
Ich hab mich in der Woche vom 5.-11. Juli 2025 das erste mal mit SARS-CoV2 infiziert. Mir war von Beginn an klar, dass ich die Infektion nicht ewig verhindern kann. Im Winter wäre es mir lieber gewesen als im Hochsommer, zugegeben. Entgegen jeder Empfehlung für immunkompetente Personen behielt ich ab November 2021 einen halbjährlichen Booster-Rhythmus bei. Im März hab ich mich verschätzt mit dem Beginn der nächsten Welle, und war zu früh impfen (KP.2-Pfizer-Impfstoff). Laut Variantenmonitoring ist eine Infektion mit XFG bzw. dessen Nachkommen sehr wahrscheinlich.
Rund um meine Infektion ranken sich Mythen für die Gründe. Ist die Impfung etwa wirkungslos? Bin ich selbst Schuld, weil ich keine Maske mehr getragen habe?
„Es ist von der Realität entkoppelt. Sie verlangen ein Niveau an Askese, die für nahezu niemanden aufrechtzuerhalten oder ermöglichbar ist.“ (Edward Nirenberg, Science Communicator über die Vorstellung mancher, dass man auch jetzt noch eine strenge Maskenpflicht durchziehen müsse)
Ich vertraute bis dahin auf den Effekt der „leaky immunity“ – bei niedriger bis moderater Virusexposition ist man nach Impfung gegen Ansteckung geschützt (Lind et al. 2023). Das ist jahrelang aufgegangen. Symptomatische Personen hab ich gemieden bzw. Abstand gehalten, und lange Zugfahrten konnte ich an einer Hand abzählen.
Ansteckungsort
Inkubationszeit 2-4 Tage im Schnitt, erste Symptome waren am Donnerstag, 10. Juli. Am Wochenende davor waren wir am Samstag wandern, lange Zugfahrt, aber eher dünn besetzt. Sonntag war ich daheim. Montag ging ich spät am Nachmittag eine flotte Runde am Stadtwanderweg. Auf der Hinfahrt musste ich mich in einen überfüllten Bus quetschen. Ich war zeitgleich mit dem Bus an der Haltestelle und kam nicht mehr dazu, mir die FFP3-Maske, die ich im Rucksack hatte, aufzusetzen. Dort kann die Ansteckung passiert sein. Am Dienstag und Mittwoch hatte ich mit einem stark symptomatischen Kollegen Dienst, der leider nie getestet hat. Im Zug auf der Hin/Rückfahrt hab ich an beiden Arbeitstagen Maske getragen. Im Büro nicht – dort herrscht seit jeher sehr gute Frischluftzufuhr mit Quell-Lüftung (Frischluft strömt über Lüftungsschlitze am Boden zu und verbrauchte Luft wird an der Decke abgezogen). Bisher gab es noch keine nachgewiesene Infektionen im Büro.
Akutverlauf

Am 1. Tag (Donnerstag, 10. Juli 2025) wachte ich mit starken Halsschmerzen auf, schob es fälschlicherweise schon wieder auf Refluxbeschwerden, die ich vor meiner Gallenblasen-OP (2022) häufig hatte. Schon bei früheren Infekten hab ich Halsweh mit Reflux verwechselt. Ich sollte es besser wissen. Das Halsweh blieb tagsüber, sonst fühlte ich mich aber gut. Ich nahm daher das Rad zum Nachtdienst, immerhin Rückenwind. In der Nacht konnte ich kurz ruhen, im Liegen wurde das Halsweh aber schlimmer – auch das typisch für Reflux.
