Unterschied Grippe und grippaler Infekt

Erkältungen („common cold“) werden definiert als akute Infektionen der oberen Atemwege, deren Symptome weniger als 10 Tage andauern und sich typischerweise mit Schnupfen, Halsschmerzen, Husten, allgemeinem Krankheitsgefühl und Kopfschmerzen äußern (Heikkinen and Järvinen 2003).

Beide Abbildungen aus der Österreichischen ÄrzteZeitung (ÖÄZ) vom November 2010

Sommergrippe

Sommergrippe wird nicht von Influenzaviren verursacht, sondern von Enteroviren:

Katie Dangerfield – As flu season fades, spring and summer viruses emerge. What are they? (01.05.24)

In seltenen Fällen werden Influenzaviren im Sommer von Reisenden eingeschleppt, können sich aufgrund der schwachen Übertragbarkeit nicht zu epidemischen Wellen ausbreiten.

Influenzagrippe

Influenza und SARS-CoV2-Nachweise aus Sentineldaten weltweit zwischen 2020 und 2023. SARS-CoV2 zirkulierte auf anhaltend hohem Niveau, Influenza hat viel kürzere Peaks und eine niedrigere Baseline – Quelle: WHO-Bericht 2023

Saisonale Influenza betrifft im Durchschnitt pro Jahr 5-10% der Erwachsenen und 10-20% der Kinder, manche Schätzungen zeigen bis zu 40% der Gesamtbevölkerung und 17% mit zwei Infektionen in einer Saison (Cohen et al. 2021).

Nur etwa ein Drittel der Infizierten hat die typische Influenza-Symptomatik mit plötzlichem Krankheitsbeginn, hohem Fieber, Husten, Kopf- und Gliederschmerzen.

Influenza kann auch subklinisch oder asymptomatisch verlaufen. Asymptomatische Übertragungen bei Influenza erscheinen möglich (Carrat et al. 2008, Montgomery et al. 2023).

Influenza-Pandemien in den letzten 130 Jahren, Quelle: ECDC

Influenza-Subtypen

Influenza A (H1N1 und H3N2) und B-Viren zirkulieren gleichzeitig oder in aufeinander folgenden Wellen. Daher ist es möglich, dass man in einem Winter zwei Mal Influenza hat.

Die Influenza-B-Yamagata-Linie wurde durch die Covid-Maßnahmen nahezu ausgelöscht (Caini et al. 2023 preprint), Grafik vom CDC

Caini et al., Probable extinction of influenza B/Yamagata and its public health implications: a systematic literature review and assessment of global surveillance databases (08.05.24)

Risikofaktoren und Komplikationen

Risikofaktoren und Komplikationen bei Influenza (ÖAZ 11/2020)
  • Das Herzinfarktrisiko steigt durch Influenza stärker an als bei anderen Viren (Covid19 ausgenommen) – Warren-Gash et al. 2012,
  • bei 10% der Spitalspatienten mit Diagnose akuter Herzinfarkt war eine kürzliche Influenzainfektion eine unerkannte Begleiterkrankung (MacIntyre et al. 2013). Koronale Arterienerkrankungen beginnen im jungen Erwachsenenalter (selbst in Jugendlichen) und verursachen keine Symptome, bis die Arterien nahezu vollständig blockiert sind. Ein plötzlicher Herzstillstand ist das erste Anzeichen.
  • selbst nach milden Verläufen verdoppelt sich das Herzattackenrisiko (Munoz-Quiles et al. 2024)

Influenza fordert jährlich 290 000 bis 650 000 Tote und ist ein gutes Beispiel für ein Virus, das durch regelmäßige Zirkulation nicht harmloser geworden ist. 19% der Influenzatoten unter 5 Jahren geschehen in Entwicklungsländern (mehr Infos bei der WHO).

Österreich hat von der EU die höchste Sterblichkeitsrate bei 65+ (Stand 2020), vor allem wegen der schlechten Durchimpfungsrate.

