„Wir müssen doch grundsätzlich bei Wissenschaftlern, die im akademischen Bereich seriöse Forschung machen, auch wenn sie aus China kommen und in China arbeiten, davon ausgehen, dass sie nicht böswillig und maligne agieren. Wir müssen von der Grundauffassung ausgehen, dass die aufrichtige Forschung machen.“

Virologe Drosten im NDR-Podcast (08.06.21), Folge 19/ S. 538ff

Die Frage des Virus-Ursprungs, die anscheinend viele umtreibt, hat die geringste gesellschaftliche Relevanz. Ab dem Zeitpunkt, wo das Virus die chinesischen Landesgrenzen verlassen hat, war es Aufgabe der Weltgemeinschaft, geeignete Gegenmaßnahmen einzuleiten. Im Mai 2017 wurde ein WHO-Bericht veröffentlicht, wonach nur 65 von 193 Staaten einigermaßen in der Lage seien, Seuchen zu erkennen und zu bekämpfen. Forscher wiesen in einem Artikel über Lehren aus der „Spanischen Grippe“-Pandemie darauf hin, dass eine neue Grippe-Pandemie, auch mit der Vogelgrippe, wahrscheinlich sei (Short et al. 2018).

Die Ursprungsfrage ist aus Gründen der Laborsicherheit und auch aus politischen Gründen relevant (Verantwortung Chinas gegenüber Weltgemeinschaft), wobei eine nachlässige Reaktion auch bei natürlichem Ursprung zu hinterfragen ist.

Im März 2021 erschien ein ausführlicher WHO-Bericht, der schlussfolgerte, dass es extrem unwahrscheinlich sei, dass SARS-CoV2 durch einen Laborunfall verursacht sei. Ein kritischer Review von Holmes et al (2021) ging ebenfalls der Frage nach dem Ursprung nach.

Das Lancet Editorial betonte im Juli 2024, dass die Indizien für einen natürlichen Ursprung weiterhin überwiegen. Laborsicherheit ist zweifellos ein relevantes Thema, aber man darf nicht vergessen, dass wir von Nerzfarmen über Wildtiermärkte bis hin zur industriellen Viehindustrie wiederholt ideale Bedingungen schaffen, um Viren die Gelegenheit zu geben, sich an Säugetiere und letztendlich an uns Menschen anzupassen.

Hintergrund

Menschen sind keine Fledermäuse. Es gibt einen gewichtigen Grund, weshalb sie die zentrale Quelle für zoonotische Viren sind: Sie leben mit den Viren, weil ihr Immunsystem regelmäßige Infektionen toleriert, weil sie sich unter diesen Bedingungen entwickelt haben (Banerjee et al. 2020, Irving et al. 2021). Viren haben keine Strategie, ihre Fitness hängt von der aktuellen Umgebung ab, nicht von der Zukunft. Viren werden meist mit der Zeit nicht milder, siehe Masern, Influenza, RSV, MERS. Durch den Klimawandel verändert sich die globale Diversität der Fledermauspopulationen – Ausbrüche wie SARS-CoV1/2 wurden dadurch wahrscheinlicher (Beyer et al. 2021).

Fledermäuse spielten als Reservoir-Wirte bereits bei Epidemien mit SARS-CoV1 (2002/2003), Nipah-Virus (1998 und 2001), Hendra-Virus (1994), Marburg-Virus (1967 und 2023) und Ebolaviren (1976, 2014) eine Rolle. [Buchempfehlung: Isabella Eckerle, Von Viren, Fledermäusen und Menschen. Eine folgenreiche Beziehungsgeschichte, Droemer-Verlag, 2023].

Vor kurzem wurde ein MERS-ähnliches Coronavirus – Pipistrellus Fledermaus-Coronavirus HKU5 bei zwei Nerzen auf einer einzelnen Farm identifiziert, verbunden mit einem Ausbruch von Lungenentzündungen, sowie bei einem Sumpfbiber (Zhao et al. 2024).

In Südkorea wurde bei einem Kleinkind ein weiteres zoonotisches Alphacoronavirus entdeckt. Es ist eng verwandt mit dem Nagetiervirus AcCoV-JC34, das eine mutmaßliche Furinspaltstelle enthält (Park et al. 2025).

SARS-1

SARS-verwandte Coronaviren benutzen das gleiche Ökosystem, den gleichen Wirt, bestimmte Tierarten, meist Nutz- oder Pelztiere: In China waren Schleichkatzen/Marderhunde als Überträgerwirte von SARS-1 bis zum Menschen bekannt. Warum sollte es hier nicht so sein? Tatsächlich steht der Marderhund (Nyctereutes procyonoides) als Zwischenwirt für die SARS-CoV2-Pandemie ganz oben.

Fledermäuse gebären alle zur selben Zeit, dabei fallen viele tote Neugeborene von der Decke, die von kleinen Raubtieren dann gefressen werden und sich dabei infizieren können. In der Geburtenzeit verbreiten sich auch die Coronaviren leichter, weil die Muttertiere leicht immunsupprimiert sind und die geborenen Kinder immunologisch naiv sind. In China werden immer wieder Marderhunde und Schleichkatzenarten mit SARS-1 gefunden, mit denen dann auf Wildtiermärkten gehandelt wird. Daher lag es auf der Hand zu vermuten, dass SARS-CoV2 sich auf denselben Weg in die menschliche Wirtspopulation begeben hat, mutmaßlich über die Zucht von und Handel mit Marderhunden.

