Respiratorisches Syncytialvirus (RSV)

Übersichtsartikel im Spektrum (01.11.23)

Man kann sich mit dem gleichen Subtyp wieder anstecken, aber wahrscheinlich seltener – die Dominanz des RSV-Subtyps ändert sich jede zweite bis dritte Saison. 2021/2022 dominierte Subtyp-A, 2022/2023 war es Subtyp-B in Österreich (Redlberger-Fritz et al. 2023)

In Australien zirkulierte RSV auch während der Zeit der strengen Pandemiemaßnahmen im Jahr 2020. Es gab zwar keine typische saisonale Hochphase mehr, aber es war definitiv nicht weg. (Eden et al. 2022) – das heißt, diese Viren können mit nichtpharmazeutischen Maßnahmen kontrolliert werden, und erst die mangelnde Kontrolle ist der Hauptgrund für die Verbreitung. Nicht zwingend Immunschuld, da es weiterhin Exposition gibt und sterile Immunität kaum erzeugt wird, und die jetzt betroffenen Kleinkinder waren zu jung, um die Lockdowns noch erlebt zu haben.

RSV kann bei Säuglingen und Kleinkindern aufgrund der Atemwegs- und Brustanatomie/physiologie häufiger schwere Verläufe auslösen. Es gibt keine anhaltende Immunität, dafür korreliert eine frühe RSV-Infektion im Kindesalter mit Asthma und Allergien im Erwachsenenalter sowie verringerter Lebenserwartung (Allinson et al. 2023). Es gibt daher keinen Vorteil, sich früher mit RSV zu infizieren. Um die Bevölkerungsimmunität zu erhöhen, sollten daher Impfstoffe in Erwägung gezogen werden. (Dr. Noor Bari, Infektiologin in Australien).

Im Winter 2023/2024 gab es in Österreich erneut eine schwere RSV-Welle, Kinderintensivstationen waren voll und 1 Baby ist an RSV verstorben. Prävention? Weiterhin Fehlanzeige in den Medien.

Nach dem aktuellen Impfplan in Österreich, gibt es für Kinder eine passive Immunisierung durch monoklonale Antikörper, Beyfortus (Nirsevimab) und Synagis (Palivizumab), insbesondere für Frühgeborene und Kleinkinder.

Es gibt zudem den RSV-Impfstoff Abrysvo für Schwangere, der aber in Österreich schweineteuer ist. Ab dem 60. Lebensjahr sowie bei bestimmten Grunderkrankungen altersunabhängig (im Prinzip identisch zu den SARS-CoV2-Risikofaktoren) ist auch eine RSV-Impfung für Erwachsene empfohlen – dafür stehen drei Impfstoffe zur Verfügung:

  • Arexvy: zugelassen ab 50 Jahren aufwärts
  • Abrysvo: neben Schwangeren auch für Personen ab 60 Jahren aufwärts
  • mResvia: zugelassen ab 60 Jahren aufwärts

Personen unter 50 Jahren können laut NIG sowohl den Arexvy als auch Abrysvo nehmen.

Humane Coronaviren

Zu den Beta-Coronaviren gehören neben SARS-CoV2 auch SARS-CoV, MERS, sowie die Erkältungsviren HKU1 und OC43. Zu den Alpha-Coronaviren zählen 229E und NL63.

Von den Alpha- und Betacoronaviren dominiert gewöhnlich nur eine Virusart pro Saison (Quelle)

Die beiden Alpha- und Betacoronaviren wechseln einander jeweils pro Saison ab, das heißt, es zirkulieren nicht alle vier gleichzeitig. Mit SARS-CoV2 zirkuliert allerdings ein weiteres Betacoronavirus ganzjährig.

Die Inkubationszeit ist mittlerweile bei allen Viren recht ähnlich mit 2-4 Tagen.

Krankheitsdauer:

Unterschiedliche Genesungszeiten pro Coronavirus, bei OC43 im Schnitt 7-8 Tage, aus Kombe et al. (2021)

Das Embecovirus OC43 verläuft meist etwas schwerer als die anderen saisonalen Coronaviren, 229E hat die kürzeste Krankheitsdauer. Von Rhinoviren sind die Symptome meist nicht zu unterscheiden.

  • Schnupfen, Halsweh, Husten treten bei rund 50% der Patienten auf, Asthma kann verschärft werden
  • Höhepunkt der Erkrankung typischerweise 3-4 Tage nach der Ansteckung, meist leichtes Fieber
  • Seltener sind auch die unteren Atemwege betroffen, einschließlich Bronchiolitis und Bronchitis, Lungenentzündung und Krupphusten – vor allem bei Säuglingen und immungeschwächten Kndern und Erwachsenen.

OC43 und 229E verursachen zusammen rund 10-30% aller Erkältungen, Reinfektionen sind bei OC43 häufig, weil es viele verschiedene Stränge gibt. Die Immunität durch saisonale Coronaviren ist kurzlebig, beträgt maximal 1 Jahr (Edrige et al 2020).

Für die saisonalen Coronaviren wurde nachgewiesen, dass sich pro Jahr 20-39% der Kleinkinder mit jedem Virus infizieren:

Jeder Punkt repräsentiert eine gemessene Antikörperreaktion, horizontale gestrichelte Linie steht für den cut-off für positive Ergebnisse. In Summe wurden 2389 Samples einbezogen, x-Achse: Alter, y-Achse: relative antibody units (Thoisy et al. 2023)

Kreuzimmunität durch andere Coronaviren?

Eine vorherige Infektion mit dem humanen Coronavirus OC43 erzeugt eine dominante T-Zell-Antwort gegen eine hochkonservierte Spike-Region (S810-830, Fusionspeptid), die schon in den ersten Tagen nach einer SARS-CoV2-Infektion nachweisbar sind – der Nutzen ist allerdings auf Personen mit bestimmten HLA-DP-Allelen (Genvarianten von Zelloberflächenrezeptoren) beschränkt.

Die HLA-Kernregion des Fusionspeptids weist keine einzige Mutation bei Omicron-Varianten auf, daher kann die T-Zell-Antwort sowohl durch Impfungen als auch Infektionen mit humanen Coronaviren und SARS-CoV2 geboostert werden. Dass eine SARS-CoV2-Infektion durch OC43 verhindert wird, dürfte zwar selten sein, wurde aber ebenfalls schon publiziert.

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