Impfung

  • Bei Influenza A (H1N1) lässt der Impfschutz weniger nach als bei H3N2 und Influenza B – wahrscheinlich wegen der geringeren Mutationsrate (Kissling et al 2016)
  • Die Influenza-Impfung kann bei 50-64jährigen plötzlichen Herzstillstand verhindern (Wei et al. 2024)
  • bei Herzkreislauferkrankungen senkt die Impfung die Sterblichkeit (Fröbert et al. 2021)

Wie jährlich entschieden wird, welche Virusstränge im Impfstoff enthalten sind:

Jedes Jahr ändert sich der Grippeimpfstoff, um mit den Strängen übereinzustimmen, die um die Welt zirkulieren. Derzeit sind es drei Hauptviren:

  • H1N1pdm09 (Influenza A)
  • H3N2 (Influenza A)
  • Victoria-Linie (Influenza B)

Obwohl es sich um denselben Subtyp handelt, sind H1N1 und H3N2 sehr verschieden. Bei jedem Subtyp gibt es viele verschiedene Genotypen. Influenza ist ein RNA-Virus, das Mutationen aufsammelt, wenn es sich durch die Wirtspopulationen ausbreitet. Influenzaviren sind sehr vielfältig.

Ein weiterer Grund für die Vielfalt ist, dass Influenza ein segmentiertes Genom aufweist – mit 8 Stücken. Wenn zwei Influenzaviren gleichzeitig einen Wirt infizieren, produzieren sie Nachkommen, die Segmente von jedem Elternteil enthalten. Das wird Reassortment genannt (siehe Vincent Racaniello’s Blog, 2009). Sowohl Reassortment als auch Mutation tragen beide zu einer vielfältigen Landschaft saisonaler Influenzaviren bei, die sich gegenüber Deinem Immunsystem sehr unterschiedlich präsentieren können. Wenn man also Influenza-Impfstoffe herstellt, sollte man vorhersehen können, welche Viren in etwa neun Monaten in Deinem Land zirkulieren werden. Das geschieht über folgenden Vorgang (auf der CDC-Seite dargestellt, aber nicht mehr lange, bis die Zensur auch dort durchschlagen wird).

Jeden Februar treffen sich Länder aus aller Welt, um Daten zu teilen und die Stränge für die nächste Grippesaison auf der Nordhalbkugel auszusuchen, basierend auf mehreren Parametern:

  • welche Viren gerade zirkulieren
  • wie stark sie sich verbreiten
  • wie wirksam die Impfung im vergangenen Jahr war
  • Kreuzimmunität

Es gibt 5 WHO Collaborating Centers, die repräsentative Viren für den Impfstoffgebrauch sammeln. In den USA ist (war) das die CDC. Normalerweise kein Problem. Die Direktoren der Centers und Experten aus der ganzen Welt gehen über die Daten und ausgesuchten Stränge, geben Empfehlungen ab und jedes Land sucht sich und genehmigt ihre Impfstoffformel. Dann gehen sie zu infizierten Eiern und in 9 Monaten sind die Impfstoffe soweit. Was schauen sie sich an? Etwa die ausführliche Influenza-Überwachung durch das CDC. Wie viele Subtypen in den USA zirkulieren. Es gibt soviele Amerikaner verglichen mit Kanada oder Mexiko, sodass Influenzatrends in den USA viel von der Zirkulation in Nordamerika ausmachen. Viele Genomüberwachungsdaten werden ebenfalls vom CDC koordiniert – sie tun das seit Jahrzehnten. Die Executive Order, sich aus der WHO zurückzuziehen bedeutet, dass die CDC am Auswahltreffen nicht teilnimmt. Und bei der Rate, mit der das DOGE-Todespanel Leute feuert, könnte bald keiner mehr beim CDC übrig sein, der teilnehmen kann. Ohne CDC-Daten fehlen Überwachungsdaten für über 300 Millionen Menschen über einem großen Teil von Nordamerika für die Strangauswahl. Viel Glück, die richtigen Stränge ohne diesen vorherzusagen.

