Von der Vogelgrippe gibt es zwei Hauptstränge:
- B3.13 bei Nutztieren (beim Menschen meist milde Verläufe)
- D1.1 in Vögeln (beim Menschen auch schwere Verläufe).
Die Triple-Antigentests für CoV2, Influenza A/B und RSV erkennen auch Vogelgrippe, weil H5N1 ein Influenza-A-Virus ist. Es kann aber nicht unterscheiden zwischen Vogel- und Menschengrippe.
Am 02.04.24 wurde bekannt, dass das Virus beim infizierten Menschen die PB2-Mutation E627K erworben hat. Diese erlaubt es dem Vogelgrippevirus effizienter Zellen von Säugetieren zu infizieren und sich zu vermehren. Die Virusaktivität nimmt bei niedrigeren Temperaturen zu und es findet vermehrt Virusreplikation in den oberen Atemwegen statt (Liu et al. 2020). Um für Mensch-zu-Mensch-Übertragungen zu sorgen, fehlen aber offenbar noch HA-Mutationen.
Infektionen des Menschen sind über infizierte Kühe und Konsum von deren (Roh)milch möglich, auch in verarbeitetem Rindfleisch wurde das Virus schon nachgewiesen. Wer in die USA reist, sollte auf rohes Rindfleisch (Beef Tartare) oder Steak „medium/blutig“ verzichten (Stand, 24.05.24)
Mittlerweile wurden auch Alpakas infiziert. Zudem wurde bei einem infizierten Menschen die Mutation PB.2-M631L entdeckt, welche die Virusfähigkeit, innerhalb menschlicher Zellen zu replizieren, verstärkt.
- Der Rinderausbruch in den USA geht auf den Genotyp clade 2.3.4.4b genotype B3.13 zurück (Quelle: Health Security Agency, 24.10.24), der bisher nur in den USA zirkuliert. Bei Menschen wurde eine Mutation (PB2 E627K) beobachtet, von der man weiß, dass sie mit viraler Anpassung an menschliche Wirte verbunden ist.
- Der Teenager-Fall in Kanada geht auf 2.3.4.4b D1.1 zurück, stammt also direkt von den Vögeln ab.
- Es gibt derzeit bei Rindern in Kanada keine Fälle von Vogelgrippe, über die eine Übertragung durch Kontakt oder über Rohmilchprodukte hätte erfolgen können (Quelle: Public Health Agency of Canada, 13.11.24).
- Das Vogelgrippe-Virus in Österreich, das überwiegend Wildvögel und bei engem Kontakt auch Massenvogelhaltung betrifft, hat den Genotyp DE-24-03-N1.1_euDI.
- Eine Dimension wie in den USA wäre bei uns nicht vorstellbar, weil bei uns Rohmilch nur pasteuriziert verkauft wird, außer Direktverkauf am Bauernhof, aber eigentlich sollte man überhaupt keine Rohmilch konsumieren.
Pandemiegefahr:
Vor kurzem gab es den ersten H5N1-Fall mit schwerem Verlauf bei einem Teenager in British Columbia, Kanada. Dieser hatte keine Vorerkrankungen und bekam nach anfänglicher Bindehautentzündung, gefolgt von Fieber und Husten schwere Atemnot und musste am 8. November auf die Intensivstation. Am 13. November wurde der Genotyp identifiziert (Influenza A (H5N1), clade 2.3.4.4b, genotype D1.1), der bisher eher milde Verläufe verursacht hat.
Noch genauer wurde eine Mutation am Rest 226 festgestellt, was schlechte Neuigkeiten sind, weil dort die Bindung an menschliche Rezeptoren bereits durch einzelne Mutationen erheblich erhöht wird (Dadonaite et al. 2024).
Die besagte Sequenz ist sowohl an den Stellen Q226 als auch E190 (H3-Nummerierung) mehrdeutig. Beide spielen eine wichtige Rolle bei der Bindungsspezifität der N-Acetylneuraminsäure (NANA). Influenza- und Parainfluenzaviren bilden Hämagglutinin, das als Rezeptor für NANA dient.
Derweil zirkuliert H5N1 noch überwiegend in Rindern („cattle outbreak“), aber es gibt auch etliche Nachweise in anderen Säugetieren und auch menschliche Fälle. Beunruhigend war ein gemeldeter Fall bei einem Schwein am 30. Oktober 2024 auf einem Bauernhof in Oregon, da Schweine auch für die menschliche Influenza empfänglich sind. Wenn zwei verschiedene Influenzaviren einen Wirtsorganismus betreffen, kann es zu einer Austausch von RNA-Segmenten kommen, sodass eine genetisch veränderte Virusvariante erzeugt wird, gegen die Menschen noch keine Antikörper gebildet haben. Es wird vermutet, dass diese „genetische Reassortments“ die 2009er Pandemie ausgelöst haben. Bei diesem Fall wurden keine gefährlichen Mutationen festgestellt, aber dass sich Schweine bereits infizieren können, ist trotzdem beunruhigend (Quelle: CDC-Bericht, 04-11-24).
Medienberichte
- Adam Kucharski: H5N1 influenza: some troubling preliminary signals (27.11.24)
- Sudden and Alarming Surge of Bird Flu Spreading to Cats and Dogs in 31 U.S. States (04.09.24)
- Kozlov and Mallapaty: Bird flu outbreak in US cows: why scientists are concerned (08.04.24)
- Neben Kühen auch Katzen positiv auf H5N1 getestet (02.04.24)
- Jon Cohen: Bird flu discovered in U.S. dairy cows is ‘disturbing’ (26.03.24)
- Zwei Vogelgrippe-Impfstoffe, die vor Influenza-A(H5N1) schützen, hat die Europäische Arzneimittelagentur zur Zulassung empfohlen. Sie sind als Vorbereitung auf eine mögliche Pandemie gedacht (23.02.24)