Am 2. Tag (Freitag) kamen in der Früh Schmerzen in der Lendenwirbelsäule dazu. Das passte nicht mehr zum Reflux, aber ich hatte keine Zeit, darüber nachzudenken, sondern meine Checkliste abzuarbeiten. Mit Gegenwind und Regenschauern am Rückweg hatte ich gerechnet, doch nun wäre es vernünftiger gewesen, das Rad stehen zu lassen oder mit in den Zug zu nehmen. Im letzten Drittel des Rückwegs wurden die Gliederschmerzen stärker und ich bekam noch dazu stechende Knieschmerzen – was ich davor noch nie hatte. Ich war dann wirklich heilfroh, daheim anzukommen. Mein Nasenflügeltest mit Hotgen zeigte eine dünne zweite Linie, zur Sicherheit schoss ich einen Longsee-Test nach. Beide Tests sind schon gut zwei Jahre alt, aber solange die Kontroll-Linie dick ist, funktionieren sie noch. Schnelltests weisen Fragmente des Virus nach, sagen nichts darüber, ob das Virus tot oder lebendig ist, aber gemeinsam mit den Symptomen war es natürlich sehr lebendig.
Gott sei dank hatte ich noch eine – seit zwei Jahren abgelaufene – Packung Paxlovid zuhause, die ich eigentlich meinen Eltern mitbringen wollte, aber nun war ich froh, sie selbst nehmen zu können. Die Symptome verschärften sich am Nachmittag: Massive Glieder- und Gelenkschmerzen, Schüttelfrost und heiße Stirn. Leider war mein Fieberthermometer ausgerechnet am Vortag „eingegangen“. Ich bestellte Lebensmittel bei Gurkerl, wo es auch Apotheken-Artikel gab, und ersparte mir so die Fußwege. Ich fühlte mich ohnehin nicht mehr fit genug dafür. Dann rief ich auf der Arbeit an und sagte dazu, dass es wahrscheinlich eine Covid-Infektion sei. Zugegeben war es mir etwas peinlich, hatte ich doch jahrelang Maske getragen und mich oft geärgert, wenn andere mit Symptomen keine Maske trugen. Nun hatte ich selbst Symptome, sie aber mit dem nicht ansteckenden Reflux verwechselt – das war wohl das Unterbewusstsein (Wunschdenken). Andererseits hat der Kollege mit dem – über Nacht einsetzenden – starken Husten auch nicht getestet und lieber Bronchostop genommen statt zuhause zu bleiben. Auch danach kam ihm nie in den Sinn, dass er mich angesteckt haben könnte. Es wäre gelogen, wenn ich nun sagen würde, dass mir das gleichgültig sein würde. Ich war noch wochenlang sauer.
Ich schlief am Nachmittag und Abend bereits stundenweise, nahm später noch Antihistaminika (Desloradatin) und Melatonin (Faridzadeh et al. 2022 – steht allerdings in keiner Leitlinie und kann maximal unterstützend wirken) und schlief die Nacht dann gut zehn Stunden durch.
Am dritten Tag (12. Juli) testete ich gleich nach dem Aufwachen im Nasenflügel, der Schnelltest war nun fett positiv und jede Zweifel beseitigt. Ich hatte damit gewisse Hoffnung, niemand angesteckt zu haben. Dank meiner guten Immunität (zehn Impfungen!) bekam ich erst Symptome, bevor die Viruslast anstieg. Jetzt war ich also hochansteckend, aber bereits zuhause und für niemand eine Gefahr.
Schüttelfrost und Gliederschmerzen waren bereits verschwunden, das Halsweh tagsüber besser. Jeder Huster schmerzt allerdings im Stirnbereich. Ich führte Elektrolyte zu, aß eine Hühnersuppe (von Radatz, bereits fertig) und machte mir am Abend ein paar Rühreier. Appetitlosigkeit hatte ich während der Infektion keine ausgeprägte. Ich aß bewusst Proteinriegel und trank Elektrolytlösungen, um den geschwächten Körper mit Nährstoffen zu versorgen. Leider hatte ich nun nur noch zwei Hotgen-Tests, sonst noch eine Packung Longsee-Tests mit grenzwertiger Menge an Pufferlösung in den Gefäßen. Solange die Symptome anhielten, brauchte ich nicht weitertesten – neue Hotgen bestellte ich bei Amazon, da ich nur dort davon ausgehen konnte, dass sie zügig geliefert wurden und notfalls in der Post-Empfangsbox im Haus landeten.
