Definition von Long Covid

In meinem Blog verwende ich die Definition nach Hoffmann et al. (2024) mit den folgenden drei LC-Subtypen:

Long Covid Subtyp 1:

„Ein Spitalsaufenthalt wegen Covid sollte in jedem Fall verhindert werden, da stecken ja Schicksale dahinter.“ (Gesundheitsökonom Thomas Czypionka, STANDARD, 21.09.20)

Anhaltend symptomatische Erkrankung

  • z.B. mit akutem Atemnotsyndrom (ARDS), schwere Lungenentzündung, Herzmuskelentzündung, multisystemischem Entzündungssyndrom (MICS),
  • Symptome aufgrund von Organschäden bei schwerem Verlauf (z.B. Beteiligung von Gehirn, Herz, Nieren, Lunge) oder durch die Therapie (z.B. Beatmung, PICS) mit Symptomen, die bis zu 12 Wochen andauern.
  • Nach 12 Wochen sollte es “anhaltende Spätfolgen von Corona” genannt werden.

Ein wesentlicher Fehler in der Risikokommunikation war so tun, als ob man wieder gesund aus dem Krankenhaus entlassen würde, wenn nur genügend freie Betten zur Verfügung stehen. Schwere Verläufe erhöhen grundsätzlich das Risiko für Spätfolgen, einerseits durch die Virusinfektion, andererseits durch die Behandlung selbst, insbesondere nach längerer Beatmungsdauer oder ECMO-Therapie auf der Intensivstation.

Sowohl Schäden durch Langzeitbeatmung als auch Organschäden treten gehäuft auf mit langwieriger Rehabilitation (Raman et al. 2020, Evans et al. 2022). LC ist deutlich wahrscheinlicher als nach milden Verläufen (Carfi et al. 2020, Munro et al. 2020, Arnold et al. 2020, Chou et al. 2021, Daughertly et al. 2021). Manche Patienten entwickeln nach der Hospitalisierung Atemwegssymptome, die Monate anhalten (Vijayakumar et al. 2022). Viele Betroffene müssen erneut ins Krankenhaus, die Sterblichkeit ist erhöht (Chopra et al. 2020, Ayoubkhani et al. 2021, Günster et al. 2021, ), auch kognitive Einschränkungen treten gehäuft auf ( Becker et al. 2021). Ältere Menschen mit Grunderkrankungen werden durch einen schweren Covid19-Verlauf noch kränker (Cohen et al. 2022).

Nach 3 Jahren hat sich bei den meisten Patienten die Lungenfunktion nahezu normalisiert, es gibt ein höheres Reinfektionsrisiko als bei Personen ohne LC und bei der Hälfte bleiben weiterhin Symptome bestehen (Zhang et al. 11/2023). Mehrere spezifische Plasmaproteine können als Biomarker für LC nach schweren Verläufen dienen (Liew et al. 2024).

Von schweren Verläufen sind tendenziell etwas häufiger Männer betroffen, rund ein Fünftel braucht mechanische Beatmung. Die Sterblichkeit liegt bei 14%.

Risikofaktoren für schwere Verläufe

  • 65 Jahre und älter
  • erhöhte Kreatin/Troponinwerte
  • Lymphozytenmangel, Lungeninfiltrate.
  • Hohe Viruslast und niedrige Antikörperwerte
  • Ein Viertel der Überlebenden entwickelt Post-Covid-Symptome.

Impfungen verringern das LC-Risiko nach schwerem Verlauf (Birtolo et al. 2024).

Long Covid Subtyp 2

Durch Corona verursachte oder verstärkte Krankheiten

  • Symptome für mehr als 4 Wochen, durch Verschlechterung bestehender chronische Krankheiten durch die Infektion und/oder erstmalig aufgetreten in zeitlicher Nähe zur Infektion
  • z.B. Thrombosen, Embolien, Schlaganfall, Herzkreislauf-Erkrankungen, Asthma, atypische Lungenfibrose, Autoimmunerkrankung, Diabetes, Demenzsyndrome) und/oder verwandte erhöhte Risiken, z.B. Asthma bronchiale oder Lupus Erythematosus

Etwa ein Viertel aller älteren Post-Covid-Patienten erhält durch die Infektion eine neue Grunderkrankung (Bull-Otterson et al. 2022).

Long Covid Subtyp 3

post-akuter Covid-Zustand

  • tritt häufig auch nach milden Infektionen auf
  • nicht erklärbar durch andere Diagnosen wie LC-Subtyp 1+2
  • Symptome dauern länger als drei Monate an
  • Post-akut im Gegensatz zu “post Covid” betonen, dass es sich um ein post-akutes Infektionssyndrom (PAIS) handelt, das hier durch SARS-CoV2 verursacht wurde.
  • z.B. post-exertional malaise (PEM), Dysautonomie (DA), posturales Tachykardiesyndrom (POTS), Dysregulation des Immunsystems, z.B. Mastzellenüberaktivierung (MCAS) und kognitive Beeinträchtigungen

Hierbei handelt es sich um das “klassische” LC, über das in den Medien am häufigsten berichtet wird. Es muss aber nicht zwangsläufig PEM als Leitsymptom auftreten – hier spricht man dann bei Erfüllung der CCC/IOM-Kriterien von MECFS (siehe Menüpunkt).

Die Unterscheidung von LC mit und ohne PEM ist ganz wesentlich für den Behandlungsansatz.

Ein chronischer Verlauf von [3] kann zu myalgic encephalomyelitis/chronic fatigue syndrome (MECFS) führen, dessen Leitsymptom PEM ist.

Postvirale Syndrome allgemein

Eine gute Übersicht gibt es von Staub et al. (2024), der Schweizer Beispiele aus den Pandemien von 1890, 1918-20 und später bringt. Deutschlandfunk zum Thema (21.01.25)

Eine weitere Übersicht zu postviralen Fatigue-Syndromen gibt es von S Wessely (1991), bzw. George B. Stefano (2021). Auch nach der „Russischen Grippe“ gab es anhaltende Fatigue, Herzprobleme, Angsterkrankungen, neurologische Erkrankungen. Grunderkrankungen wurden oft durch die Influenza verschlechtert. Kinder litten vermehrt unter kognitiven Erkrankungen.

Die gute Nachricht: Impfungen verringern das Risiko für Alzheimer, Parkinson und andere Erkrankungen dieser Art (Lehrer and Rheinstein 2022).