Selbst eine vierte Wildtyp-Impfung erzeugte noch eine Abnahme des relativen Infektionsrisikos gegenüber den Omicron-Varianten BA.1 und BA.2, aus Canetti et al. (2022) – nach 1-5 Wochen beträgt die Reduktion ca. 50%, nach 1-3 Monaten 30-50%, erst nach 3-6 Monaten nurmehr 10% – über den gesamten Zeitraum 40%.

Impfungen sollten in der Reihe der Wichtigkeit und Wahrscheinlichkeit Tod, Hospitalisierung, Erkrankung (Symptome) und Infektion/Weitergabe verhindern.

Gegen die Wuhan-Variante zeigten erste randomisierte Studien für die mRNA-Impfstoffe 95% Wirksamkeit gegen Erkrankung (Polack et al. 2020), für die Notfallzulassung mussten die Impfstoffe die Übertragung nicht blockieren, sondern die Wahrscheinlichkeit für Erkrankung um über 50% verringern, was erreicht wurde.

Zahlreiche Studien zeigten dennoch eine Verringerung der Weitergabe (Reuters-PA 26.02.21, Kampf 2021, Sachs et al. 2022). Zudem verringeren mRNA-Impfstoffe die Viruslast nach der Ansteckung und damit die Weitergabe (Puhach et al. 2022, Tan et al. 2023). Bei dem Protein-Impfstoff Novavax hat man ebenfalls eine Reduktion der Viruslast in den oberen Atemwegen nachgewiesen (Routhu et al. 2023).

Im Jahr 2021 wuchsen die Belege, dass die COVID-Impfstoffe sehr wohl in der Lage waren, die Übertragung signifikant einzudämmen (Harris et al. 2021, Mades et al. 2021, , Nahass et al. 2021, Prunas et al. 2022). Alles deutete darauf hin, dass die Pandemie vorzeitig zu Ende sein würde, wenn man zügig ausreichend Menschen impfen könnte. Zu diesem Zeitpunkt führten manche Länder Impfpässe ein, die wissenschaftlich Sinn machten (Ethik ist eine andere Debatte). Durch die langsame Vermischung von geimpften und ungeimpften Bevölkerungsteilen sank auch das Risiko von Durchbruchsinfektionen (Fisman et al. 2022).

Das Auftauchen von Delta änderte die Mathematik in beträchtlichem Maße. Zwei Impfdosen verhinderten noch zu 70% eine Delta-Infektion (Langlete et al. 2023), was immer noch sehr gut war. Wir hätten zu diesem Zeitpunkt die Pandemie immer noch zähmen können, wenn wir schnell genug durchgeimpft hätten. Denn unabhängig der Varianten wurde noch Infektionschutz beobachtet (Sheikh-Mohamed et al. 2022, Sano et al. 2022, Havervall et al. 2022). Bei Alpha und Delta ging der Übertragungsschutz nach der Impfung nach 2-3 Monaten wieder verloren (Eyre et al. 2021, preprint). Durchbruchsinfektionen erzeugen robustere IgA-Schleimhautimmunität als Impfungen alleine (Bhavsar et al. 2023, preprint).

Doch dann kam Omicron und änderte alles, indem es die Impfwirksamkeit signfikant herabsetzte. Ab diesem Zeitpunkt machten Impfpässe („2G“) keinen Sinn mehr, da sie geimpfte Leute überproportional dem Virus aussetzten, obwohl sie einen verringerten Schutz aufwiesen.

Die Kombination aus Impfung und Infektion, egal in welcher Reihenfolge, schützt nicht dauerhaft vor erneuter Infektion mit Omicron-Varianten (Reynolds et al. 2022).

Bis 2022 wurde klar, dass die Impfung die Übertragung nicht mehr länger „signifikant“ drückte. Doch drei Dosen erzeugten sowohl gegen Delta (80%) als auch Omicron (78%) deutlichen Schutz gegen Tod, sowie 61% gegen Hospitalisierung (Kundi 2023). Entgegen dem Narrativ von Impfgegnern verringerte die ursprüngliche Impfung weiterhin etwas die Übertragung der Omicron-Varianten, nämlich für 4-5 Wochen um 40-50%, für mehrere Monate noch um 30-40% (Canetti et al. 2022). Eine Gefängnisstudie aus Kalifornien fand 2023 heraus, dass „eine Dosis irgendeiner Corona-Impfung“ die Wahrscheinlichkeit, dass ein infizierter Insasse seinen Zellennachbarn ansteckte, um 24% reduzierte (Tan et al. 2023). Geimpfte übertrugen das Virus seltener als Ungeimpfte (Mongin et al. 2023), in den ersten Omicron-Wellen hatte das einen messbaren Effekt von 65% Infektionsreduktion in Tokio zur Folge (Kayano and Nishiura 2023).

Im September 2022 kamen die bivalenten Booster heraus, die Infektionen zu 54% verhinderten konnten (Link-Gelles et al. 2023, Feldstein et al. 2024), das heißt Übertragungen deutlich eindämmten. Leider sank die Nachfrage nach dem Impfstoff deutlich. Der neueste Booster (XBB.1.5) wurde im Herbst 2023 zugelassen. Seine Wirksamkeit gegen Hospitalisierung liegt bei über 70% (Van Werkhoven et al. 2023 preprint), er verhindert zu 54% Erkrankungen (Link-Gelles et al. 2024). Das ist nicht so gut wie die 95% von 2020, aber immer noch recht gut. Doch nur 16% der Kanadier (und nur 7% der Österreicher) haben diesen Impfstoff erhalten.

Eine robuste Meta-Studie der Zweitattackraten während der gesamten Pandemie fand heraus, dass alle angebotenen Impfstoffe unabhängig der Variante einen gewissen Schutz vor Übertragung bieten (Madewall et al. 2022).

Der XBB.1.5-Impfstoff war gegen Ansteckung zu 52% effektiv nach 4 Wochen, 33% nach 10 Wochen und nurmehr 20% nach 20 Wochen. Die Wirksamkeit gegen schwere Akutverläufe war jedoch höher und fiel von 67% nach 4 Wochen auf 57% nach 10 Wochen. (Lin et al. 2024)

In einem großen Impfstoff-Vergleich im Studienzeitraum BA.1/BA.2 bis vor den XBB-Varianten (Feb-Dez 2022) schützte Novavax besser vor einer Infektion als Pfizer (Gwak et al. 2025).

Zusammenfassung

COVID-mRNA-Impfstoffe funktionieren, haben immer funktioniert und funktionieren am besten, wenn man einen an aktuelle Varianten angepassten Impfstoff nimmt. Sie haben immer die Übertragung reduziert und tun das auch weiterhin – auch auf Bevölkerungsebene war ein Effekt während der Delta-Welle messbar (Derqui et al. 2024 preprint).

Ein Vergleich von mRNA und Proteinimpfstoffen (wie Novaxax) bei Rhesusaffen zeigte, dass beim Proteinimpfstoff auch nach einem Jahr noch Schleimhaut-Antikörper nachweisbar waren. (Milligan et al. 2022). Sie verringern zudem die Viruslast in den oberen Atemwegen (Routhu et al. 2023) und können so verhindern oder verringern, dass man als Geimpfter selbst zum Überträger des Virus wird. Bei den mRNA-Impfstoffen wurde ebenfalls eine Verringerung der Viruslast und Weitergabe nachgewiesen (Puhach et al. 2022, Tan et al. 2023).

(Danke an Epidemiologe Raywat Deonandan, Ottawa, @deonandan für die Zusammenfassung, ergänzt durch weitere Studien)