Es gibt Hinweise darauf, dass SARS-CoV2 ursprünglich von einer Fledermaus gekommen ist, etwa von Hufeisenfledermäusen in Vietnam (Hassanin et al. 2024). Ein kürzliches Preprint hat entdeckt, dass sieben der Mutationen, die in kryptischen Virussträngen aufgetaucht sind, Reversionen auf Sequenzen waren, die in SARS-CoV2-verwandten Fledermaus-Sarbecoviren hoch konserviert sind. Das würde nahelegen, dass die Anpassung an den Menschen (in Atemwegsgewebe zu replizieren) der Pandemie vorausging. (Suarez et al. 2024) – Co-Autor Marc Johnson hat das auf X einmal ausführlich erläutert (hier meine Übersetzung).

Ein Vergleich mit einem Fledermaus-Sarbecovirus (B236), das im Gegensatz zum Wildtyp verstärkt den Magen und weniger die Lunge befällt, deutet ebenfalls daraufhin, dass die Omicron-Varianten sich Richtung Fledermausvirus zurückentwickeln (Temmam et al. 2022) und dabei an Pathogenität abnehmen (ausführlicher hier von Ryan Hisner).

Die Suche nach dem Ursprung der Pandemie

Aufgrund getestetem Spenderbluts lässt sich belegen, dass das Virus (n = 9) bereits zwischen 13. Dezember 2019 und 22. Jänner 2020 in den USA zirkulierte (Grimm et al. 2024).

Der Wildtiermarkt in Wuhan

Meldung über ein unbekanntes Atemwegsvirus in China, 31. Dezember 2019

Das gesamte NDR-Corona-Podcast-Transkript (1592 Seiten) enthält mehrere Verweise auf die Ursachenforschung zur Pandemie (und zur Laborunfall-Hypothese). Im Buch „Alles überstanden?“ von Mascolo und Drosten wird auf S. 181-216 ausführlich darauf eingegangen. Im Podcast „Jung und Naiv“ mit Drosten wird ab 2h 12:00 ebenfalls darüber gesprochen. Ein informatives Interview wurde mit einer weiteren Coronaviren-Koryphäe, Stanley Perlman, geführt.

Nach meinen bisherigen Informationen aus diesen Quellen ergibt sich für mich folgendes Bild:

Marderhunde als mutmaßlicher Zwischenwirt

  • Am Wuhan-Markt wurden Marderhunde nach Ausbruch des Virus in großem Umfang gekeult. Die chinesischen Wissenschaftler sind eigentlich sehr kompetent und das Wuhan-Institut der Virologie ist weltweit führend bei Coronaviren. Unklar ist, warum die Testergebnisse zunächst nicht gezeigt wurden.
  • Zwischen Mai 2017 und November 2019 wurden vier Märkte in Wuhan untersucht – im Durchschnitt wurden 38 Marderhunde pro Monat auf diesen Märkten verkauft (Xiao et al. 2021). In den Proben, die später vom Markt genommen wurden, fand man das Coronavirus in einem bestimmten Bereich des Marktes, wo Marderhunde gehalten wurden (Crits-Christoph et al. 2024), sowie in der Tier-DNA selbst (Liu et al. 2023). Eine noch unveröffentliche Arbeit von Virologin Angela Rasmussen (Universität von Saskatchewan in Saskatoon, Kanada), die Drosten im Jung & Naiv-Podcast erwähnte, deutet daraufhin, dass Marderhunde auf dem Markt wahrscheinlich krank waren, auch wenn unklar ist, mit was sie infiziert wurden.

Zentrum der Indexfälle war der Markt

  • SARS-CoV2-Sequenzen von den ersten infizierten Menschen zwischen Ende Dezember 2019 und Anfang Januar 2020 unterstützen gemeinsam mit epidemiologischen und Ortsdaten diese Annahme der Herkunft vom Markt (Worobey et al 2022). Der gemeinsame Verbindungsweg der infizierten Patienten war der Markt. Selbst wenn man nur jene hernahm, von denen man nicht wusste, ob sie regelmäßig den Markt aufsuchten (= zufällige Testung), blieb der Markt das Zentrum (Index-Quelle) für die Infektionen.
  • chinesische Studie: anderer Auswertungszeitraum – Jänner/Februar 2020, jetzt sind die Fälle in der Stadt, Dichte der Verbreitung verlagert sich zu den älteren Menschen (werden meist auffällig krank)

Unterschiedliche Virusstränge am Ausgangsort

Linie A (links oben) und B (rechts unten) waren am Anfang – Abbildung von Mikrobiologe Alex Crits-Christoph (August 2022)

Als das Virus am Wildtiermarkt in Wuhan entdeckt wurde (Worobey et al. 2022, Pekar et al. 2022), waren zwei Genotypen von Beginn an präsent:

Anteil der Sublinien A (hier S) und B (hier L1 und L2) von 01/2020 bis 11/2020: B1 war von Beginn an stärker präsent als A (Credits: Tang et al. 2021)

Strang A und B, die sich nur durch 2 Nucleotid-Änderungen (8782 in ORF1ab und 28144 in ORF8) unterschieden haben. Nukleotide sind Bausteine in den Strängen der RNA, die sich aus einem Basen-, Zucker- und Phosphatanteil zusammensetzt. Bei einem Superspreader-Ereignis würde man keine zwei separaten Linien erwarten.

