Ein Bürgerjournalist klärt auf

Monat: Oktober 2023

Richtigstellung: Es ist eine SARS-CoV2-, keine Grippewelle!

Stand im Abwassermonitoring Österreich, 3-7 Tage alte Werte: Nach kurzem Plateau steiler Anstieg in Wien, Peak in Salzburg nach dem Oktoberfest in München, deutlicher Anstieg im Burgenland. Insgesamt bewegen sich die Werte bereits auf rund 2/3 des Peaks vom vergangenen Winter 22/23.

Aus aktuellem Anlass wieder einmal ein Update zur Coronalage. Verschiedene Medien titeln zur Zeit, dass wir eine Grippewelle haben – angefangen von den Linzer Verkehrsbetrieben mit eingeschränktem Fahrplan über verschobene Operationen im Landeskrankenhaus Villach bis zu gut gemeinten Hinweisen des Österreichischen Gewerkschaftsbunds. Sie alle behaupten, dass wir uns derzeit in einer Grippewelle befinden. Stimmt das?

Der Wiener Gesundheitsdienst (MA15) erhält einmal pro Woche Daten von Sentinella-Ärzten, die die Zahl von grippalen Infekten und Grippe-Neuerkrankungen an den Grippemeldedienst melden. Die Daten werden hochgerechnet und ergeben die Anzahl der wöchentlichen Neuerkrankungen.

Die Grafik zeigt entgegen des Titels NICHT die Zahl der Grippefälle, sondern es werden grippale Infekte und Influenza zusammengefasst. Wir starten diese Saison auf deutlich erhöhtem Niveau im Vergleich zu den letzten Jahren.

Die genaue Aufteilung zeigen die Daten aus dem Sentinelsystem (Quelle: Judith Aberle, Virologie Wien):

Sie zeigen bei einer Probenzahl von n = 170 (Tendenz steigend) für die Kalenderwoche 41 vor allem Rhinoviren (29%) und SARS-CoV2 (26%), in geringer Anzahl auch Enteroviren (2%, „Sommergrippe“), Parainfluenzaviren (1%) und ein RSV-Fall im Burgenland. Influenza wurde in keiner der Proben nachgewiesen!

Stationäre Aufnahmen mit schweren Atemwegsinfekten und Covid19 im SARI-Dashboard

Die mehrere Wochen alten SARI-Daten zeigen einen geringen Anteil von Influenzafällen (0,3%) an allen stationären Aufnahmen in Österreich. Influenza kann auch reiseassoziiert sein und erkrankte Personen ohne Umweg über den Hausarzt direkt im Spital aufgenommen werden.

In Summe ist festzuhalten, dass derzeit so wenig echte Grippefälle zirkulieren, dass wir NICHT von einer Grippewelle sprechen können!

Der Elefant im Raum ist wieder einmal das unaussprechliche Virus: SARS-CoV2

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Johannes Rauch: Der grüne Gesundheitsminister, der Public Health zu Grabe trug

Eine der wesentlichen Lügen von Gesundheitsminister Rauch, der u.a. behauptete, durch die Corona-Maßnahmen wäre es zu steigenden Suizidraten gekommen. Tatsächlich war die Zahl der Suizide in den ersten beiden Pandemiejahren (2022 gab es keine Lockdowns mehr) durchgehend rückläufig. Rauch begründete mit dieser Lüge seine Weigerung, erneut Maßnahmen gegen steigende Infektionszahlen zu setzen.

Offiziell ist die SARS-CoV2-Pandemie noch nicht beendet worden. Die WHO erklärte am 5. Mai 2023 auf wachsenden Druck durch ihre Mitgliedsländer den internationalen Gesundheitsnotstand (PHEIC) für beendet, verwies aber im gleichen Statement darauf, dass die globale Gesundheitsbedrohung durch SARS-CoV2 weiterhin vorhanden sei. Es handelte sich um eine politische Entscheidung, nicht um eine wissenschaftlich-medizinische. Nachdem Österreich bereits aufgrund eines Zeitungs-Interviews mit Virologe Christian Drosten zum Jahresende 2022 die Pandemie für beendet erklärte, nahm man die WHO-Erklärung zum Anlass, dies nun im Namen der WHO zu tun – eine nie korrigierte Irreführung der Öffentlichkeit.