In der Nacht auf den 4. Tag schlief ich schlechter. Das Halsweh – insbesondere die Schluckbeschwerden – waren intensiv, rasiermesserartig traf es gut, aber das gab es laut Hörensagen schon bei früheren Varianten. Anekdotisch soll es bei XFG häufiger vorkommen. Ibuprofen 400 half nur kurzzeitig und selbst 2mg Melatonin reichten nicht aus, um durchzuschlafen. Zudem schwitzte ich stark, hatte aber laut Stirnthermometer nie Fieber. Hitzewallungen ohne Fieber treten übrigens auch bei Reflux in Verbindung mit Histamin-Intoleranz auf. Starker Nachtschweiß war dagegen typisch für eine Covid-Infektion.
Das mit dem bitteren Geschmack durch Paxlovid stimmte ebenfalls. Grund dafür ist das antivirale Nirmatrelvir, welches die Bitter-Rezeptoren TAS2R aktiviert, welche wiederum Bitterzellen aktivieren. Diese regen die Geschmacksnerven an, die das Signal ans Gehirn senden, damit dieses „bitter“ wahrnimmt. Gegenmittel gibt es keines. Seitdem schmecktr fast alles nach Gin Tonic, sogar Bananen.
Noch ein spezielles Symptom, das zum Glück nur einen Tag anhielt: Glühende Haut und wenn ich sie berührte, brannten die Finger „nach“. „Burning sensation“ ist selten, aber beschrieben als Covid-Symptom.
In der Nacht auf den 5. Tag schlief ich wegen den Schluckbeschwerden erneut nur stundenweise. Lutschtabletten, Tantum Verde, Tee – alles schien nutzlos. In der Früh nahm ich die letzte verbliebene Parkemed-Tablette aus meiner Hausapotheke (eigentlich für Notfälle bei Bergtouren reserviert) – damit konnte ich den Vormittag durchschlafen und wachte dann schweißgebadet auf.
Für VitC/D/Zink gibt es keinen bewiesenen Nutzen. VitC nahm ich trotzdem, weil es gegen eskalierende Histaminproduktion hilft, ebenso Antihistaminika, die ich wegen meiner Hausstaubmilben/Pollenallergie nehmen muss. Magenknurren weiterhin als positives Zeichen, dass Magen-Darm nicht stärker beeinträchtigt war. Sauerstoffsättigung 96-98% – es zählt der höhere Wert. Puls recht niedrig um 55, aber als Ausdauersportler nicht beunruhigend.
Am Nachmittag war ich kurz mit Maske den Müll runterbringen und in der Apotheke, stärkere Ibuprofen holen – die mir die Hausärztin auf die E-Card stellte. Den Arztbesuch sparte ich mir. Weder die paar Meter zur Apotheke noch das Stiegensteigen strengten mich besonders an. Am Abend versuchte ich vergebens die Ibu 600 zu schlucken, zu groß die Tabletten. Ich blieb also bei Ibu 400.
Ibuprofen hat eine schmerzstillende Komponente, die mit höherer Dosierung nicht größer wird („Ceiling-Effekt“), und eine entzündungshemmende Komponente, die mit höherer Dosierung zunimmt (Erklärung). Ich setzte auf den Anti-Entzündungseffekt, damit die Halsschmerzen ursächlich bekämpft werden.
Am Dienstag, 6. Tag wachte ich erholter auf. Die Halsschmerzen wurden tatsächlich besser. Der neueste Schnelltest zeigte eine blasse Linie, die später kam als beim letzten Mal – das sprach für eine abklingende Infektion.