Neue Sequenzen von Mitte Januar 2020 bekräftigen die Herkunft vom Wildtiermarkt, dabei wurden erneut beide Linien A und B gefunden, aber keine Übergänge zwischen beiden Strängen – das heißt beide Linien wurden getrennt voneinander in den Wildtiermarkt eingetragen (Hensel and Débarre 2025 preprint).

Linie A ist zwei Mutationen näher dran an bekannten Fledermausviren, aber B war mit einer 96%igen Wahrscheinlichkeit früher da (Pipes et al. 2021), etwa Ende November bis Anfang Dezember 2019. Beide müssen parallel auf den Menschen übergesprungen sein, nicht nacheinander. Überlebende Viruslinien sind nachweisbar (Auslöschungsrate). Insgesamt kam es wahrscheinlich zu acht Übertragungen auf den Menschen (Konfidenzintervall 2-25), davon haben A und B überlebt (= Fitnessvorteil).

Das steht im Einklang dessen, was man erwartet, wenn ein Virus in einem Tierbestand zirkuliert und normal mutiert – die Viren unterscheiden sich geringfügig voneinander.

Phylogenetische Analyse der SARS-CoV2-Genomsequenzen aus Shanghai und ihre Dynamik. In China starb A im Stadium I (20.01.-29.02.20) der Pandemie aus. Im Stadium II (01.03.-30.04.20) setzte sich B.1 zunehmend durch, ab Stadium III (01.05.-30.09.20) gab es nur noch A und B. (Zhang et al. 2024)

A und B bekamen Nachfahren, wobei sich B letztendlich durchsetzte, indem es die Schlüsselmutation D614G bekam, wodurch das Virus infektiöser wurde (Korber et al. 2020). Bis Mitte 2020 dominierten B.1 und B.1.1-Linien. Manche dachten, dass die Pandemie bald vorbei sein würde, denn bei einem Virus wie SARS-CoV2 erwartete man nur wenige Replikationsfehler (Mutationsrate), etwa der Virologe Peter Kolchinsky, der im März 2020 Hoffnung auf eine baldige Impfung machte:

„What we don’t have to worry about is the virus rapidly mutating away from our vaccines as fast as flu can, because owing to its simplicity, it can’t pull off the flu’s face-swapping tricks.“

Bis dahin gab es noch keine Hinweise auf erhöhte Übertragbarkeit durch wiederkehrende Mutationen (Dorp et al. 2020). B.1 bekam drei weitere Mutationen im N-Gen (die 203K/204R erzeugten), daraus wurde B.1.1. Bis auf Delta (R203M) entstanden alle Linien aus B.1.1. Ab Dezember 2020 sollte sich das mit Alpha und ab November 2021 mit den Omicron-Varianten aber ändern.

Rasmussen weiter: Dass die „key evidence“ für den Markt fehlt, ist nicht verwunderlich, weil der Markt geschlossen und die Tiere entfernt wurden. Klare Evidenz wurde unterdrückt, nicht gesammelt oder nicht zugänglich gemacht. Es dauerte Jahre, bis man das Reservoir für das Marburg-Virus gefunden hat. Niemand zweifelte am zoonotischen Ursprung (Juni 2024, X)

Das Wuhan Institut für Virologie (WIV)

Das WIV gibt es seit 1956. 2005 hat eine Gruppe von Forschern des WIV zum SARS-1 veröffentlicht und fand heraus, dass die Hufeisenfledermäuse in China ein natürliches Reservoir für sars-ähnliche Coronaviren bieten, insgesamt wurden seitdem über 300 Fledermaus-Coronaviren sequenziert. Mit Unterstützung der Franzosen wurde 2014 das erste Biosafety-Level-4-Labor in China gebaut. 2017 fand man heraus, dass diese Fledermaus-Viren direkte Vorläufer von SARS sein könnten, und dass das Risiko eines erneuten Überspringens auf den Menschen besteht. 2018 fand man mit einer serologischen Studie, dass 6 von 218 Dorfbewohnern Antikörper gegen Fledermausviren in ihrem Blut hatten, was anzeigt, dass das Überspringen auf den Menschen in der Natur tatsächlich vorkommt. Im April 2020 hat die erste Trump-Regierung eine Förderung von Forschung beendet, wo es um das Überspringen von Fledermäusen auf den Menschen ging.

Warum gibt es gerade beim Wildtiermarkt ein Viruslabor?

SARS (2002/2003) wurde in China entdeckt, deswegen gibt es dort viele Labore.

Kritik an der Sicherheitsstufe, bei der am WIV geforscht wird

Die Erforschung an Coronaviren im WIV findet nach wie vor überwiegend bei Sicherheitsstufe BSL-2 statt – ein Umstand, der auch von Molekularbiologe Emanuel Wyler in einem Gastbeitrag in der ZEIT kritisiert wird. Es sei bekannt, dass das WIV die dokumentierte Fähigkeit und Absicht habe, die Anpassungsfähigkeit von wilden Coronaviren an den Menschen zu analysieren und in sogenannter Gain-of-Function-Forschung herbeizuführen.