Der erste Gesundheitsminister der Pandemie, Rudolf Anschober, hatte es nicht leicht. Die Vorgängerregierung unter schwarzblau hatte den Bereich Öffentliche Gesundheit ziemlich gestutzt, es fehlte an Personal, aber auch an Beratern, die dieser Mammut-Aufgabe gewachsen waren. Anschober machte gleich zu Beginn schwere Fehler. Weder gab er das Sozialministerium ab, noch berief er den Obersten Sanitätsrat ein, der noch ein ganzes Jahr unbesetzt blieb. Das Frühwarnsystem oblag der AGES, vertreten durch Public-Health-Leiter Franz Allerberger und dessen späterem Nachfolger, Bernhard Benka. Von Allerberger wurde die Pandemie von Beginn an heruntergespielt und der Schwedische Weg der Durchseuchung forciert. Zum Glück hörte Ex-Bundeskanzler Kurz damals noch auf Virologe Drosten und ging einen strengen Weg mit dem ersten Lockdown, der auch die Schließung von Kindergärten und Schulen vorsah – die effektivste Maßnahme, wie das Complex Science Hub Vienna später zeigen sollte. Das Präventionsparadoxon schlug mit voller Härte zu, die Pandemie wurde im Sommer 2020 für überstanden erklärt und die Ernüchterung im Herbst 2020 war groß, als die Infektionszahlen wieder stiegen. Die AGES-Vertreter, vor allem Allerberger und Epidemiologin Daniela Schmid, die auch Sprecherin der Corona-Kommission war, drängten auf Durchseuchung und verschleierten mit ihrem Contact Tracing die treibende Rolle der Schulen während der zweiten Welle („ungeklärte Haushaltscluster“). Der zweite Lockdown war unausweichlich, kam aber zu spät. Die Spitäler kollabierten bis hin zur Triage-Anwendung. Anschober erkannte erst spät seinen schwerwiegenden Irrtum, als er im Dezember 2020 mit Spitalspersonal sprach und aus erster Hand erfuhr, was der Zusammenbruch des Gesundheitswesens bedeutete. Danach übernahm Anschober die Initiative und mahnte die Länder in der aufwallenden ALPHA-Welle zu strengeren Maßnahmen – denn Gesundheit war und ist nach wie vor Länderkompetenz, selbst in einer Pandemie. Für Wien, Niederösterreich und das Burgenland verhandelte er ohne Absprache mit Kurz den sogenannten „Ost-Lockdown“ über Ostern, die anderen Länder zogen nicht mit. Auch Kurz fiel Anschober in den Rücken und intrigierte gegen ihn, als er bereits wegen Überlastung im Spital lag.

Anschobers Nachfolger, der Hausarzt Wolfgang Mückstein, äußerte sich vor Amtsantritt in Talksendungen noch vernünftig, drehte sich aber nach dem ersten Auftritt in der Öffentlichkeit um 180 Grad.

Ich werde unpopuläre Entscheidungen treffen, weil ich mich als
Gesundheitsminister und Arzt dazu verpflichtet sehe
.“ (Pressekonferenz, 13.04.2021)

Fortan übernahm er ausschließlich das Narrativ, erst zu handeln, wenn das Gesundheitssystem überlastet worden wäre, also vor allem volle Intensivbetten. Jüngere Kinder wurden von Test- und Maskenpflicht ausgenommen, obwohl längst wissenschaftlich belegt war, dass sie Teil des Infektionsgeschehens waren. Spät in der DELTA-Welle wurde schließlich die Impfung für 5-11jährige zugelassen, dabei wurde in einer Pressekonferenz mit Mückstein erstmals auch das LongCOVID-Risiko für Kinder und Jugendliche erwähnt. Mückstein war kein gelernter Politiker und tat sich sichtlich schwer, seine Botschaften glaubwürdig zu vertreten. Seine Impfkampagne ging ins Leere – der Lockdown für Ungeimpfte war überdies noch unwissenschaftlich, denn auch Geimpfte konnten die DELTA-Variante übertragen. Aus internen Dokumenten der Opposition ging hervor, dass Mückstein der ÖVP ein Dorn im Auge war und abgesägt werden sollte. Die ÖVP drängte auf eine raschere Aufhebung der Masken- und Testpflicht, maßgeblich auf Druck der Wirtschaft (v.a. Handel). Anfang März unterzeichnete Mückstein noch das neue Covid-Maßnahmengesetz, das weitreichende Öffnungen ab 05. März 2022 vorsah – trotz der enorm hohen Infektionszahlen in Zusammenhang mit der BA.1/BA.2-Welle. Zuvor kündigte Mückstein seinen Rücktritt an. Offizielle Begründung waren Drohungen gegen ihn und seine Familie durch militante Coronaleugner. Das war aber nur ein Teil der Begründung, wie sich bald zeigen sollte. Am 03. März 2022 wurde bekannt, dass der damalige Vorarlberger Landesrat für die Grünen, Johannes Rauch, die Nachfolge von Mückstein antreten sollte.

