PEM (Post Exertion Malaise) ist das Leitsymptom der schweren neuroimmunologischen Erkrankung MECFS. PEM kann auch bei Long Covid auftreten (=/= MECFS, solange die Kriterien nicht erfüllt sind).

Was ist PEM?

PEM kann Symptomverschlechterungen, Zusatzsymptome und Zustandsverschlechterungen NACH Aktivität über einen physiologischen Kipppunkt auslösen, die länger als 14 Stunden anhalten.

Was PEM nicht ist:

  • nach einer Aktivität müder als gewohnt sein
  • Dekonditionierung (längere Aktivitätspausen)
  • Der Muskelkater am Tag danach

Belastungsintoleranz tritt auch bei Herzinsuffienz auf, lässt aber in Ruhe sofort wieder nach.

Ebenso unzulässig ist eine Gleichsetzung mit Fatigue, chronischer Fatigue, Erschöpfung oder Depression.

Wie wirkt sich PEM aus?

Fatigue ist keineswegs die einzige Auswirkung von PEM, wie die nachfolgende Abbildung zeigt:

Übersicht über verschiedene Symptome von PEM (Quelle: Instagram-Account von mecfs_buch)

Was löst PEM bei schwerem MECFS aus?

Übersicht über emotionale, körperliche, kognitive und reizauslösende Auslöser von PEM – da darunter auch Dinge fallen, die notwendig sind oder nicht beeinflusst werden können, ist PEM oft unvermeidbar (Quelle: @elohopea.bsky.social, 29.11.24)

Wie wird PEM behandelt?

Gelegentlich erleben auch Long Covid-Betroffene beide Formen: Belastungsintoleranz mit Symptomen wie Schwindel, Atemnot oder erhöhter Puls, die in Ruhe wieder nachlassen, ebenso aber auch PEM etwa mit pseudogrippalen Symptomen oder anderen Formen der Zustandsverschlechterung, obwohl die Belastung vorbei ist.

Es gibt derzeit noch keine ursächliche Behandlung von PEM, da die Ursache nicht vollständig verstanden wurde. Da es sich aber um keinen Leistungsabfall nach Anstrengung handelt, ist eine aktivierende Reha mit körperlichem und zum Teil auch kognitiven Training absolut kontraproduktiv (van Rhijn-Brouwer et al. 2024, Gloeckl et al. 2024 – mit Empfehlungen).

Mobilisierende Trainingseinheiten helfen nur LC-oder POTS-Betroffenen ohne PEM (Trimble et al. 2024), weshalb eine genaue Differentialdiagnostik so wichtig ist für die weitere Behandlung.

Den PatientInnen wird Pacing empfohlen – nicht über die Überlastungsgrenze gehen, und so keine anhaltende Verschlechterung riskieren. Pacing erhält jedoch nur den status quo – eine Heilung der ursächlichen Erkrankung ist damit nicht möglich. Da viele Patienten zu Beginn mangels Diagnose kein Pacing betreiben oder mangels Wissen der behandelnden Ärzte/Krankenkasse auf eine Sportreha geschickt werden, sind dauerhafte Zustandsverschlechterungen leider sehr häufig. Die “Graded Exercise Therapy” (GET) führt bei der überwiegenden Anzahl der Patienten zu Schäden und hat nahezu keinen Benefit (Eckey et al. 2024 preprint).

Was ist die Ursache von PEM?

Rachel Fairbank: Long COVID can destroy your ability to exercise. Now we know why. (15.02.24)

MECFS-Flyer für Ärzte (mehr Infos hier)

Zu den häufigsten Ursachen vermutet man …

  • Anhaltende oder reaktivierte Viren wie EBV oder SARS-CoV2
  • Entzündungen des Nervensystems
  • Immundysfunktion
  • Autoimmunität
  • Minderdurchblutung von Gefäßen und Organen
  • Stoffwechselstörung in Muskelzellen
  • Mitochondriale Dysfunktion