Laut NIH-Dokumenten fand viel Forschung am WIV an Fledermaus-Coronaviren bei BSL-3 statt, in manchen Fällen bei BSL-2. Selbst das am engsten SARS-verwandte Fledermausvirus (RaTG13) unterscheidet sich in mehr als 100 Mutationen von SARS-CoV2. Keine Masse an künstlich erzeugten Mutationen hätte daraus SARS-CoV2 machen können.

Wurde am Vorläufer von SARS-CoV2 gearbeitet?

Ein US-Geheimdienstbericht von 2023 besagte, dass die WIV-Forscher zwar mit Coronaviren gearbeitet haben, aber keines davon konnte ein plausibler Vorläufer von SARS-CoV2 sein. Außerdem konnten die Hinweise darauf, dass einige WIV-Forscher im Herbst 2019 mild erkrankt waren, nicht in direktem Zusammenhang mit SARS-CoV2 gebracht werden. Auch Allergien oder gewöhnliche Erkältungskrankheiten waren denkbar.

Die Leiterin für die Coronavirenforschung am WIV, Shi Zhengli sagte gegenüber dem MIT Technology Review:

Shi also denied suggestions that the first human infection could have involved someone from her team—who caught the virus either in the lab or in the field. Between the beginning of the outbreak in Wuhan and the first vaccine shots, she told me, every member of her team was tested multiple times for viral nucleic acids to detect ongoing infections and for antibodies that would indicate past exposure. “Nobody was tested positive,” she said. “None of us has been infected by coronaviruses under any circumstances, including while sampling bats in the field.” (02/2022)

Die Gefahr, sich an Patienten zu infizieren ist aber weiterhin 100x höher als im Labor.

Anfang 2020 hat eine WHO-Expertengruppe SARS-CoV2 experimentell modelliert. Auch chinesische Wissenschaftler waren anwesend, aber niemand aus Wuhan. Es wird behauptet, dass das WIV gemeinsam mit US-Partnern darauf hingearbeitet, SARS-CoV2-Viren mit einer Furinspaltstelle zu erzeugen, die Laborarbeit hätte in den USA stattgefunden, nicht in China, aber es gibt keine Anzeichen dafür, dass das gemacht wurde.

Seit längerem bekannt sei eine nicht übersetzte und nicht publizierte Masterarbeit dem WIV von 2019, darin wurden nur Sequenzen von 2011-2016 von in der Natur gesammelten Coronaviren ausgelesen und mit SARS-CoV1 verglichen – laut Arbeit wurden diese Viren aber nicht im Labor vermehrt.

Biowaffe versus Laborunfall

Anzahl der Laborunfall-Artikel in bekannten amerikanischen Zeitungen seit Pandemiebeginn, Grafik von Alex Crits-Christoph (Bluesky, 16.03.25)

Zu Beginn der Pandemie kursierten Verschwörungserzählungen, dass das Virus absichtlich als eine Art Biowaffe in die Welt gesetzt wurde. 27 Wissenschaftler, darunter auch Christian Drosten, schrieben im Februar eine Solidaritätsbekundigung mit den chinesischen Wissenschaftlern und Ärzten, die zu diesem Zeipunkt gegen den Ausbruch des Virus kämpften. Darin kamen sie aufgrund der damals vorhandenen Evidenz zum Schluss, dass das Virus höchstwahrscheinlich in der Wildnis entstanden sei und nicht künstlich herbeigeführt sein würde (Calisher et al. 2020). In dieser Zeit gab es schwerste Vorwürfe gegenüber Personen, die Karrieren hätten zerstören können.

Einer der Mitunterzeichner, Stanley Perlman, der seit 40 Jahren an Coronaviren forscht, konstatiert:

The lab leak idea has really changed. The original letter was written about [the virus] being engineered. In my opinion, the way the virus came from the natural variant is found to be the most likely explanation—whether that occurred because there was an animal in the market or someplace else and humans in the middle became infected and brought the virus to Wuhan or somebody in the lab brought it, it is all a natural virus. (TheWeek, 2021)

Ein künstlich erzeugtes Virus wird weiterhin (!) ausgeschlossen. Ein natürliches Virus gilt als gesichert – das kann natürlich auch im Labor auf den Menschen übergesprungen sein – aber:

Im Labor arbeitet man fast immer mit einem klonalen Virus (genetisch definiert), da gibt es dann keine unterschiedlichen Virusstränge, wie man sie in Wuhan festgestellt hat.

Gain-of-Function

Im Podcast erläuterte Drosten die Gain-of-Function-Forschung, beispielsweise wurde ein Stück Vogelkot sequenziert, daraus hat man die Geninformation von Influenzaviren erhalten mit ein paar verdächtigen Mutationen. Diese fügt man in ein reversgenetisches System (Kopie des Genoms eines Virus auf DNA-Ebene, das gentechnisch verändert werden kann) ein und erschafft das Virus künstlich. Das, was man im Labor macht, kann die Natur aber auch. Wenn im Labor gesehen wird, dass sich etwa eine gefährlichere Variante zusammenbraut, wenn bestimmte Mutationen zusammenkommen, dann kann das in der Natur auch irgendwann passieren.

