen, überall sah man in den Pressefotos die meist viereckigen, manchmal auch futuristisch anmutenden Geräte in den Räumen stehen – meist mobile und hochwertige Luftreiniger. In Wien verwehrte die Bildungsdirektion, die dem Bildungsministerium (ÖVP) untersteht, einem Elternteil die Aufstellung eines mobilen Luftreinigers, der damit sein vulnerables Kind schützen wollte. Bildungsminister Polaschek kommentierte das Begehren nach sauberer Luft in Bildungseinrichtungen so:

“Stoßlüften ist eine sehr gute Maßnahme.”

und begründet die Absage von Luftreinigern so:

„Wir leben in Zeiten der Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung und es sollte eigentlich unser Ziel sein, Energie einzusparen, wo immer es möglich ist.“

Beispiel für die Ineffizienz von Stoßlüften während einer Fortbildung Ende November 2023. Die kurzen Phasen mit Frischluftzufuhr reichten nicht aus, die Werte unter den Grenzwert für saubere Luft (1000ppm) zu drücken. Beim ersten Vortrag wurde nicht einmal aktiv im Raum geredet, sondern einem zugeschalteten Vortragenden nur zugehört. Atmen alleine sorgte für einen erheblichen Anstieg der CO2-Konzentration. Ab 2000ppm atmet man bereits 4% von dem ein, was andere ausgeatmet haben.

Dass die IGÖ das Stoßlüften als ineffizient bezeichnete und Länder wie Belgien oder Frankreich CO2-Messpflichten und Gesetze zur Verbesserung der Luftqualität in Schulen auf den Weg gebracht haben, interessiert den Minister nicht.

Es sind zwei Länder, die sich für einen solchen Weg entschieden haben. In der EU gibt es mehr als zwei Länder, viele andere tun es nicht, die werden sich vielleicht auch etwas dabei gedacht haben.” (HEUTE, 04.09.23)

Ein Team der TU Graz wurde vom Bildungsministerium beauftragt, noch vor dem Sommer CO2-Messungen an 120 Schulen in ganz Österreich zu starten, trotzdem lehnte er Luftreinigergeräte schon vorzeitig ab.

Nach der Hybrid-Immunität kommt die Hybrid-Lüftung

Seit dieser Woche ist die skandalöse Verschleppung von Maßnahmen im Bildungswesen um eine Facette reicher. In Neubauten kommen zwar künftig mechanische Lüftungsanlagen, das gilt aber nur für Bundesschulen, nicht für Pflichtschulen, wofür Gemeinden und Länder zuständig sind. Für den Einsatz von Luftreinigern in Pflichtschulen setzte sich ironischerweise sogar die FPÖ ein wie hier im Burgenland 2021, allerdings als Ersatz für die Tests, was die falsche Begründung gewesen wäre.

Nun hat der Arbeitskreis Innenraumluft im Klimaschutzministerium (Grüne) in einem neuen Positionspapier für Schulen und andere Bildungseinrichtungen die sogenannte „Hybridlüftung“ empfohlen – eine Kombination aus mechanischen Anlagen und der „klassischen Fensterlüftung“.

Als Alternative aus dem Rennen sind dagegen die in der Corona-Pandemie häufig diskutierten Luftreiniger – diese könnten keine Frischluft zuführen, so einer der Autoren, Peter Tappler, zur APA.

Presseaussendung am 13. Dezember 2023

Ich hab mir das Dokument angesehen. Luftreiniger werden nirgends erwähnt und demzufolge existiert auch keine ausführliche Kosten-Nutzen-Rechnung in dem Positionspapier, das Luftreiniger als Alternative klar ausschließen würde. Es gibt am Ende des Dokuments lediglich einen Querverweis auf ein seit Juni 2022 bestehendes Positionspapier zu mobilen Luftreinigern.

Darin wird aber nicht generell von Luftreinigern abgeraten, sondern lediglich der Frischluftzufuhr über Lüften und Raumlufttechnische Anlagen Priorität eingeräumt. Damals gab es aber noch mehr Möglichkeiten, Alternativen zu finden, etwa Homeoffice oder FFP2-Maskenpflicht. Seit dem Ende der SARS-CoV2-Meldepflicht besteht kein Anspruch mehr auf Schutzmaßnahmen, wiewohl dem Arbeitgeber eine Fürsorgepflicht unterliegt.