Störung der Funktion der Mitochondrien

Scheibenbogen and Wirth, Key Pathophysiological Role of Skeletal Muscle Disturbance in Post COVID and Myalgic Encephalomyelitis/Chronic Fatigue Syndrome (ME/CFS): Accumulated Evidence (27.12.24)

„ME/CFS ist eine erworbene, sich selbst reproduzierende Mitochondriopathie der Skelettmuskeln.“

Wirth und Scheibenbogen, riffrefporter 2024

Als gängige Hypothese gilt die Schädigung der Mitochondrien (Kraftwerke der Zellen). Wenn sie sich nicht regenerieren können, bekommt der Körper zu wenig Energie.

Erklärung:

Hintergrund sei demnach ein gestörter Natrium-Calcium-Austausch in den Muskelzellen, der die Mitochondrien schädigt (Erklärvideo von Prof. Gez Medinger) Coronaviren greifen die Blutgefäße an und und können zu kleinsten Verstopfungen führen. Das kann auch zu einem Sauerstoffmangel führen und neben Muskulatur auch Herz und Gehirnfunktion beeinträchtigen. Die Muskeln werden nicht ausreichend durchblutet, wodurch sich die Mitochondrienschädigung ausweitet. Grund für die Schädigung können orthostatischer Stress (POTS) sein, mit Gleichgewichtsproblemen, sowie Auto-Antikörper, Dauerausschüttung von Adrenalin und weitere Trigger.

Der Sauerstoffmangel im Blut erzeugt auch einen Mangel an ATP. Alles läuft im Endeffekt auf einen Calcium-Überschuss hinaus, die die Mitochondrien schädigen. Die Mikroblutgerinnsel scheinen zwar nach ein paar Jahren auszuheilen, die mitochondriale Dysfunktion bleibt aber. Als Reaktion auf den Energiemangel würde der Körper mit der vermehrten Ausschüttung von Gewebshormonen reagieren, die jedoch in die Blutbahn übertreten und die zirkulierende Blutmenge weiter reduzieren. Gefäßerweitertende Hormone erreichen auf diesem Weg alle Organe und können neben Schmerzen, Krämpfen auch Erschöpfung und „Brain Fog“ auslösen.

Nach Wirth tritt PEM dann ein, wenn die Natrium-Schwelle in den Muskelzellen erreicht ist, die den Natrium-Calcium-Austauscher NCX in den umgekehrten Modus schaltet. Durch neue Schädigungen verringert sich die Anzahl intakter Mitochondrien. Ein bettlägeriger Patient kommt aus diesem Teufelskreislauf kaum noch heraus, sagt Wirth.

Potentielle Medikamente würden die angenommene Fehlsteuerung im Ionenhaushalt der Muskelzelle korrigieren. Im Herbst 2025 soll eine Phase-1-Studie mit einem potentiellen Wirkstoff durch das Start-up Mitodicure beginnen, so die Finanzierung bis dahin gewährleistet ist.

Studienliste zu dieser Hypothese:

Weitere Studien zu PEM:

Appelman et al. (2024) zeigt, dass sich die Muskelfaser-Zusammensetzungen Richtung anaeroben Stoffwechsel (Energiegewinnung ohne Sauerstoff, da Mitochondrien-Energiegewinnung beeinträchtigt ist) verändern. Körperliches Training schädigt die Muskeln bei Betroffenen mit PEM. Amyloidablagerungen werden auch in den Gehirnen von Alzheimer- und Parkinsonpatienten beobachtet, sowie bei Herzmuskelschädigungen. C-reaktives Protein (CRP) ist ein Amyloidprotein mit antimikrobiellen Eigenschaften. Amyloide werden mit Entzündungen in Verbindungen gebracht und könnten ein Teil unserer angeborenen Immunität sein. Nach Bewegung stieg die Menge an Amyloidablagerungen in den Skelettmuskeln der LongCOVID-Patienten an. Ein Drittel der Patienten litt zudem nach ausgiebiger körperlicher Betätigung unter Muskelnekrose (totes Gewerbe).