Das bedeutet, die Impfstoffe in Nordamerika werden häufiger nicht passen und nicht so gut funktionieren. Ja, es stimmt, in manchen Jahren funktionieren sie besser, in manchen schlechter. Sie schützen auch nicht vollständig vor Infektion, selbst wenn sie gut passen. Niemand hat je herausgefunden, wie man sterilisierende Schleimhautimmunität erzeugen kann. Doch trotz aller Unperfektheit bewahren Dich die Grippeimpfstoffe vor der Spitalseinweisung und vor einem frühen Tod. Jährlich sterben 30000 bis 60000 Menschen in den USA an der Influenza. Die Gefahr besteht aber, dass ohne US-Beteiligung nicht nur der US-Impfstoff schlechter passen wird, sondern auch der von anderen Ländern. Die Impfstoffe werden überall weniger wirksam: Mehr Infektionen, mehr Reassortment, höhere Chancen für pathogenere Virusstränge. Die Impfraten sind ein Problem, das zunehmen wird, wenn das Vertrauen in die Impfstoffe sinkt. Mehr empfängliche Wirte, mehr Influenza. Mehr Kranke und Tote. Nicht nur in den USA, sondern weltweit.

Indem man illegal unsere geschätzten Öffentlichen Gesundheitsexperten feuert und jene zum Schweigen bringt, die noch übrig sind, indem man Daten von Steuerzahlern zurückhält, die das gegen ihre Interessen finanziert haben, indem man scheitert, die Konsequenzen für amerikanische Leben abzufedern, verdammt uns das Regime dazu, dass wir mehr Influenza in den kommenden Jahren bekommen werden.

(Virologin Angela Rasmussen, 19.02.25, BS)

Schwere Saison 2024/2025

Die Influenzawellen auf der Nordhalbkugel zeigen Höchststände, wie sie zuletzt 2016 bzw. in den USA 2017/2018 erreicht wurden. Zudem erkranken mehr gesunde Kinder schwer. Mehrere Gründe werden diskutiert.

i) sinkende Impfraten

Miserable Impfraten in Österreich bei Covid und Grippe

ii) frühe Influenza-B-Welle: In früheren B-Saisonen kam es zu schweren Lungenentzündungen bei Kindern, ganz selten auch zu Todesfällen. Die vermehrt schweren Krankheitsfälle könnten somit mit Flu B zu tun haben.

iii) Drift bei Influenza A (H3N2):

Current northern hemisphere vaccine components are well matched to circulating 5a.2a and 5a.2a.1 A(H1N1)pdm09 and V1A.3a.2 B/Victoria subclades. The vaccine components appear well matched for the A(H3N2) 2a.3a.1 (J) clade viruses, but less well matched for some of the more recent A(H3N2) subclade 2a.3a.1 (J2) viruses, characterised by S145N, N158K or K189R HA substitutions (alone or in combination). The majority of the A(H3N2) viruses identified worldwide and in Europe since February 2024 belong to the subclade 2a.3a.1 (J2).

ECDC Influenza report, 18.12.2025

Das ECDC hatte schon Mitte Dezember die Vermutung, dass H3N2 die Saison verschärfen könnte. Neben Subclade J werden auch Driftvarianten mit bis zu 3 Mutationen (S145N, N157K oder K189R) im Hemagglutinin (HA) beobachtet, die sogenannte Sublade J1/J2. Diese sind nicht im Impfstoff enthalten, sodass die Neutralisierung herabgesetzt ist.

S145N alleine verringert die Erkennung durch monoklonale Antikörper etwa bei H9N2-Influenza (Ping et al. 2008), K189R erhöht die Virusreplikation bei H1N1 (Ginting et al. 2012). Zu N157K hab ich nichts gefunden, die Mutation wird in Zusammenhang mit der Schweinegrippe erwähnt.

In Österreich überwogen bisher H1N1 (A) und B, aber jetzt kommt es auch zu einem Anstieg der H3N2-Fälle.