Varianten-Entwicklung in Österreich seit Herbst 2021, Stand: 24. September 2024

Das Abwassermonitoring heißt nicht umsonst so – wir dokumentieren für die Nachwelt das Virus schön anonym im Abwasser, ohne es auf einzelne Bezirke oder gar Gemeinden zurückführen zu können. Für regionale Prävention taugt außerdem die mangelhafte Abdeckung wenig. Zumindest wissen wir jetzt, dass die Infektionszahlen seit Mitte September explodieren. Die Steilheit ist vergleichbar mit dem von JN.1 im Vorjahr oder von BA.5 im Sommer 2022. Die Absolutzahlen lassen sich wegen geänderter Methoden nicht wirklich vergleichen, aber der sprunghafte Anstieg von Krankenständen spricht ohnehin Bände. Schlichte Geister werden das exponentielle Wachstum auf das nasskalte Wetter schieben, auf die fünf Regentage im Großteil von Österreich Mitte September. Doch es war auch die zweite Schulwoche und der Großteil der Reiserückkehrer wieder anwesend.

Über 60% des aktuellen Abwassersignals stammt von der Untervariante KP.3 (Stand 24.09.24), der Anteil der Rekombinante XEC (KS.1.1 + KP.3.3) liegt bei 14% und zeigt ein relatives Wachstum (Quelle: Andreas Bergthaler, X).

Sentinelsystem

In den Sentineldaten vom 27. September lag die Positivrate von SARS-CoV2 bei 36%, die Anzahl der Sentineleinsendungen ist im Vergleich zur Vorwoche um 70% gestiegen. Zudem nehmen Rhino- und Parainfluenza-Infektionen zu. Die ruhigste Phase bezüglich SARS-CoV2 war zwischen Mitte März und Anfang Juni, seitdem steigt die Kurve kontinuierlich wieder an – trotz Rekordsommer.

SARI-Dashboard

Vom 3. Juni bis 29. September 2024 wurden 111 Kinder unter 5 Jahren und über 2600 Menschen über 60 Jahre wegen SARS-CoV2 stationär aufgenommen – und das noch vor der eigentlichen Herbstwelle. Zu dieser Jahreszeit gab es zudem noch nie soviele Krankenstände.

Vergleich mit Influenza und RSV

Quelle: @zeitferne (X), 01.10.24

Die aktuellen Krankenhausaufnahmen wegen SARS-CoV2 sind bereits deutlich höher als am Höhepunkt der Influenzawelle im Februar. Wenn selbst renommierte Virologen nun also behaupten, Corona sei so harmlos wie die Grippe, ist das kompletter Bullshit. Im Vergleich zur Influenza sorgt Corona weiterhin für mehr schwere Verläufe und zirkuliert einfach viel häufiger und ganzjährig. Dazu kommen die Spätfolgen, auch nach Reinfektionen.

Virologin Eckerle äußert sich solide, empathischer und durchwegs vernünftiger als Drosten, in dessen Forschungsgruppe sie ab 2011 gearbeitet hat, wie zuletzt wieder auf X:

„Auch wenn es keine pandemische Situation mehr ist: Es gibt Dinge, die Infektionen reduzieren: Zuhause bleiben bei Erkrankungen (am besten telefonische Krankmeldung), Maske in beengten Innenräumen, Impfung für Risikogruppen und medizinischen Einrichtungen, Luftqualität verbessern.“

In ihren Augen sei es kontraproduktiv, ständig sagen, das sei

  • a) gut so,
  • b) Erkrankte nur wehleidig und gar nicht krank (dagegen sprechen alle Surveillance-Daten),
  • c) es würde von den Maßnahmen vor 3-4 Jahren kommen (wir haben seitdem erhöhte Zirkulation vieler Viren)
  • d) gut für die Wirtschaft

Die Infektions/Immunitätskonten für respiratorische Infekte sollten längsten ein dickes Plus anzeigen nach Jahren „Investition“ = wir haben seit Jahren ein überdurchschnittliches Niveau an respiratorischen Infektionen, sogar asaisonal, bestätigt, für SARS-CoV2, auch Influenza, RSV, sogar Bakterien. Es sei zudem leider nicht SARS-CoV2 oder Grippe, Sommergrippe, Erkältung, Verkühlung, Krupp, RSV, etc., sondern die meiste Zeit SARS-CoV2 PLUS alles, was es sonst noch gibt.

Leider wird die Surveillance weiterhin stark abgebaut, zuletzt auch in der Schweiz hinsichtlich Sequenzierung und Hospitalisierungsdaten. Dann wirds nurmehr ein verschwommes Bild geben, was eigentlich Menschen krank macht.

Nationalratswahlen:

Urlaub mit Komfortabstrichen

Meine Urlaubswoche im Salzkammergut hatte ich ausgerechnet mitten in den exponentiellen Anstieg der SARS-CoV2-Welle hineingelegt. Hochwasserbedingt fuhr nur ein Bruchteil der Fernzüge nach Westen. In der Westbahn hieß es lange stehen, neben jungen Männern mit feuchtem Husten und ohne Manieren. Die FFP3-Maske schützte mich erfolgreich. Im Hotel beim Abendessen legte eine ältere Frau mit Schnupfen und Husten ihre verrotzten Taschentücher auf den Tisch. Der Hotelwirt hustete ebenfalls kräftig und betreute gleichzeitig die Bar. Einmal hustete er über ein gerade eingeschenktes Bierglas. Die Schnupfnase hustete auch beim Frühstück herum und ich wartete, bis ich wieder zum Buffet ging. Erst am dritten Morgen checkte ich, dass ich mich auch aus raus in die Lobby setzen konnte, wo ich meistens alleine saß und die Luft etwas besser war. Die Räumlichkeiten für die „à la Carte“-Esser waren sehr begrenzt, draußen natürlich schon längst alles abgebaut, sodass ich nicht im Freien essen konnte trotz tagelang noch angenehmer Abendtemperatur. So wurde ich einmal zu einer Jungfamilie dazugesetzt, wo der Vater auch hustete. Ich schaute verstohlen auf mein Aranet, wo die CO2-Werte an der 2000ppm-Marke kratzten. Augen zu und durch.

An den anderen Abenden hielt sich die Husterei zum Glück in Grenzen. Erwähnenswert war noch der Personalmangel, weshalb einer der Bediensteten mich erst am Abend bediente, die Nacht durchmachte, um das Frühstück vorzubereiten und am Abend wieder bediente. Bei einer anderen Gelegenheit saßen nebenan vier sturzbetrunkene Jäger wie im Klischee, die zwar nicht husteten, aber die Gläser zu Bruch gingen ließen. Eine arme Ehefrau mit krankem Kleinkind, das mit roten Backen hustete, musste die Feierlaune der Jäger ertragen. In Hallstatt saß ich einmal draußen, ein eher teures Lokal, weshalb viele Touristen vorbei gingen. Gut für meine Luftqualität. Einmal saß ich drinnen, war aber beruhigt durch die großzügigen Lüftungsrohre und -abzüge, die quer durch den Raum verliefen. Direkt neben mir hustete dann auch jemand.

In den öffentlichen Verkehrsmitteln trug ich dagegen konsequent Maske und es gab auch keine blöden Kommentare. Auffallend war aber auch, dass die „asiatische Kultur“, Maske zu tragen, mit der Pandemie offenbar ihr Ende gefunden hatte. Es gab noch vereinzelt Ausnahmen, aber eine klare Minderheit. Eine Kultur wird offenbar leicht zur Unkultur, wenn die „westliche Freiheit“ auf Dauer verlockender ist.