Post-akute Phase
Tag | Verlauf |
7 | Durchgeschlafen, kein Halsweh mehr, minimaler Hustenreiz in der Nacht, eher vom trockenen Hals kommend, letzte Ration Paxlovid, Schnelltest wieder negativ |
8 | Schlecht geschlafen, leichter trockener Husten |
9 | Schnelltest erneut negativ, keine neuen Symptome |
10 | Keine Änderung |
11 | Halskratzen, trockener Hustenreiz, dritter Schnelltest in Folge negativ (zumindest kein Rebound in der Viruslast). Stunde im Augarten spazieren gewesen, keine Beschwerden. Rohe Zwiebeln zum Hartkäse am Abend nicht vertragen (Hustenreiz, fast erbrochen) |
12 | Krankenstandsende und längerer Spaziergang in den Föhrenbergen mit Pulsoxymeter. In den Pausen gemessen, wie schnell Puls absank. Ich blieb unter der Belastungsgrenze. |
13 | Ständig Kratzen im Hals, Stimme sehr rau. |
14 | Halsweh nahezu weg, aber Stimme schlechter |
15 | Längerer Spaziergang am Stadtwanderweg mit Einkehr. Die schwülwarme Luft ging ganz schön auf den Kreislauf, wurde mit Wind dann besser. Trockener Reizhusten tagsüber schwächer, durch bestimmte Lebensmittel aber stärker. |
16 | Weiterhin trockener Reizhusten, aber nicht aus der Lunge heraus, sondern eher Kehlkopf (laryngeal) |
19 | Reizhusten verschwunden. 10min Rudergerät, halbe Stunde Radfahren. Beide Mal unter Belastungsgrenze geblieben. Bier am Abend getrunken, das nicht geschmeckt hat. |
20 | Zu kurz geschlafen vor dem Tagdienst. Hatte rechte Hitzewallungen, Gliederschmerzen, Kopfweh – saß aber auch in der kalten Ecke vom Büro. Nach Dienstende gingen die Beschwerden wieder weg (Sick Building Syndrome hatte ich früher auch schon). |
21 | Kürzere Strecke mit etwas mehr Höhenmeter als am Tag 15, in den Föhrenbergen. Viele Pausen, eine Stunde Hüttenterrasse und ein riesiges Putenschnitzel. Ich blieb erneut so langsam, dass ich nicht über die Belastungsgrenze kam. |
23 | Wieder ein Tagdienst im kalten Eck, aber schwächere Beschwerden. Viel zu wenig Schlaf, das macht mir derzeit mehr zu schaffen als vorher. |
Fazit:
Sofern keine neuen Beschwerden auftauchen, die dann unter Post-Covid-Folgen zu verbuchen wären, beende ich die öffentliche Dokumentation meiner ersten Covid-Infektion hiermit. Den ein oder anderen Bewegungstrieb hätte ich verschieben können, aber es hat mir nicht geschadet. Zwar hab ich meine Withings-ScanWatch reaktiviert, aber keine Vergleichswerte zu vor der Infektion. Der Körper wird mir schon deutlich sagen, wenn etwas zu viel war. Es bringt nichts, ständig nur auf Messwerte zu starren und zu viel in den Körper hineinzuhören. Ich muss aber gestehen, dass mir das schwerfällt, gerade mit meiner Vorgeschichte als Coronablogger, der bestens Bescheid weiß, was alles passieren könnte. Dasselbe trifft auch auf Bergtouren bei erhöhter Gewitterwahrscheinlichkeit zu – da bin ich als Berufsmeteorologe auch relativ unruhig.
Hätte ich die Infektion verhindern können? Man wird Infektionen nie ganz verhindern können. Das Problem sind nicht die Situationen, wo man Maske tragen kann, sondern da, wo man es nicht kann. Ich gehe risikoadjustiert vor, aber ich setze nicht mehr auf „Null Infektionen“. Das ist mit meinem Lebensstil nicht vereinbar. Das ging eine Zeit lang gut in der Pandemie, als es allgemeine Maßnahmen gab. Im Übrigen beklage ich meine Erstinfektion nicht. Unpassender Zeitpunkt ja, mitten im Hochsommer und Urlaubszeit, Trainingspause, etc., aber es ist, wie es ist, nicht mehr zu ändern – kann nur das Beste daraus machen, und froh sein, dass der Verlauf so leicht war und keine gravierenden Symptome in der akuten Phase vorhanden waren (z.B. Kurzatmigkeit, Fatigue, Geruchs/Geschmacksverlust, Schmerzen in der Brust).