
Meine anderen Beiträge über die Pandemie stocken gerade mangels Zeit und Muße, dafür stundenlang am Computer zu recherchieren. Das wird eine Weile dauern. Daher wieder einmal zu aktuellen Themen, namentlich die bereits am 19. März prognostizierte Frühlingswelle. Die Trendwende scheint sich nun zu verfestigen. R liegt über 1, wenn auch mit großer Streuungsbreite, aber tendenziell steigend, und bis auf Vorarlberg zeigt der Abwassertrend überall steil nach oben – aber auf niedrigem Niveau. Die aktuellen Werte sind dennoch bereits höhe als die letzten Talsohlen im Frühling 2024 (nach JN.1) und im Juli 2023 (nach XBB.1.5).

Demnach war der letzte nennenswerte Impact durch KP.3.1.1, das gilt auch für Österreich. Auf welchen Zeitraum legt man nun das Pandemie-Ende? Aus den Wachstumsvorteilen heraus kann man es jedenfalls nicht ablesen.
Treibende Kraft vermutlich LP.8.1.

Leider sind die „aktuellen“ Daten zu den Variantenanalysen 3-4 Wochen alt, deswegen bewege ich mich im Reich der Spekulation. Dank Variantentracker Mike Honey (Australien) wissen wir, dass LP.8.1. stetig relative Anteile gewinnt und die Rekombinanten XEC und XEK überflügelt hat. XEK wurde z.B. im März noch in Vorarlberg detektiert.
Wie bereits im früheren Beitrag geschrieben: LP.8.1. hat ähnlich viel Immun Escape wie XEC und frühere Varianten, aber erhöhte ACE2-Bindung. LP.8.1 wird also keinen neuen Pool aufmachen (keine signifikant neue Mutationen, um der Immunantwort von weiten Teilen der Bevölkerung zu entkommen), sondern den bestehenden Pool (wir) schneller leerfischen. Gegen LP.8.1. wirken die derzeit noch erhältlichen Impfstoffe (Pfizer JN.1 und KP.2, Novavax JN.1) weiterhin sehr gut, wobei ich auf KP.2 gesetzt habe, weil der KP.2-Impfstoff ebenso wie LP.8.1 die Spike-Mutation F456L enthält und noch ein Äutzerl besser wirken sollte, auch wenn man das schwer quantifizieren kann.
Im Sentinelsystem wird SARS-CoV2 derzeit gar nicht mehr detektiert, insgesamt ist die Influenzawelle durch, RSV weiter am Zurückgehen und dafür dominieren jetzt wieder Rhinoviren, die wahrscheinlich auch für die jüngste Zunahme an Krankenständen sind, meist aber nur Husten und Schnupfen verursachen und nach wenigen Tagen von der Akutphase her meist ausgestanden sind. Rhinoviren sind sehr ansteckend (airborne!), es gibt über 100 Subtypen und keine anhaltende Immunität. Laut SARI-Dashboard, das jetzt auch Pneumokokken-Daten enthält, lagen die letzten Wochen ein paar dutzend Patienten wegen SARS-CoV2 im Krankenhaus. Nicht sehr viele, aber daraus kann man auf ein paar hundert (eher tausend) Fälle schließen, die weiterhin zirkulieren. Das deckt sich also mit dem Abwasser-Anstieg.
Weitere neue Varianten?
(A) BA.3.2: 41 Spike-Mutationen, 14 Aminosäure-Deletionen

Ebenfalls kurz erwähnt hab ich im letzten Beitrag BA.3.2. Bei BA.3 handelte es sich um eine Kombination aus BA.1 und BA.2, die sich wegen schlechter ACE2-Bindung aber nicht durchsetzen konnte. Eine mutierte Variante, BA.3.2., wurde Anfang März 2025 in Südafrika entdeckt. Sie besitzt 41 Spike-Mutationen und 14 Aminosäure-Deletionen. BA.3.2 hat die N-terminale Domain neu organisiert, aber ihr fehlen 455/456-Mutationen wie die JN.1-Varianten der letzten 1,5 Jahre – die entscheidend für Immun Escape waren („neuer Pool“).
Heute, 18. April 2025, wurde ein weiterer Fall von BA.3.2. in den Niederlanden gesichtet. Sie unterscheidet sich von den bisherigen BA.3.2-Sequenzen durch eine Spike-Einfügung (Insertion) ins214:ASDT – im ins214-Gebiet kommt es immer wieder zu Insertionen. Hier handelt es sich um ins22204:GCTTCAGACACT.
Dabei könnte es sich laut Ryan Hisner, ohne den ich hier hoffnungslos verloren wäre, um eine Mutation handeln, die die Variante übertragbarer macht. BA.3.2. weist viele NTD-Deletionen auf, die man häufig bei chronischen Infektionen findet, selten aber bei zirkulierenden Varianten – möglicherweise machen sie das Virus instabiler, bevor es übertragen werden kann. Die jetzige Insertion könnte die Spike-Stabilität und Überlebensdauer in Aerosolen erhöhen (Qing et al. 2021 – ich verlinke hier nur, was Hisner verlinkt). Hisner geht derzeit davon aus, dass BA.3.2. noch nicht zukunftsfit ist, aber es genügen vielleicht ein bis zwei weitere Mutationen, die die Übertragbarkeit erhöhen und es sieht ganz anders aus.
(B) BQ.1.1.1: 50 Spike-Mutationen, 70 Aminosäure Mutationen
Diese Variante ist mir leider durchgerutscht. Sie wurde Ende Februar in Kanada detektiert und besitzt eine ins214:TQAG-Insertation. Insgesamt sind drei Seqenzen zwischen 5. Februar und 11. März aufgetaucht, die wahrscheinlich alle vom selben chronisch infizierten Patienten stammen. Derzeit ist unbekannt, ob die Variante sich weiter verbreitet.
My guess:
Ich würde derzeit trotz des generellen im Nebel herumstocherns davon ausgehen, dass wir in den kommenden Monaten eine kleine Frühlingswelle durch LP.8.1. erleben, evtl. auch durch Tochtervarianten (LP.8.1.1.) oder ähnlich gebauter Varianten. Das ist mit Auffrischimpfungen ganz gut bewältigbar und dank der warmen Jahreszeit kann man wieder leichter lüften und sich eher draußen aufhalten. Sollte BA.3.2. allerdings noch etwas fitter werden und abheben, hätten wir einen neuen evolutionären Sprung und bräuchten eine Anpassung der Impfstoffe. Das könnte dann knapp werden mit der Produktion bis zum Herbst, je nachdem, wann absehbar ist, ob sich BA.3.2 überhaupt durchsetzen kann.
So long … überimpfen kann man sich kaum, saubere Luft schadet nie (Lüften, Luftreiniger). Maske, wenns eng wird oder man Symptome hat, oder man Allergiker ist und sich gegen Pollen schützen will. Aktuell ist noch wahrscheinlicher, dass es sich um eine vergleichsweise harmlose Rhinovirus-Infektion handelt. Für Kinder nicht erstrebenswert, sie können im späteren Lebensalter eher Asthma und Allergien entwickeln, für Erwachsene unangenehm, aber weit harmloser als eine echte Grippe oder RSV.