In diesem Beitrag möchte ich mich der Frage widmen, weshalb der erfahrene Berufspolitiker Rauch seine Haltung zur Pandemie mit Amtsantritt änderte, was seine wesentlichen Verfehlungen in den letzten anderthalb Jahren waren und welche schwerwiegenden Konsequenzen dies für die Öffentliche Gesundheit und die Gesellschaft hat.

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SARS-CoV2: Der aktuelle Stand

Leider zeitlose Übersicht von Prof Christina Pagel, UK zum Teufelskreislauf aus ungehinderter Virusausbreitung, die zu weiteren Mutationen führt, die noch mehr Infektionen bedingen, weil das Varianten dem Immunsystem entkommen. Auch Langzeitfolgen wie erhöhte Krankenstände und Personalengpässe in den Spitälern sind abgebildet.

SARS-CoV2 ist weiterhin eine hochansteckende Viruserkrankung, die ganzjährig zirkuliert und über die Luft übertragen wird. Sie zeigt sich zunächst häufig über Atemwegssymptome wie Schnupfen, Halsweh, trockener Husten, manchmal auch über Magen-Darm-Symptome oder äußerliche Veränderungen wie Hautausschläge. Die Akutphase verläuft sehr unterschiedlich, von wenigen Tagen mit leichten Symptomen bis mehreren Wochen Krankenstand. Das Hauptproblem zum jetzigen Pandemiezeitpunkt ist die multisystemische Gefäßerkrankung, die Covid19 auslösen kann und oft verzögert zum Akutverlauf einsetzt. Damit unterscheidet sich Covid von einem Schnupfenvirus.

Hospitalisierungen treten weiterhin in allen Altersgruppen auf, am häufigsten derzeit bei Kleinkindern (Erstinfektion) und älteren Menschen (nachlassende Immunität gegen schwere Verläufe). Paxlovid lindert unabhängig von Risikofaktoren die Krankheitsschwere und verkürzt die -dauer. Es verringert die Viruslast und ermöglicht dem Immunsystem, das Virus effektiver zu bekämpfen. Damit erniedrigt man auch sein LongCOVID-Risiko. Schonen sollte man sich nach einer SARS-CoV2-Infektion trotzdem länger als nach einem leichten Atemwegsinfekt, um Schäden am Herzen vorzubeugen.

Unser Problem ist derzeit, dass kaum noch getestet wird und wenn, dann nur zu Beginn der Erkrankung. Neue Studienergebnisse zeigen aber, dass erst am vierten Tag nach Symptombeginn die höchste Viruslast erreicht wird, also Antigentests erst verzögert anspringen können. Alle 24 oder 48 Stunden testen ist also notwendig, um bei anhaltenden Symptomen Covid19 auszuschließen. Im Gegensatz zu SARS-CoV2 sind Influenza-, Rhino- oder Adenoviren weit weniger ansteckend und etwa Influenza zirkuliert nur im Winter mit Höhepunkt meist im Dezember oder Jänner. Der Vergleich von SARS-CoV2 mit Grippe oder mit banalen „Erkältungen“ hinkt also. Überhaupt sollten wir den Begriff „Verkühlung“ aus unserem Sprachgebrauch verbannen. Die Ursache für Infekte sind Bakterien oder Viren, aber nicht Kälte oder Zugluft.

In diesem Beitrag möchte ich auf die aktuellen Entwicklungen zur Variantenbildung eingehen, ebenso auf die Impfstoffe, auf das unglückliche Interview mit Virologe Drosten und die scheinheilige Goldene-Brett-vorm-Kopf-Verleihung. Aufgrund der Länge des Beitrags bring ich Prävention und LongCOVID dieses Mal nicht unter, diesbezüglich verweise ich auf die bereits umfangreichen Unterkapitel dieses Blogs.

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