Ob es sinnvoll ist, das im Labor auszutesten ist eine allgemeine Frage, über die in der Wissenschaft viel diskutiert wird, andererseits haben die Labore bestimmte Sicherheitsmaßnahmen, um Unfälle zu verhindern.

Furin-Spaltstelle (FCS)

Anlass für die Laborleckhypothese war u.a. die sogenannte Furin-Spaltstelle (Protease-Erkennungsstelle). Das Protein auf der Oberfläche des Virus muss in zwei Teile geschnitten werden, um gut zu funktionieren. Influenza- und Coronaviren haben das notwendige Enzym nicht im Handgepäck, sondern nutzen das Enzym Furin, das sich im Ausschleusungsweg befindet, welche die Zelle für die Produktion von Viren bietet. Dieses schneidet die Virusproteine passend, wie sie gebraucht werden. Andere Coronaviren haben diese Spaltstelle nicht. Es ist aber normal, dass manche Viren sie erwerben, andere nicht, etwa hat sie auch die Vogelgrippe.

Sie entsteht im wesentlichen durch zwei Mechanismen:

  • zusätzlicher Fehlermechanismus in den Replikationsenzymen dieser Viren
  • Furin-Spaltstelle kommt in vielen Proteinen der Zelle vor, für eigene Proteinproduktion, mit Unmengen an Genom-Kopien, darunter Rekombinationsschritte, und dass dann tiertypische Codone (3 Nukleoide hintereiner, z.B. CCG) auftauchen in der Furin-Spaltstelle, ist erwartungsgemäß, wenn das Virus sich diese über Rekombinationsschritte angeeignet habe

Jetzt ist aber nicht davon auszugehen, dass das Einfügen einer Furin-Spaltstelle ein Virus automatisch besser oder stärker übertragbar macht. Es kann sogar eher das Gegenteil passieren, weil eine Furin-Seite mit einem Glykoprotein dazu führen kann, dass das Glykoprotein vorzeitig reift und zu früh aus der Zelle kommt, und der Spaltprozess durch Furin dann in der falschen zeitlichen Abfolge passiert, wodurch die eigene Replikation zum Erliegen kommt.

Der Aufbau eines reversgenetischen Systems, um so eine Furin-Spaltstelle künstlich einzufügen, würde Jahre dauern. Drosten vergleicht es mit dem Klang eines neuen Autoradios. Statt ein neues Radio einzubauen, baut man ein ganz neues Auto von Grund auf und dann das neue Radio ein. Das sei einfach nicht sinnvoll und würde niemand machen.

Das Virus könnte aber auch in einer großen Tiergruppe repliziert haben und dann würde dieser Zufall irgendwann passieren, dass die Furin-Spaltstelle entstanden ist. Coronaviren kommen von Rhinolophus-Fledermäusen, die in großen Höhlenpopulationen leben. Dabei kommt es gelegentlich zum Auftreten, aber auch zum Verschwinden solcher Spaltstellen.

Keine neuen Beweise durch den BND-Bericht von 2020?

Der Bundesnachrichtendienst hielt 2020 einen Laborursprung von SARS-CoV2 für wahrscheinlicher als einen natürlichen Ursprung und hat der damaligen Bundesregierung einen entsprechenden Bericht vorgelegt. Die Unterlagen wurden nie öffentlich gemacht. Drosten wurde vom BND laut eigener Darstellung zwar befragt, den Bericht zu bewerten, hat die Quelldaten, die zu dieser Schlussfolgerung geführt haben, aber nie gesehen.

Elvira Rosert spekuliert auf Bluesky, welche Beweise der BND haben könnte, um eine Laborthese zu unterstützen:

  • a) übereinstimmende Sequenzen der Sars-CoV-2-Viren und der Viren, mit denen das Labor vor Pandemieausbruch gearbeitet hat [bisher immer ausgeschlossen worden]
  • b) Belege, die zeigen, das Patient Zero (bisher nicht öffentlich identifiziert) bzw. der ersten Patienten Labor-Mitarbeiter und/oder deren Angehörige waren und China die Wildtiermarkt-Version nachträglich fabriziert hat.
  • c) Belege (zB dokumentierte Aussagen von Angehörigen der chinesischen Regierung), dass die chinesische Regierung selbst davon ausgeht bzw. sogar sicher ist, dass es ein Laborunfall war.

Die ZEIT-Recherche von Mascolo und Stark (03/2025) behauptet, der BND sei bereits 2020 zur Einschätzung gelangt, das Virus sei zu 80-95% im Labor entstanden.

Neben Messreihen an Daten, die sich mit Coronaviren befassen, treiben sie Informationen zu Tierversuchen sowie mehrere wissenschaftliche Untersuchungen auf, darunter unveröffentlichte Dissertationen aus den Jahren 2019 und 2020. Diese Doktorarbeiten befassen sich angeblich mit der Wirkung von Coronaviren auf das menschliche Gehirn. In Wuhan, darauf deutet das Material hin, lag ungewöhnlich früh ungewöhnlich viel Wissen über das angeblich doch so neuartige Virus vor.

Aber: Der Einfluss aufs Gehirn ist schon seit SARS-1 bekannt und erforscht (Gu and Korteweg 2007, Netland et al. 2008), von Coronaviren generell weiß man es schon viel länger (Robb and Bond 1979).