Insofern wird klar, dass unter den realen Bedingungen – Raumluftanlagen mit Frischluftzufuhr sind nicht vorhanden oder regelmäßiges Lüften ist nicht möglich oder ausreichend – keine Verbesserung der kurzfristigen Situation im Hinblick auf den Infektionsschutz eintreten wird und kann, wenn man Luftreiniger nicht einsetzen will.

Das vorgebrachte Argument vom Sachverständigen und führenden Raumluftexperten Tappler, dass Luftreiniger keine Frischluft zuführen könnten, ist im Kontext der Prävention von Infektionskrankheiten mehr als widersprüchlich. Hier werden zwei Aspekte miteinander vermischt: Ja, es braucht *immer* genügend Frischluftzufuhr, damit die Kohlendioxidwerte im Raum sinken, was die Konzentrationsfähigkeit der Anwesenden erhöht. Aber wenn diese baulich nicht gegeben oder aufgrund der Witterungsverhältnisse nicht angemessen durchführbar ist, dann bleibt dennoch das Problem, dass man virusbeladene Aerosole aus dem Raum entfernen will.

Im November 2020 war Tappler übrigens noch gegenteiliger Ansicht:

„Den besten technischen Schutz liefern Raumluftanlagen. Diese können aber nur mittelfristig und nicht sehr schnell eingebaut werden. Mobile Luftreiniger sind ein schnell verfügbarer zusätzlicher Corona-Schutz. Für Büros, Ordinationen und eben auch für Schulklassen. Die Luft in einer Schulklasse kann damit bis zu fünf Mal pro Stunde komplett gereinigt werden. Dass diese Geräte funktionieren, zeigen Studien und erfolgreiche Test in der Praxis. Ich rede nicht von schnell zusammengebauten Geräten ohne ausreichend geprüfter Wirksamkeit, sondern von Luftreinigern, die getestet und zertifiziert sind.

Wir wissen das, und trotzdem wird maschinelle Luftreinigung gerade dort nicht eingesetzt, wo sie genau jetzt sinnvoll wäre: in den Schulen. Bayern, Hessen, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen investieren mehr als 100 Millionen Euro in mobile Luftreiniger für Schulklassen, die nicht gut gelüftet werden können. Warum? Weil diese Geräte nachweislich wirken! Ich sage ausdrücklich nicht, dass mobile Luftreiniger die Hygiene- und Abstandsregeln ersetzen können. Aber diese Geräte sind ein guter zusätzlicher Schutz.“

Peter Tappler, Wienerzeitung (13. November 2020)

Auch Hutter vertrat statt exzessivem Händewaschen noch eine andere Ansicht:

„Unsere Erfahrung zeigt, dass in vielen Klassenräumen eine Fensterlüftung nicht ausreichend möglich ist, wodurch vor allem bedenkliche Aerosole nicht rasch genug nach außen befördert werden können“

Hans-Peter Hutter, Presseaussendung mit Tappler, 07. Oktober 2020

Ungewöhnliche Zusammenarbeit von Hutter und Tappler:

„Hutter bescheinigt demnach den (Anm. von Tappler geplanten) Krematorien in Leobersdorf „medizinische Unbedenklichkeit“.

Bezirksnachrichten, 17.04. 2023

Auch im medizinischen Bereich sind Luftreiniger längst Alltag geworden und zunehmend rüsten auch Arztpraxen mit den Geräten auf, um ihr Personal und die Patienten zu schützen. Es ist kein „entweder oder“, sondern ein „sowohl als auch“, es lassen sich sehr wohl Lüftungsgeräte und Luftreinigung kombinieren, wie hier in einer hessischen Schule. Zwar verringert der gleichzeitige Betrieb eines Luftreinigers bei offenem Fenster dessen Effizienz, aber es werden immer noch relevante Mengen an Schadstoffen aus der Luft gefiltert.