Die Autoren spekulieren darüber hinaus über die Folgen künftiger Forschung:

„Forscher testen offenbar an Fledertieren die Übertragung von Mers-Coronaviren und verwandten Wiren in humane Zellen und Mäuse. Mers-Viren gelten als noch gefährlicher als Sars-Coronaviren. Kaum auszudenken, was ein Ausbruch einer Mers-Pandemie bedeuten würde. „Projekt Saaremaa“ betrifft nicht nur das Gestern, sondern auch das Morgen.“

Erstens kommt es bereits immer wieder zu MERS-Fällen und zweitens würde ein deutlich schwerwiegender Erreger mit 30% Sterblichkeit wohl rascher eingedämmt werden als ein vergleichsweise „mildes“ Virus wie SARS-CoV2, insbesondere, wenn der Krankheitsverlauf schneller vonstatten geht. Im gemeinsamen Buch mit Drosten spitzt Mascolo ebenfalls immer wieder zu, was die Laborhypothese und mögliche weltweite Gefahren betrifft. Das Buch ist im Juni 2024 erschienen, die aktuelle Recherche begann im September 2023.

Die Mehrzahl der Veröffentlichungen, die für einen Laborursprung sprechen sollen, berufen sich auf Anekdoten, nicht näher ausgeführte Geheimdienst-Informationen und auf Nachfrage Hörensagen.

Die ständige Weiterverbreitung dieser Hypothese wird vor allem aus politischen Zwecken gefördert, um Infektiologen zu unterstellen, dass sie nicht im besten Interesse der Öffentlichkeiten handeln würden. Unter dem Deckmantel der Biosicherheit wird dann die Förderung von Forschung im Bereich der Infektionskrankheiten zurückgefahren.

If the question is “are both hypotheses possible?” the answer is yes. Both are possible. If the question is “are they equally likely?” the answer is absolutely not. One hypothesis requires a colossal cover-up and the silent, unswerving, leak-proof compliance of a vast network of scientists, civilians, and government officials for over a year. The other requires only for biology to behave as it always has, for a family of viruses that have done this before to do it again.

Dan Samorodnitsky, massive science (26.05.21)

Folgen der Desinformation rund um die Labor-Hypothese

What is now happening to virology is a stark demonstration of what is happening to all of science. It will come to affect every aspect of science in a negative and possibly a dangerous way, as has already happened with climate science.” (Alwine et al. 2024)

Es ist kein Zufall, dass die schärfsten Befürworter der Laborunfallthese oder gar Biowaffen-Verschwörungserzählung eher im rechten Lager zu finden sind, etwa Richard H. Ebright, der immer wieder aggressiv gegen Wissenschaftler vorgeht, die anderer Meinung sind.

Ebright verteidigt die rechtsradikale Minderheitenpolitik von Trump in einem Tweet vom März 2025

In den USA regieren seit der zweiten (und möglicherweise nicht mehr demokratisch endenden) Amtszeit von Trump die Verschwörungserzähler mit und besetzen Schlüsselstellen in den Gesundheitsbehörden und bei Geheimdiensten. Das erschwert die Ursachensuche künftig noch mehr.

Angela Rasmussen:

Für die Hypothese, dass das Virus von einem Tier auf den Menschen übersprang, gibt es Belege. Fauci wurde heftig dafür attackiert, als er vor dem Corona Select Subcommittee korrekt aussagte, dass die meisten Wissenschaftler die Zoonose-Hypothese anerkennen würden, während er offen für Belege für die Laborleckhypothese blieb. Ein Wesenszug wissenschaftlicher Methoden ist es, die Hypothese zu aktualisieren, wenn neue Beweise auftauchen. Bei der Laborleckhypothese ist das bisher nicht passiert. Hingegen werden Wissenschaftler ununterbrochen diffamiert und bedroht, bis hin zu Morddrohungen, weil sie sich öffentlich positioniert haben. Faucis Frau und Töchter werden mit sexueller Gewalt bedroht.

Der mediale und politische Umgang mit Desinformationen ist eine Gefahr für die gesamte Wissenschaft, ein schlechtes Vorbild für Studenten und angehende Wissenschaftler, die sich eher gegen eine wissenschaftliche Karriere entscheiden, weil sie diesen Shitstorm nicht ertragen wollen. Das kann dazu führen, dass es immer weniger Kritik gibt und Pathogene immer weniger erforscht werden. Dabei beginnen die meisten Pandemien über Zoonosen. Unsere Lebensweise begünstigt Gelegenheiten für das Virus, auf den Menschen überzuspringen. Indem man Viruslabore schließt, erhöht man die Risiken und senkt sie nicht.

In der derzeitigen Reaktion auf die wachsende Gefahr durch das Vogelgrippevirus H5N1 sieht man bereits die Auswirkungen antiwissenschaftlicher Stimmungen – sie fällt verzögert und zu schwach aus, um das Virus einzudämmen, BEVOR es sich an den Menschen anpassen kann.