Die Studienergebnisse (McLeod et al. 2023), auch aus Österreich (Pollozhani et al. 2024), sind relativ klar: Lüften und Lüftungsanlagen alleine reichen nicht aus, um Infektionen nachhaltig zu drücken. Dazu braucht es zusätzliche Käsescheiben wie Luftreiniger und Masken – allerdings werden Luftreiniger im neuen Paper gar nicht erwähnt, warum auch immer.

Der Staat will keine Verantwortung mehr übernehmen

„Nach der Bauordnung dürfe es eigentlich gar keine Schule ohne Lüftungsanlage geben – nachdem die Gemeinden als dafür zuständige Körperschaft aber gleichzeitig auch oft Schulerhalter sind, gebe es de facto keinen Kläger.“

aus der Presseaussendung vom 13. Dezember 223

Worum geht es jetzt also? Offenbar nicht mehr darum, das Infektionsrisiko in Bildungseinrichtungen zu verringern, denn dann würde man zu Luftreinigern als ZUSATZMASSNAHME greifen, bis die Umrüstung aller bestehenden Bildungseinrichtungen mit modernen Lüftungsanlagen abgeschlossen ist – ein Prozess, der jahrelang dauern wird. So aber verzögert man eine weitere Saison mit zahlreichen gefährlichen Viren – neben SARS-CoV2 zirkulieren Influenza, RS-Viren – sowie Bakterien wie Streptokokken oder Mycoplasmen, die Lungenentzündungen auslösen können. Damit wird überdies das Narrativ gestärkt, dass Kinder und Jugendliche keinen Infektionsschutz brauchen, sondern im Gegenteil regelmäßige Infektionen ihr Immunsystem trainieren würden – grober wissenschaftlicher Unfug, der aktuell aber von zahlreichern Pseudomedizinern und -expertInnen verbreitet wird.

Schlimm, dass diese Verballhornung der Wirksamkeit von Luftfiltern so ins Lächerliche gezogen wird – von den hauseigenen Experten. Co-Autor einiger Positionspapiere ist u.a. der Umweltmediziner Hans-Peter Hutter, der in den letzten Monaten hauptsächlich in Erscheinung tritt, um „gründliche Handhygiene“ als wichtigste Maßnahme gegen Erkältungsviren zu propagieren. Mit einem Gummi-Rückgrat lässt sich leicht ohne Gesichtsverlust in den Spiegel blicken.

Diverse Arbeitsgruppen, von der Impfpflichtkommission über GECKO bis zu den „Future Operations“, waren in den letzten drei Jahren ein willkommenes Feigenblatt für die Regierung, die Demontage von Schutzmaßnahmen zu rechtfertigen – alles unter der Legitimierung „führender“ Expertinnen und Experten.

Dem Staat geht es um Kostenminimierung, Haftungsausschlüsse und im Zweifelsfall darum, dass das Individuum auf dem Schaden (die geschädigte Gesundheit) sitzen bleiben wird, denn es hätte eben mehr lüften sollen.

Derzeit sind mobile Luftreiniger in Kombination mit häufiger Frischluftzufuhr vielfach die einzige Möglichkeit, rasch und effektiv die Luftqualität zu verbessern, nachdem viele Eltern ihre kranken Kinder nicht zuhause lassen wollen, Masken stigmatisiert sind und häufig nicht getestet wird. Das hätte man schon vor drei Jahren tun können, aber offenbar erschien eine Durchseuchung der Bevölkerung über die Kinder leichter zu bewerkstelligen als für eine hohe Durchimpfungsrate in der Gesamtbevölkerung zu sorgen.

Jetzt jenen Eltern die Verwendung von mobilen Luftreinigern zu untersagen, die sich für die Gesundheit ihres Kindes und als Kollateralnutzen aller anderen Kinder einsetzen, ist zynisch und unethisch, juristisch möglicherweise angreifbar (siehe Bauordnung).

Ich hoffe, die morgige Pressekonferenz wird den ein oder anderen überzeugen können, weshalb uns alle in der Bevölkerung saubere Luft interessieren sollte.