Isabella Eckerle:

Obwohl die Zusammenhänge zwischen Fledermauspopulationen, Zwischenwirten und bereits erfolgten Übertragungen von Viren auf den Menschen seit etwa Mitte 2020 bekannt sind, scheint die Laborunfallhypothese weitaus größere Aufmerksamkeit zu erhalten. Chinesische Behörden haben die Nachforschungen unterbunden, höchstwahrscheinlich, weil sie sich bewusst waren, dass trotz Verboten mit Wildtieren gehandelt wurde. Als Folge dieser Intransparenz kursieren die schrägsten Verschwörungstheorien, die China vorwerfen, mit SARS-CoV2 absichtlich eine Biowaffe erzeugt zu haben.

Auf der anderen Seite ist es ein gutes Beispiel dafür, wie gedankenloses Eingreifen des Menschen in Ökosysteme zu Pandemien führen kann, und zwar aufgrund der Gier nach billigen Fellen. Übrigens nicht nur Chinas Problem, sondern wie eingangs erwähnt auch in westlichen Ländern mit Nerzfarmen. Wir provozieren auch künftig Virus-Übersprünge auf andere Spezies und schließlich den Menschen, wenn wir Ökosysteme unter Druck setzen und zum Verschwinden bringen. Dann überleben nurmehr wenige Arten mit großen Populationen, worin sich ein Pathogen leicht vermehren und mutieren kann (Verdünnungshypothese).

Christian Drosten:

„Wir müssen uns auch mit dem Schmerz der Nichtbeantwortung oder der einstweiligen Nichtbeantwortbarkeit irgendwie abfinden, ohne einander dabei verächtlich zu betrachten. Ich möchte immer wieder betonen, das Ansehen von chinesischen Wissenschaftlern im Westen ist hoch. Wir schauen nicht auf chinesische Wissenschaftler herab. Und wir betrachten chinesische Wissenschaftler grundsätzlich nicht als beeinflusst, weil das nicht unsere Erfahrung ist. Wir sehen die Beiträge von chinesischen Wissenschaftlern als vollwertige Wissenschaft. Ich muss das einfach hier mal so anerkennend sagen.“

NDR-Podcast, Seite 549

Der ehemalige Leiter bei der AGES-Abteilung für Öffentliche Gesundheit, Infektiologe Franz Allerberger, hielt am 12. Februar 2020 einen Vortrag auf der Uni Salzburg:

  • Aus irgendeinem Grund bin ich bei der Weltgesundheitsorganisation als Experte gelistet, und deshalb darf ich da wahrscheinlich über ein neues Coronavirus reden, und um ganz klarzustellen: Wir haben in ganz Österreich keinen einzigen diagnostizierten Fall, das heißt, ich bin ein Schreibtischtäter, Coronaviren gibt es bei uns bei der AGES schon, aber nur im Veterinärbereich.
  • Und wenn Sie irgendwo googeln und schauen, wer über was publiziert, dann werden Sie sehen, Allerberger Coronaviren Null Result, also bitte ja nicht missverstehen, was ich Ihnen sage. Ganz sicher kein Experte.“
  • Da lernen wir: Was wir lernen, ist von den 37 europäischen Patienten, den Rest glauben wir oder glauben wir nicht.
  • China ist ja jetzt der, der unterrichtet und nicht mehr der, der unterrichtet wird.

Vertuschung, Vorenthaltung von Informationen in Zusammenhang mit gesundheitlichen Notlagen größerer Tragweite sind auch in Österreich kein Einzelfall, das zeigte Ischgl geradezu exemplarisch (und gelernt hat man nichts daraus), aber auch ein Legionellen-Ausbruch in einem Tiroler Dorf im Jahr 2001 führte zu einer Forderung nach einer nationalen Ausbruchskontrolle in Österreich. Co-Autor ausgerechnet Allerberger, der damals festhielt, dass …

dass auf lokaler Ebene mit einem Dorf, das stark vom Tourismus abhängig ist, Interessenskonflikte eine “unüberwindbare Hürde für die Einführung geeigneter Ausbruchskontrollen” darstellen könnten

(Schmid et al. 2004)

Im Gegensatz zu Drosten hat sich Allerberger immer sehr abwertend gegenüber chinesischen Wissenschaftlern geäußert.

Shi Zhengli

Im MIT Technology Review ist über sie ein Porträt erschienen (Jane Qiu, 09.02.22):

Sie forscht seit 18 Jahren an Coronaviren am WIV und hat in dieser Zeit von Fledermauskolonien in ganz China über 20000 Proben gesammelt. Doch nur etwa 10% enthalten Coronaviren und davon sind nur 10% eng verwandt mit SARS-CoV1, in all den Jahren hat sie mit ihrem Team rund 220 solcher Viren identifiziert.

Die Forscher dort arbeiten auch mit Pseudoviren, wie überall auf der Welt, um neue Pathogene zu studieren, ohne mit Lebendviren arbeiten zu müssen. Dafür genügen BSL-2-Vorschriften (Handschuhe, Laborkittel, Räume mit Luftfilter und negativem Druck, um Pathogene drinnen zu halten). Pseudoviren können aber nicht zeigen, wie das Virus die Zellen krank macht, sich verbreitet oder der Immunantwort entkommt. Dafür braucht es Forschung an voll funktionsfähigen Viren.

Am 5. Jänner 2020 isolierte Yang Xinglou, ein erfahrener Forscher in Shi’s Team, erstmals erfolgreich SARS-CoV2 von einer Patientenprobe. Im Jahr 2012 hatte er seinen Durchbruch, als er erfolgreich einen Typ von Affennierenzellen (Vero E6) infizierte, die hohe Mengen an ACE2 auf ihrer Oberfläche haben. Dadurch gewann er ein Lebendfledermausvirus und konnte direkt testen, ob es eine Gefahr für den Menschen sein könnte. Das Virus konnte auch Schweine und Menschen infizieren und war zu 95% identisch mit SARS-1. Es wurde WIV1 genannt und lieferte einen starken Nachweis für den Ursprung von SARS-1 in Fledermäusen (Ge et al. 2013).

In einem der ersten Veröffentlichungen über SARS-CoV2 nahm Shi Bezug auf RaTG13, einem zu 96% mit SARS-CoV2 identischem Fledermausvirus (Zhou et al. 2020), das 2013 entdeckt wurde. Allerdings wurde das im Paper nicht erwähnt, dass RaTG13 vom Mojiang-Bergwerk kam, wo die Leute damals von einer mysteriösen Lungenentzündung niedergestreckt wurden. Dadurch wuchs die Skepsis bei jenen Wissenschaftlern, die eher der Laborunfallthese zugeneigt waren. RaTG13 muss aber nicht die Ursache für Covid19 gewesen sein, weil beide Viren zwar verwandt sind, aber auf verschiedenen evolutionären Ästen sitzen, die vor 50 Jahren auseinandergingen (Boni et al. 2020). Ebenso wenig konnte man aus RaTG13 künstlich SARS-CoV2 erzeugt haben.

None of the chimeras created in Shi’s labs was closely related to SARS-CoV-2, and therefore, none could have been the cause of the pandemic. But it does seem that the team created at least one chimeric virus, WIV1-SHC014, with a functional gain—that is, increased pathogenicity—relative to the parental strain, WIV.

Doch Shi widerspricht, dass absichtlich infektiösere oder pathogenere Viren erzeugt wurden. Das Ergebnis war nicht vorhersagbar. Laut Shi wurden Studien an SARS-1 und -2 in BSL-3-Laboratorien durchgeführt, humane Coronaviren unter BSL-2-Bedingungen und Zellkulturenforschung an Fledermausviren unter BSL-2, nur die Arbeit mit Tieren unter BSL-3, wie vom Biosafety Commitee in Wuhan vorgeschrieben.

Andere denken nicht, dass die Vorschriften zu lasch sind, da die große Mehrheit der weltweiten Wissenschaftler denkt, dass Fledermaus-Coronaviren einen Zwischenwirt brauchen, bevor sie Menschen infizieren können. In den USA werden nur SARS-1, SARS-2 und MERS unter BSL-3 untersucht, manche ansteckende Tier-Coronaviren, darunter tödliche Schweineviren, die aus Fledermäusen stammen, werden unter BSL-2 untersucht.

Edward Nirenberg, Science Communicator:

Die Pandemie war schmerzhaft und ein Bruch im Leben von so vielen Menschen. Und dennoch hat die Wissenschaft wahre Wunder vollbracht. Zu keinem Zeitpunkt unserer Geschichte haben wir so rasch groß angelegte Impfstoff-Studien mobilisieren können und zahlreiche sichere und wirksame Impfstoffe identifiziert. Ebenso gab es zahlreiche wirksame antivirale Medikamente und andere Behandlungsoptionen. Die Infektionskrankheitserforschung ist der Grund, weswegen heute weitgehend so normal wie vor 2019 leben können. Und das war nur möglich, weil wir bereits uns bereits auf Pandemien durch SARS-CoV1 und MERS vorbereitet haben. Wenn wir bei Null angefangen hätten, wäre die Pandemie noch viel verheerender gewesen, und es war bereits so ein Horror. Millionen sind gestorben, Millionen sind behindert. Es gab Auswirkungen auf die Wirtschaft. Wenn so viele Menschen sterben, hat das verheerende Folgen für die Wirtschaft, doch selbst wenn nicht, sind Menschenleben intrinsisch wertvoll. Etwas ging massiv schief, wenn man gewillt ist, Menschenleben zu opfern, um Dollar zu sparen.

Wenn wir als Folge des Misstrauens gegenüber der Infektionskrankheitsforschung bei der nächsten Pandemie keine fundierten Daten mehr haben, wird uns das teuer zu stehen kommen.

Es gibt viele kritische Aspekte über die Biologie von Coronaviren, die wir bis zum Eintreten der Pandemie nicht verstanden haben. Die Folgen dieses Wissensdefizits waren gravierend. Bei einem VRBPAC-Meeting bemerkte etwa Stanley Perlman, ein Coronavirologe, dass das gewöhnliche Coronavirus 229E im wesentlichen antigentisch unverändert blieb – alle paare Jahre infizieren sich die Menschen ohne schwere Verläufe. Nur stimmt das nicht, es mutiert und entkommt der Immunantwort (Eguia et al. 2021). Das trifft aber nicht auf alle respiratorische Viren zu, etwa bei RSV nicht (Simoes et al. 2020). Hätte man über die Natur der antigenischen Drift bei humanen Coronaviren mehr gewusst, hätte man proaktiver und aggressiver in der Boosterherstellung vorgehen können, um auf die fortschreitenden Mutationen der Omicron-Varianten reagieren zu können.